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Art. 8 GG - Versammlungsfreiheit (Kommentar)

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

1. Art. 8 Abs. 1 GG – Versammlungsfreiheit

„Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“

1.1. Einleitung

Art. 8 Abs. 1 GG garantiert das Versammlungsrecht als ein zentrales Grundrecht der politischen Teilhabe und des demokratischen Prozesses. Es stellt eine wesentliche Grundlage für die freie Meinungsäußerung im öffentlichen Raum dar und dient der Selbstbestimmung und kollektiven Artikulation gesellschaftlicher Interessen. Die Freiheit, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln, trägt maßgeblich zur politischen Willensbildung und zur Sicherung der Pluralität in einer demokratischen Gesellschaft bei. Der Schutz des Versammlungsrechts in Art. 8 Abs. 1 GG zeigt die hohe Bedeutung, die die Verfassung der Versammlung als Form der Meinungsäußerung beimisst.

1.2. Normzweck und systematische Einordnung

Das Versammlungsrecht in Art. 8 GG ist als ein klassisches Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe ausgestaltet und schützt das individuelle und kollektive Grundrecht auf friedliche Versammlung. Es ist in seiner Struktur ein Freiheitsrecht, das die Möglichkeit der politischen und sozialen Betätigung im öffentlichen Raum sicherstellt. Der normative Zweck von Art. 8 Abs. 1 GG besteht darin, dem Einzelnen und Gruppen die Möglichkeit zu geben, ihre Ansichten, Forderungen und Meinungen öffentlich und im Zusammenschluss mit anderen zu äußern. Dies fördert die politische Kommunikation und trägt zur pluralistischen Meinungsbildung bei, die in einer demokratischen Gesellschaft unverzichtbar ist.

Systematisch steht das Versammlungsrecht im Zusammenhang mit anderen Kommunikationsgrundrechten, insbesondere der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG). Das Recht auf Versammlung ergänzt diese Grundrechte, indem es die kollektive Dimension der Meinungsäußerung schützt. Während die Meinungsfreiheit den Einzelnen in seiner individuellen Äußerungsfreiheit schützt, ermöglicht das Versammlungsrecht die kollektive Artikulation von Ansichten im öffentlichen Raum.

1.3. Persönlicher Schutzbereich: „Alle Deutschen“

Der persönliche Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 GG ist auf „alle Deutschen“ beschränkt. Dies bedeutet, dass das Grundrecht zunächst nur den deutschen Staatsangehörigen zusteht. Nichtdeutsche, insbesondere EU-Bürger und Drittstaatsangehörige, können sich nicht direkt auf Art. 8 Abs. 1 GG berufen. Für sie gilt jedoch der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, der es verbietet, Ausländer ungerechtfertigt schlechter zu stellen, sowie Art. 2 Abs. 1 GG, der die allgemeine Handlungsfreiheit schützt und auf Nichtdeutsche anwendbar ist. In der Praxis wird das Versammlungsrecht jedoch auch für Ausländer und Staatenlose durch einfachgesetzliche Regelungen, wie das Versammlungsgesetz (VersG), weitgehend gewährleistet.

Der Begriff „Deutsche“ in Art. 8 Abs. 1 GG ist im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG zu verstehen. Er umfasst neben deutschen Staatsangehörigen auch Personen, die als deutsche Staatsangehörige gelten oder durch rechtliche Regelungen als „Deutsche im Sinne des Grundgesetzes“ anerkannt sind.

1.4. Sachlicher Schutzbereich: „Versammlung“

1.4.1. Versammlungsbegriff

Der sachliche Schutzbereich von Art. 8 Abs. 1 GG umfasst das Recht, sich zu versammeln. Eine „Versammlung“ im Sinne von Art. 8 GG ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zu einem gemeinsamen Zweck, der die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zum Ziel hat. Wesentlich ist dabei, dass die Teilnehmer physisch anwesend sind und die Versammlung auf Kommunikation und Interaktion ausgerichtet ist.

