BGH, 31.01.1955 - II ZR 234/53

Daten
Fall: 
Haftung für Verbindlichkeiten Preußens
Fundstellen: 
BGHZ 16, 184; NJW 1955, 749; DB 1955, 360
Gericht: 
Bundesgerichtshof
Datum: 
31.01.1955
Aktenzeichen: 
II ZR 234/53
Entscheidungstyp: 
Urteil
Richter: 
Canter, Selowsky, Delbrück, Haidinger, Kuhn

Hat das ehemalige Land Preußen während der nationalsozialistischen Herrschaft ein im jetzigen Land Niedersachsen belegenes Grundstück verkauft, das der Rückerstattung unterliegt, so kann der Rückerstattungspflichtige, dem das Land Preußen aus Art. 39 Abs. 1 BREG rückgriffspflichtig sein würde, das Land Niedersachsen weder aus dem Kaufvertrage noch aus den rechtlichen Gesichtspunkten der Vermögensübernahme, Staatenidentität, Staatensukzession noch aus demjenigen der Rechts- oder Funktionsnachfolge in Anspruch nehmen.

hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 27. Januar 1955 unter Mitwirkung des Senatspräsidenten Dr. Canter und der Bundesrichter Dr. Selowsky, Dr. Delbrück, Dr. Haidinger und Dr. Kuhn für Recht erkannt:

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Oldenburg vom 29. Juni 1953 aufgehoben. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts in Aurich vom 29. Januar 1953 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Auf Grund des Gesetzes über die Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens vom 14. Juli 1933 hat das Land Preußen das im Grundbuch von E. Band 48 Bl 29 eingetragene Grundstück, das dem Verlag Br. & Co. O. V. GmbH in E. gehörte, deren Geschäftsanteile sich im Eigentum der Sozialdemokratischen Partei (SPD) befanden, zugunsten des Landes Preußen eingezogen. Preußen wurde als Eigentümer des Grundstücks am 9. August 1933 im Grundbuch eingetragen. Im Jahre 1934 hat es das Eigentum an dem Grundstück auf die K. AG in B. übertragen. Das Eigentum an dem Grundstück ist jedoch von dieser Firma wieder Anfang 1937 an Preußen übertragen worden, das es am 8. Mai 1939 an den Kläger verkaufte. Der Kläger wurde am 29. September 1939 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

Die SPD hat Rückerstattungsansprüche bezüglich dieses Grundstücks gegenüber dem Kläger geltend gemacht. Das Verfahren schwebt bei der Wiedergutmachungskammer des Landgerichts in Osnabrück. Der Kläger hat in diesem Rückerstattungsverfahren dem Beklagten den Streit verkündet; dieser ist jedoch nicht beigetreten. Vergleichsverhandlungen zwischen der SPD und dem Kläger, bei welchen die SPD unter Verzicht auf die Rückgewähr des Grundstücks einen Betrag von 15.000 DM forderte, haben mit Rücksicht darauf, daß der Kläger nicht in der Lage war, die verlangte Vergleichssumme aus eigenen Mitteln zu zahlen, der Beklagte es aber ablehnte, irgendeine Zahlungsverpflichtung anzuerkennen, zu keinem Erfolg geführt. Die SPD führt nunmehr das. Verfahren durch.

Der Kläger hat auf Grund des Art. 39 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 59 für die Brit Besatzungszone (im Nachstehenden BREG) Klage mit dem Antrage erhoben festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet sei, den gesamten Schaden zu ersetzen den er bei Herausgabe des Grundstücks an die SPD oder deren anderweitigen Entschädigung erleide.

Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt, er hat in erster Linie seine Passivlegitimation bestritten.

Das Landgericht hat nach dem Klagantrage erkannt. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt, er hat seinen Antrag auf Klagabweisung aufrecht erhalten, seine Passivlegitimation weiter bestritten und hilfsweise gebeten, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger 1/100, äußerstenfalls 1/10 des Schadens zu ersetzen. Den Hilfsantrag hat er damit begründet, daß das Land Niedersachsen weniger als 1/10 des ehemaligen Gebietes des Landes Preußen umfasse und eine etwaige Schadensforderung im Verhältnis 10 : 1 umgestellt werden müsse. Er hat schließlich geltend gemacht, der Kläger müsse einen Teil des Schadens selbst tragen, da ihm bei dem Erwerb des Grundstücks bekannt gewesen sei, daß es sich um ein entzogenes Grundstück gehandelt habe.

Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Revision, mit der der Beklagte die Abweisung der Klage weiter verfolgt, während der Kläger um Zurückweisung der Revision gebeten hat.

Entscheidungsgründe

I.

Das Feststellungsinteresse des Klägers ist nach §256 ZPO gegeben.

II.

Das Grundstück unterliegt der Rückerstattung. Unstreitig sieht die Wiedergutmachungskammer des Landgerichts in Osnabrück die SPD als Rechtsnachfolgerin der Verlags GmbH an.

Wenn auch das Rückerstattungsverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist, so kann doch an seinem Ausgang kein Zweifel bestehen. Der Kläger, der im Sinne des Art. 11 BREG rückerstattungspflichtig ist, muß das Grundstück an die SPD herausgeben. Dies folgt aus Art. 1 und 2 BREG. Das Grundstück ist dem Eigentümer in der nach Art. 1 "maßgeblichen Zeit" ungerechtfertigt entzogen worden. Als eine ungerechtfertigte Entziehung sieht Art. 2 BREG die Einbuße von Eigentum durch Staats- und Verwaltungsakt an. Als solche kommen vor allem Gesetze und Verwaltungsakte gegen Personen, Gesellschaften und Organisationen in Betracht, die Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt waren. Das Gesetz über die Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögens (RGBl 1933, 479), auf Grund dessen Preußen das Grundstück entzogen hat, ist ein solcher Staatsakt (Harmening, Hartenstein, Osthoff, Falk Kom z BREG Art. 2 Anm. 5 a S. 70 R). Der Beklagte selbst sieht den Entziehungstatbestand für gegeben an.

Der Kläger hat, wie unter den Parteien unstreitig ist, das Grundstück von dem Land Preußen durch Kaufvertrag vom 8. Mai 1939 erworben. Ihm würde somit ein Rückgriffsanspruch gegen seinen unmittelbaren Rechtsvorgänger, das Land Preußen, nach Art. 39 Abs. 1 BREG zustehen. Nach dieser Vorschrift bestimmen sich die Rückgriffsansprüche nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Die Rückerstattungspflicht gilt als Mangel im Recht im Sinne des BGB. Dies will besagen, daß §434 BGB zur Anwendung kommt, nach welchem der Verkäufer verpflichtet ist, dem Käufer das verkaufte Grundstück frei von Rechten Dritter zu verschaffen. Diese Verpflichtung hat Preußen nicht erfüllt. Zwar hat es dem Kläger das Grundstück im Jahre 1939 zu Eigentum übertragen, aber dieses Eigentum hat keinen rechtlichen Bestand. Art. 39 Abs. 1 BREG, der in der Rückerstattungspflicht einen Rechtsmangel erblickt, begründet die gesetzliche Fiktion, daß der Rechtsmangel schon zur Zeit der Eigentumsübertragung bestanden habe; schon damals bestand das subjektive Unvermögen des Landes Preußen, dem Kläger das verkaufte Grundstück frei von der Rückerstattungspflicht zu verschaffen. Hieraus ergibt sich unmittelbar die Schadensersatzpflicht des Landes Preußen (BGHZ 11, 16 [20, 21, 22]). Die Schadensersatzpflicht entfällt auch nicht, wenn der Kläger bei Abschluß des Vertrages gewußt hätte, daß das von ihm gekaufte Grundstück der SPD gehört hat und der Beklagte das Grundstück unter Umständen erworben hätte, die die Merkmale des Entziehungstatbestandes des nunmehr geltenden Rückerstattungsgesetzes erfüllt haben. §439 Abs. 1 BGB ist durch Art. 39 Abs. 1 BREG ausdrücklich ausgeschlossen (BGHZ a.a.O. S. 22).

Das Land Preußen besteht nicht mehr. Es ist spätestens durch Art. 1 des Kontrollratsgesetzes Nr. 46 vom 25. Februar 1947 aufgelöst worden (ABl KR 1947 Nr. 14 vom 31. März 1947).

