Art. 2 GG
BGH, 19.09.1961 - VI ZR 259/60
Der durch eine rechtswidrige und schuldhafte Verletzung seines Persönlichkeitsrechts Betroffene kann Ersatz des immateriellen Schadens beanspruchen, wenn die Umstände, insbesondere die Schwere der Verletzung oder des Verschuldens, eine solche Genugtuung erfordern.
BGH, 14.02.1958 - I ZR 151/56
Nachdem durch Art. 1, 2 GG das Recht zur freien Selbstbestimmung der Persönlichkeit als ein Grundwert der Rechtsordnung anerkannt ist, ist es gerechtfertigt, in analoger Anwendung des § 847 BGB auch dem durch die unbefugte Veröffentlichung seines Bildes Verletzten wegen eines hierdurch hervorgerufenen, nicht vermögensrechtlichen Schadens eine billige Entschädigung in Geld zu gewähren.
BGH, 02.04.1957 - VI ZR 9/56
1. Das durch Art. 1, 2 GrundG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein sonstiges Recht im Sinne des §823 Abs. 1 BGB.
2. In einer seiner Erscheinungsformen richtet es sich auf die Wahrung der persönlichen Geheimsphäre durch Geheimhaltung ärztlicher Zeugnisse über den Gesundheitszustand.
3. Die Reichweite des Persönlichkeitsrechts bemißt sich im Streitfalle nach dem Prinzip der Güter- und Interessenabwägung.
Suizid und Gott – Zu Ferdinand von Schirachs Theaterstück »Gott«
»Töten Sie mich, oder Sie sind ein Mörder.«1 Ferdinand von Schirach hat wieder einmal ein Stück geschrieben, das – wie schon 2016 »Terror« – um eine unserer zentralen Rechtsfragen kreist: Kann ein gesunder Mensch (gleich welchen Alters) verlangen, ein tödliches Medikament zu erhalten, mit dem er sich umbringen kann? Im Februar 2020 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Selbstbestimmungsrecht jedes Menschen auch die Entscheidung umfasst, ob er weiterleben will2. Derzeit ist die Frage offen, wie der Gesetzgeber das in der Praxis ausgestalten kann.
- 1. So die (in unterschiedlichen Varianten zitierte) Bemerkung Franz Kafkas am Tag seines Todes zu seinem letzten betreuenden Arzt, Dr. Robert Klopstock (Max Brod: Biografie Kafka S. 259).
- 2. Urteil vom 26. Februar 2020: 2 BvR 2347/15, 2 BvR 2527/16, 2 BvR 2354/16, 2 BvR 1593/16, 2 BvR 1261/16, 2 BvR 651/16
Art. 2 GG - Persönliche Freiheitsrechte (Kommentar)
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) ¹Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. ²Die Freiheit der Person ist unverletzlich. ³In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
LAG Köln, 05.07.2012 - 6 Sa 71/12
Die vorschnelle Anzeige angeblichen Fehlverhaltens des Arbeitgebers beim Jugendamt durch eine Arbeitnehmerin, die mit der Betreuung von Kleinkindern beschäftigt ist, stellt einen wichtigen Kündigungsgrund dar.
BVerfG, 08.02.1983 - 1 BvL 20/81
1. In Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung, in denen über einen Anspruch auf Gegendarstellung in der Presse oder im Rundfunk abschließend entschieden wird, ist eine Richtervorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 GG zulässig.
2. Es ist mit der Gewährleistung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar, wenn eine Gegendarstellung im Rundfunk nur innerhalb von zwei Wochen nach der beanstandeten Sendung verlangt werden kann.
BVerfG, 05.06.1973 - 1 BvR 536/72
1. Eine Rundfunk- oder Fernsehanstalt kann sich grundsätzlich für jede Sendung zunächst auf den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG berufen. Die Rundfunkfreiheit deckt sowohl die Auswahl des dargebotenen Stoffes als auch die Entscheidung über die Art und Weise der Darstellung einschließlich der gewählten Form der Sendung.
Erst wenn die Rundfunkfreiheit mit anderen Rechtsgütern in Konflikt gerät, kann es auf das mit der konkreten Sendung verfolgte Interesse, die Art und Weise der Gestaltung und die erzielte oder voraussehbare Wirkung ankommen.
2. Die Vorschriften des §§ 22, 23 KunstUrhG bieten ausreichenden Raum für eine Interessenabwägung, die der Ausstrahlungswirkung der Rundfunkfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG einerseits, des Persönlichkeitsschutzes gemäß Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG andererseits Rechnung trägt.
Hierbei kann keiner der beiden Verfassungswerte einen grundsätzlichen Vorrang beanspruchen. Im Einzelfall ist die Intensität des Eingriffes in den Persönlichkeitsbereich gegen das Informationsinteresse der öffentlichkeit abzuwägen.
3. Für die aktuelle Berichterstattung über schwere Straftaten verdient das Informationsinteresse der Öffentlichkeit im allgemeinen den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz des Straftäters. Jedoch ist neben der Rücksicht auf den unantastbaren innersten Lebensbereich der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten; danach ist eine Namensnennung, Abbildung oder sonstige Identifikation des Täters nicht immer zulässig.
Der verfassungsrechtliche Schutz der Persönlichkeit läßt es jedoch nicht zu, daß das Fernsehen sich über die aktuelle Berichterstattung hinaus etwa in Form eines Dokumentarspiels zeitlich unbeschränkt mit der Person eines Straftäters und seiner Privatsphäre befaßt.
Eine spätere Berichterstattung ist jedenfalls unzulässig, wenn sie geeignet ist, gegenüber der aktuellen Information eine erheblich neue oder zusätzliche Beeinträchtigung des Täters zu bewirken, insbesondere seine Wiedereingliederung in die Gesellschaft (Resozialisierung) zu gefährden. Eine Gefährdung der Resozialisierung ist regelmäßig anzunehmen, wenn eine den Täter identifizierende Sendung über eine schwere Straftat nach seiner Entlassung oder in zeitlicher Nähe zu der bevorstehenden Entlassung ausgestrahlt wird.