Es wird allgemein anerkannt, dass eine „Versammlung“ mindestens zwei oder mehr Personen umfasst, wobei der genaue Zweck der Versammlung von politischer, kultureller, religiöser oder sozialer Natur sein kann. Der kommunikative Charakter der Versammlung ist von zentraler Bedeutung. Die Versammlung muss darauf abzielen, den Teilnehmern die Möglichkeit zur gemeinsamen Erörterung und Meinungsäußerung zu bieten. Eine rein zufällige Ansammlung von Personen, wie etwa bei einem Warteschlangen, stellt daher keine Versammlung im Sinne von Art. 8 GG dar.

1.4.2. Friedlich und ohne Waffen

Eine zentrale Voraussetzung für den Schutz durch Art. 8 Abs. 1 GG ist, dass die Versammlung „friedlich“ ist und „ohne Waffen“ stattfindet. Der Begriff „friedlich“ schließt alle Versammlungen aus, die von Gewalt oder Gewaltbereitschaft geprägt sind. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt betont, dass eine Versammlung, bei der ein erheblicher Teil der Teilnehmer Gewalttätigkeiten ausübt oder gewaltsame Ausschreitungen zu erwarten sind, den Schutz des Art. 8 GG verliert. Allerdings wird das Recht nicht schon durch das gewalttätige Verhalten einzelner Teilnehmer in Frage gestellt, solange die Mehrheit der Versammlung friedlich bleibt.

„Ohne Waffen“ bedeutet, dass die Teilnehmer keine Schusswaffen oder vergleichbare gefährliche Gegenstände bei sich führen dürfen, die potenziell zur Anwendung von Gewalt geeignet sind. Waffen im strafrechtlichen Sinne, insbesondere nach dem Waffengesetz, sind demnach nicht erlaubt. Auch gefährliche Werkzeuge, die als Waffen eingesetzt werden können, fallen unter dieses Verbot.

1.5. Einschränkungen und Schranken

Art. 8 Abs. 1 GG gewährt das Versammlungsrecht „ohne Anmeldung oder Erlaubnis“. Dies bedeutet, dass Versammlungen unter freiem Himmel grundsätzlich keiner staatlichen Erlaubnis bedürfen. Allerdings gilt diese Erlaubnisfreiheit nur für sogenannte „versammlungsinterne“ Veranstaltungen, also Versammlungen, die nicht im öffentlichen Raum stattfinden. Öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel unterliegen gemäß Art. 8 Abs. 2 GG weiteren Schranken, die durch einfaches Gesetz, wie das Versammlungsgesetz (VersG), geregelt werden.

1.5.1. Schranken nach Art. 8 Abs. 2 GG

Während Versammlungen in geschlossenen Räumen gemäß Art. 8 Abs. 1 GG nur unter den allgemeinen Schranken der Verfassung stehen, dürfen Versammlungen unter freiem Himmel nach Art. 8 Abs. 2 GG durch Gesetz eingeschränkt werden. Diese Schranke ist als qualifizierte Gesetzesvorbehalt zu verstehen, der es dem Gesetzgeber erlaubt, aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, Versammlungen zu regulieren.

1.5.2. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Einschränkungen des Versammlungsrechts, sowohl durch einfaches Gesetz als auch durch staatliche Maßnahmen, müssen stets dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Das bedeutet, dass die Eingriffe geeignet, erforderlich und angemessen sein müssen, um das legitime Ziel – in der Regel den Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung – zu erreichen. Insbesondere darf der Eingriff nicht über das erforderliche Maß hinausgehen und muss den Kernbereich des Grundrechts unberührt lassen.