Der Kläger nimmt den Beklagten an Stelle von Preußen in Anspruch. Es fragt sich, ob der Beklagte für die Verbindlichkeiten des ehemaligen Landes Preußen aus Art. 39 Abs. 1 BREG einzustehen hat. Eine gesetzliche Sonderregelung fehlt bisher. Art. 135 GG befaßt sich mit der Rechtsnachfolge in das Vermögen der alten Länder. Der Übergang dieses Vermögens wird im gewissen Umfange in Abs. 1 bis 3 geregelt, jedoch mit der sich aus Abs. 4 ergebenden Einschränkung. Aus den Bestimmungen des Art. 135 Abs. 1 bis 3 kann für die Passivlegitimation des Beklagten nichts gewonnen werden. Preußen ist ein nicht mehr bestehendes Land; auf solche ehemaligen Länder beziehen sich Abs. 2 und 3 des Art. 135 GG. Die hierin getroffenen Regelungen betreffen nicht den zur Entscheidung vorliegenden Fall. Der von dem Kläger an das Land Preußen gezahlte Kaufpreis hat nicht die Zweckbestimmung gehabt, Verwaltungsaufgaben Preußens zu dienen. Der Kaufpreis ist nicht dem Beklagten zugeflossen. Grundvermögen ist nicht auf den Beklagten übergegangen. An dem verkauften Grundstück hat weder Preußen noch der Kläger Eigentum erworben. Nach der Fiktion des Art. 12 BREG ist das Eigentum an diesem Grundstück vielmehr der ursprünglichen Eigentümerin bzw deren Rechtsnachfolgerin, der SPD, verblieben, da es widerrechtlich entzogen wurde. Art. 135 Abs. 3 GG trifft daher nicht zu.

Der Kläger macht einen Schadensersatzanspruch aus Kauf in Verbindung mit Art. 39 Abs. 1 BREG geltend. Unzweifelhaft war der Beklagte nicht Verkäufer. Er ist auch nicht in die Verkäuferstellung Preußens eingerückt und haftet auch nicht für dessen Verbindlichkeiten aus Art. 39 Abs. 1 BREG.

Eine Haftung ergibt sich weder aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der Identität des Landes Niedersachsen mit Preußen noch aus dem der Staatensukzession. Insoweit macht sich der Senat die Ausführungen des Urteils des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 1. Dezember 1952 zu eigen (BGHZ 8, 169). Dort war allerdings die Haftung der neugebildeten Länder für Schulden des Reichs Gegenstand der Untersuchung, aber die Ausführungen zu dieser Frage treffen im wesentlichen auch auf das Verhältnis des ehemaligen Landes Preußen zu den neugeschaffenen Ländern, die Gebietsteile des ehemaligen Preußens in sich aufgenommen haben, zu. Der Hess. Verwaltungsgerichtshof hat darin recht, daß zwischen den neuerstandenen Ländern und Preußen keine Identität bestehe und daß Staatensukzession bezüglich der darin aufgegangenen Gebietsteile Preußens nicht in Betracht komme (VR 4, 138 [140, 141]).

Auch eine Rechtsnachfolge im allgemeinen Sinne und eine Haftung in analoger Anwendung des §419 BGB scheidet aus.

a)

