RG, 06.02.1884 - I 450/83

Daten
Fall: 
Authentischen Interpretation des Testaments
Fundstellen: 
RGZ 14, 194
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
06.02.1884
Aktenzeichen: 
I 450/83
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Hamburg
  • OLG Hamburg

Inwieweit ist die einem Testamentsvollstrecker im Testamente beigelegte Befugnis zur authentischen Interpretation des letzteren bei Entscheidung der über den Inhalt des Testamentes geführten Rechtsstreitigkeiten in Betracht zu ziehen?

Gründe

Das Berufungsgericht hatte den verklagten Testamentsvollstrecker zur Entrichtung zweier von ihm bestrittener Vermächtnisse verurteilt. Das Reichsgericht verwarf die hiergegen eingelegte Revision. Dabei ist in Ansehung einer beide Vermächtnisse betreffenden Frage gesagt:

... "Der Beklagte hat sich freilich ... auf die ihm durch den §. 6 des Testamentes verliehene Befugnis der authentischen Interpretation des Testamentes berufen; aber mit Recht hat das Oberlandesgericht ausgeführt, daß hierin nicht das Recht einbegriffen ist, unter eine völlig klare Testamentsbestimmung willkürlich einen Fall zu subsumieren, der an sich nicht darunter gehört."

Bei der Besprechung einer weiteren Streitfrage, die nur das eine Vermächtnis betraf, heißt es:

... "Wenn das Berufungsgericht ... noch hinzugefügt hat, weshalb dieselbe" (eine gewisse Auslegung des §. 4 des Testamentes) "auch nicht auf Grund des dem Beklagten verliehenen Rechtes der authentischen Interpretation aufrecht erhalten werden könne, so mag es sein, daß der eine hierfür angeführte Grund, nämlich der angeblich völlig klar entgegenstehende Wortlaut des §. 4, nicht unanfechtbar ist. Es bleibt aber jedenfalls ausreichend der andere Grund, nämlich daß der Beklagte selbst in dieser Beziehung gar nicht von seinem Rechte authentischer Interpretation Gebrauch machen zu wollen erklärt hat. Eine solche besondere Willenserklärung wäre in der That eventuell ganz unerläßlich gewesen. Denn es ist sehr wohl denkbar, daß ein gewissenhafter Testamentsvollstrecker eine von ihm für richtig gehaltene Auslegung gerichtlich durchzufechten versucht, ohne doch die Verantwortung auf sich nehmen zu mögen, sich der ihm im Testamente beigelegten Befugnis der authentischen Interpretation gerade in diesem Falle zu bedienen." ...