1.6. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht hat in zahlreichen Entscheidungen die Reichweite und Bedeutung von Art. 8 Abs. 1 GG präzisiert. Eine der zentralen Leitentscheidungen ist das sogenannte Brokdorf-Urteil (BVerfGE 69, 315), in dem das Gericht das Versammlungsrecht als „unentbehrliches Funktionselement eines freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens“ bezeichnete. Das Urteil hob die Bedeutung der Versammlungsfreiheit als ein grundlegendes Element der politischen Kommunikation und Meinungsbildung hervor. Besonders betont wurde, dass der Staat Versammlungen grundsätzlich zu ermöglichen hat und Eingriffe nur unter strenger Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig sind.

In späteren Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht zudem klargestellt, dass auch sogenannte „Spontanversammlungen“ unter den Schutz von Art. 8 GG fallen, selbst wenn sie nicht den üblichen Anmeldepflichten unterliegen, da die Erfordernis einer vorherigen Anmeldung in solchen Fällen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit unzulässig beschränken würde.

1.7. Bedeutung in der Praxis

Das Versammlungsrecht hat in der politischen Praxis einen hohen Stellenwert, insbesondere für die außerparlamentarische Opposition, soziale Bewegungen und zivilgesellschaftliche Gruppen. Durch die Möglichkeit, sich öffentlich und kollektiv zu versammeln, kann Kritik an politischen Entscheidungen artikuliert, öffentliche Aufmerksamkeit erzeugt und der demokratische Diskurs gefördert werden.

2. Art. 8 Abs. 2 GG – Schranken für Versammlungen unter freiem Himmel

„Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.“

2.1. Einleitung

Art. 8 Abs. 2 GG ermöglicht die Einschränkung des in Abs. 1 gewährleisteten Grundrechts auf Versammlungsfreiheit für Versammlungen, die „unter freiem Himmel“ stattfinden. Diese Differenzierung zwischen Versammlungen in geschlossenen Räumen und solchen im öffentlichen Raum ist von grundlegender Bedeutung für die verfassungsrechtliche Bewertung und den Schutz der Versammlungsfreiheit. Während das Versammlungsrecht in geschlossenen Räumen nur durch allgemeine Gesetzesvorbehalte eingeschränkt werden kann, erlaubt Art. 8 Abs. 2 GG spezifische Eingriffe in Versammlungen im öffentlichen Raum durch einfache Gesetze oder aufgrund von Gesetzen.

2.2. Systematische Einordnung und Normzweck

Art. 8 Abs. 2 GG steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der allgemeinen Garantie der Versammlungsfreiheit in Abs. 1. Während Art. 8 Abs. 1 GG das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ohne weitere Einschränkungen formuliert, eröffnet Abs. 2 einen qualifizierten Gesetzesvorbehalt für Versammlungen unter freiem Himmel. Das Versammlungsrecht gehört zu den politischen Freiheitsrechten, die dem Einzelnen die kollektive Meinungsäußerung und Beteiligung am demokratischen Prozess sichern.

Der Unterschied zwischen Versammlungen in geschlossenen Räumen und unter freiem Himmel rechtfertigt sich aus den unterschiedlichen Gefährdungslagen. Öffentliche Versammlungen, insbesondere solche auf Straßen, Plätzen oder anderen öffentlich zugänglichen Orten, bergen potenziell höhere Risiken für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Der Normzweck von Art. 8 Abs. 2 GG besteht darin, den staatlichen Organen die Möglichkeit zu geben, bei solchen Versammlungen geeignete Regelungen zu treffen, um Gefahren für die Allgemeinheit zu verhindern und die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Lebens zu gewährleisten.

2.3. Persönlicher und sachlicher Schutzbereich

2.3.1. Persönlicher Schutzbereich

Der persönliche Schutzbereich von Art. 8 Abs. 2 GG deckt sich mit dem von Art. 8 Abs. 1 GG. Das Recht auf Versammlungsfreiheit steht grundsätzlich „allen Deutschen“ zu, im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG. Dies schließt deutsche Staatsangehörige und bestimmte Personengruppen mit deutscher Staatsangehörigkeit ein. Für Nichtdeutsche kann sich das Versammlungsrecht aus der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG ableiten, wobei die Rechtsprechung und einfachgesetzliche Regelungen wie das Versammlungsgesetz (VersG) im Einzelfall eine vergleichbare Anwendung zulassen.