Gegen die Annahme einer Rechtsnachfolge spricht die Entwicklung, die zur Neubildung des Landes Niedersachsen geführt hat. Schon vor Erlaß des Kontrollratsgesetzes Nr. 46 vom 25. Februar 1947, durch welches der Staat Preußen, seine Zentralregierung und alle nachgeordneten Behörden aufgelöst wurden, und dessen Präambel hervorhebt, Preußen habe in Wirklichkeit bereits zu bestehen aufgehört, erging die MilRegVO Nr. 46 betreffend die Auflösung der Provinzen des ehemaligen Landes Preußen in der Brit. Zone und ihre Neubildung als selbständige Länder vom 23. April 1946 (ABl Brit MilReg Nr. 13 S. 305). In ihr wurde bestimmt, daß, ohne die Möglichkeit einer späteren Neugliederung auszuschließen, die Provinzen Schleswig-Holstein, Hannover, Westfalen, die Regierungsbezirke von Aachen, Düsseldorf und Köln in der Rheinprovinz als solche aufgelöst werden und vorläufig die staatsrechtliche Stellung von Ländern erhalten. Am 1. November 1946 trat die MilRegVO Nr. 55 über die Bildung des Landes Niedersachsen in Kraft, nach welcher aus den Ländern Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Schaumburg-Lippe, die ihre Selbständigkeit als Länder verloren, das Land Niedersachsen gebildet, wurde (ABl Brit MilReg Nr. 15 S. 341). Diese Verordnung ist durch die Ergänzungsverordnung Nr. 70 vom 1. November 1946 dahin vervollständigt worden, daß das Land Niedersachsen als Rechtsnachfolger der früheren Länder Braunschweig Hannover, Oldenburg und Schaumburg-Lippe anzusehen ist (ABl Brit MilReg Nr. 16 S. 408). Das alles schließt es aus, daß das Land Niedersachsen Rechtsnachfolger Preußens geworden sein könnte.

b)

Die Übernahme ehemals preußischen Vermögens ist nicht durch Vertrag oder einen dem gleichwertigen tatsächlichen Vorgang geschehen. §419 BGB ist auf öffentlich-rechtliche Vorgänge nicht anwendbar (RGZ 68, 216; 130, 169 [171]).

Die Anwendung des Rechtsgedankens des §419 BGB verbietet sich auch, weil diese Vorschrift, die die Haftung des Vermögensübernehmers nur mit dem Bestande des übernommenen Vermögens kennt, einen Wettlauf um die Befriedigungsobjekte ermöglicht und ein solcher Wettlauf für einen Staat, der Vermögen eines aufgelösten Staates übernommen hat, nicht tragbar ist. Denkbar ist allerdings im Falle des §419 BGB ein Sonderkonkurs über das übernommene Vermögen (Mentzel, KO §1 Anm. 5 m.w.Nachw). Die Frage, inwieweit das der Grundsatz hindert, daß Staaten konkursunfähig sind (vgl. dazu Mentzel, §213 Anm. 2) und die weitere Frage, inwieweit zur Schuldendeckung statt der laufenden Einnahmen des aufgelösten Staates solche des übernehmenden Staates herangezogen werden sollen, kann nur durch den Gesetzgeber geregelt werden und ist der richterlichen Entscheidung verschlossen. Von dieser Rechtslage ausgehend, hat §5 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Reichsvermögens und der preußischen Beteiligungen vom 21. Juli 1951 (BGBl. I 1951, 467) entsprechend Art. 135 Abs. 5 GG bestimmt, daß die Regelung von Verbindlichkeiten Preußens einem späteren Bundesgesetz vorbehalten, bleibt. Bis zum Erlaß dieses Gesetzes kann eine Haftung des Beklagten nicht anerkannt werden.

Rechtsprechung (BGHZ 4, 266 [BGH 20.12.1951 - IV ZR 163/50]; 8, 169 [BGH 29.11.1952 - II ZR 15/52]; 10, 125 [BGH 25.06.1953 - III ZR 353/51]und 220; 13, 303) und Rechtslehre (Löning DRZ 1946, 129 [132]; Reinhardt NJW 1952, 443 [OLG Celle 18.01.1952 - 8 U 228/52]) haben allerdings in der Erwägung, daß in den Fällen geholfen werden müssen, in denen dem Betroffenen aus sozialpolitischen Gründen ein längeres Zuwarten nicht zuzumuten sei, den Gedanken der Funktionsnachfolge verwendet. Nach Ansicht des Senats handelt es sich dabei um eine Hilfskonstruktion, um dringende Ansprüche durchzusetzen, deren Befriedigung wegen ihres öffentlich-rechtlichen Charakters nicht bis zum Erlaß eines Gesetzes aufgeschoben werden kann, ohne daß daß Berechtigte und die Rechtsordnung Schaden erleiden. Dies ist z.B. der Fall bei Beamtengehältern. Der Gedanke der Funktionsnachfolge muß auf derartige Ansprüche beschränkt werden; einer Ausdehnung auf die Haftung für zivilrechtliche Ansprüche ist er nicht fähig, es sei denn, daß es sich um Ansprüche aus einem Dienstvertrage handelt, bei welchen sich eine Haftung aus dem Gesichtspunkt der Betriebsnachfolge rechtfertigen lassen könnte. Anderenfalls würde die dem Gesetzgeber aus guten Gründen vorbehaltene umfassende Regelung der Schulden Preußens durch richterliche Einzelentscheidungen vorweggenommen, werden. Dem kann nicht die Hand geboten werden, weil der Richter nicht die Größenordnung der übernommenen Vermögen und der Schuldenlast kennt und nicht abmessen kann, ob und inwieweit laufende Einnahmen der neugebildeten Länder zur Schuldendeckung herangezogen werden können. Durch die Übertragung des Funktionsnachfolgegedankens auf die Haftung für privatrechtliche Schulden würde der Rechtsgedanke des §419 BGB völlig verändert und, wenn auch nicht unter dem Namen der Vermögensübernahme, unermeßlich ausgedehnt werden. Darüber zu befinden, ist Sache des Gesetzgebers und nicht des Richters. Diese Erwägungen verbieten es auch, den allgemein gültigen Rechtsgrundsatz, daß der Fiskus, dem das Vermögen einer juristischen Person anfällt, für deren Schulden aufzukommen habe (RGZ 130, 169 [177/178]; 136, 339 ff), auf die Auflösung Preußens anzuwenden. Nur die gesetzliche Regelung der hierdurch entstandenen Lage kann eine gerechte Verteilung der Verbindlichkeit auf die neu entstandenen Länder, die Gebietsteile Preußens in sich aufgenommen haben, unter Anpassung an deren Leistungsfähigkeit gewährleisten.

Inhalt der Funktionsnachfolge ist die Übernahme hoheitsrechtlicher Funktionen durch den Bund, ein Land oder eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, die vor dem Zusammenbruch von einer Behörde des Reichs, eines Landes oder einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft ausgeübt wurden. Aus der Kontinuität derartiger hoheitsrechtlicher Funktionen mag zwangsläufig auch die Kontinuität der bei Erfüllung dieser Aufgaben erwachsenden Verbindlichkeiten zu folgern sein. Diese Voraussetzung ist aber in dem hier zur Entscheidung stehenden Fall nicht gegeben. Die dem Land Preußen aus dem Verkauf des Grundstücks erwachsenen Rechte und Pflichten waren nicht hoheitsrechtlicher, sondern rein privat rechtlicher Art. Das Grundstück gehörte zum fiskalischen Finanzvermögen Preußens. Sein Verkauf an den Kläger begründete für Preußen keine anderen Rechte und Pflichten, als sie jeder Privatperson erwachsen wären, wenn sie das Grundstück einem Dritten verkauft haben würde. Preußen hatte einen Grundstückskaufvertrag über ein mit einem Rechtsmangel behaftetes Grundstück abgeschlossen es würde wie jeder andere Verkäufer hierfür einzustehen haben, wenn es noch bestehen würde. Der Umstand, daß Preußen das Grundstück entzogen hat, ist für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch ohne rechtliche Bedeutung, denn der Anspruch nach Art. 39 Abs. 1 BREG in Verbindung mit §434 BGB richtet sich gegen den unmittelbaren Rechtsvorgänger, nicht weil er das Grundstück entzogen hat, sondern weil das Grundstück entzogen und daher rückerstattungspflichtig ist; es ist also gleichgültig, ob der unmittelbare Rechtsvorgänger die widerrechtliche Entziehung vollzogen hat oder nicht. Es geht ausschließlich um die Haftung aus einem Kauf. Dafür kommt Funktionsnachfolge nicht in Betracht. Die Verwaltung des fiskalischen Finanzvermögens ist von der Ausübung hoheitsrechtlicher Funktionen streng zu unterscheiden, eine Haftung des Beklagten ist daher zur Zeit nicht gegeben.

Es konnte somit der gegenteiligen Ansicht des Berufungsgerichts nicht gefolgt werden. Das Urteil des Berufungsgerichts war vielmehr aufzuheben und die Klage mit der Kosten folge aus §91 ZPO abzuweisen.