2.3.2. Sachlicher Schutzbereich: Versammlungen unter freiem Himmel

Der sachliche Schutzbereich des Art. 8 Abs. 2 GG umfasst alle Versammlungen, die unter freiem Himmel stattfinden. Unter „freier Himmel“ versteht die Rechtsprechung Orte, die nicht von einem geschlossenen Raum umgeben sind, wie etwa öffentliche Straßen, Plätze, Parks oder andere frei zugängliche Orte. Der Kernpunkt dieser Unterscheidung liegt in der öffentlich zugänglichen Natur des Ortes. Versammlungen in privaten Gärten oder auf abgegrenzten Privatgrundstücken fallen in der Regel nicht unter die Einschränkungen des Art. 8 Abs. 2 GG, selbst wenn sie im Freien stattfinden, da diese Räume nicht für die Allgemeinheit zugänglich sind.

Öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel sind ein wichtiger Bestandteil des politischen Diskurses, können jedoch aufgrund ihrer räumlichen Lage und Erreichbarkeit für große Menschenmengen die öffentliche Sicherheit stärker gefährden als geschlossene Versammlungen. Sie haben oft auch größere Auswirkungen auf die Allgemeinheit, etwa durch Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs oder anderer öffentlicher Infrastrukturen.

2.4. Gesetzesvorbehalt und mögliche Einschränkungen

Art. 8 Abs. 2 GG stellt einen qualifizierten Gesetzesvorbehalt dar, der dem Gesetzgeber die Möglichkeit gibt, Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zu beschränken. Der Gesetzesvorbehalt ist dabei auf Versammlungen im öffentlichen Raum beschränkt; Versammlungen in geschlossenen Räumen unterliegen keiner solchen Schranke.

2.4.1. Eingriffsvoraussetzungen

Die Formulierung „durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes“ ermöglicht sowohl unmittelbare gesetzliche Regelungen als auch Maßnahmen, die auf Grundlage von Gesetzen durch Verwaltungsbehörden erlassen werden. Das bekannteste Beispiel ist das Versammlungsgesetz (VersG), das detaillierte Bestimmungen zur Anmeldung, Durchführung und Auflösung von Versammlungen enthält. In einigen Bundesländern gelten seit der Föderalismusreform eigenständige Landesversammlungsgesetze.

Einschränkungen des Versammlungsrechts können sich aus den Erfordernissen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ergeben. Dies umfasst den Schutz vor Gewalt, die Verhinderung von erheblichen Störungen des öffentlichen Lebens, wie etwa des Verkehrs, oder den Schutz anderer Rechtsgüter, wie das Eigentum oder die körperliche Unversehrtheit von Dritten. Gleichwohl muss der Gesetzgeber bei der Normierung von Einschränkungen die Bedeutung der Versammlungsfreiheit berücksichtigen und Eingriffe auf das unbedingt erforderliche Maß beschränken.

2.4.2. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Die Beschränkung des Versammlungsrechts nach Art. 8 Abs. 2 GG unterliegt dem allgemeinen verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Dieser verlangt, dass Eingriffe in die Versammlungsfreiheit nur dann gerechtfertigt sind, wenn sie einen legitimen Zweck verfolgen, geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sind. Insbesondere darf der Eingriff nicht außer Verhältnis zu dem angestrebten Ziel stehen. Die Behörden haben daher bei der Einschränkung von Versammlungen stets eine Abwägung zwischen dem Grundrechtsschutz der Versammlungsteilnehmer und den betroffenen Rechtsgütern der Allgemeinheit vorzunehmen.

Ein Beispiel für eine verhältnismäßige Beschränkung wäre die Auflage, eine Demonstration so zu verlegen, dass der Verkehr nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt wird, oder die Verpflichtung, eine Demonstration an einem bestimmten Ort vorab anzumelden. Hingegen wäre ein pauschales Verbot von Versammlungen ohne ausreichende Begründung verfassungswidrig.

2.5. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Grundsatzurteilen die Reichweite und Auslegung des Art. 8 Abs. 2 GG präzisiert. Die Rechtsprechung betont regelmäßig die besondere Bedeutung der Versammlungsfreiheit für die Demokratie, zugleich aber auch die Notwendigkeit, die Gefahren öffentlicher Versammlungen zu kontrollieren.

Eine wegweisende Entscheidung ist das Brokdorf-Urteil (BVerfGE 69, 315), in dem das Bundesverfassungsgericht betonte, dass Versammlungen unter freiem Himmel einen „besonderen Beitrag zur politischen Meinungsbildung“ leisten und der Staat daher grundsätzlich verpflichtet ist, sie zu ermöglichen. Gleichzeitig stellte das Gericht klar, dass die Sicherheit und Ordnung der Allgemeinheit legitime Ziele staatlicher Eingriffe darstellen. Eingriffe in die Versammlungsfreiheit müssen jedoch verhältnismäßig sein und dürfen den „Kernbereich“ des Grundrechts nicht verletzen. Das Verbot oder die Einschränkung einer Versammlung darf nur als letztes Mittel in Betracht gezogen werden, wenn mildere Maßnahmen nicht ausreichen, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten.

2.6. Verwaltungsrechtliche und polizeiliche Maßnahmen

Versammlungen unter freiem Himmel unterliegen häufig besonderen Auflagen, die von den örtlichen Verwaltungs- oder Polizeibehörden im Rahmen des Versammlungsgesetzes erlassen werden. Dies betrifft etwa die Anmeldepflicht (§ 14 VersG) oder die Möglichkeit, eine Versammlung unter bestimmten Voraussetzungen zu verbieten oder aufzulösen (§ 15 VersG). Solche Maßnahmen müssen im Einzelfall durch die zuständigen Behörden geprüft und mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben in Einklang gebracht werden.

Die Anmeldepflicht dient dabei der Vorbereitung und Sicherstellung eines geordneten Ablaufs der Versammlung. Sie gibt den Behörden die Möglichkeit, notwendige Sicherheitsmaßnahmen zu treffen oder alternative Routen für den Verkehr vorzusehen. Ein Versäumnis der Anmeldung führt jedoch nicht automatisch zur Untersagung einer Versammlung; vielmehr kommt es auf die konkrete Gefährdungslage an. Spontanversammlungen, die ohne vorherige Anmeldung stattfinden, fallen ebenfalls unter den Schutz des Art. 8 GG, wenn sie aus einem aktuellen Anlass entstehen und keine Zeit zur Anmeldung besteht. Das Bundesverfassungsgericht hat betont, dass auch in diesen Fällen die Verhältnismäßigkeit staatlicher Maßnahmen zu wahren ist.

2.7. Bedeutung in der Praxis

Das Versammlungsrecht unter freiem Himmel hat insbesondere für politische und soziale Bewegungen große praktische Bedeutung. Es ermöglicht die öffentliche Artikulation von Protest, Meinung und politischer Forderung. In den letzten Jahren haben Demonstrationen zu Themen wie Klimaschutz, Antirassismus oder soziale Gerechtigkeit gezeigt, wie wichtig dieses Grundrecht für die öffentliche Meinungsbildung ist. Zugleich zeigen Konflikte um die Begrenzung oder Kontrolle von Demonstrationen, etwa im Rahmen von Gegendemonstrationen oder Sicherheitsbedenken, die praktische Relevanz der Beschränkungen nach Art. 8 Abs. 2 GG.

Literaturverzeichnis
Rechtsprechung: