RG, 16.06.1906 - I 5/06

Daten
Fall: 
Koenigs Kursbuch
Fundstellen: 
RGZ 63, 394
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
16.06.1906
Aktenzeichen: 
I 5/06
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG I Berlin
  • KG Berlin
Stichwörter: 
  • Urheberrecht

Folgt aus § 11 Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes vom 19. Juni 1901 die ausschließliche Befugnis des Urhebers, das Werk gewerbsmäßig zu verbreiten, auch für solche Exemplare des Werkes, welche er selbst hergestellt und in den Verkehr gebracht hat, und kann er die gewerbsmäßige Verbreitung solcher Exemplare durch Bestimmung eines Ladenpreises mit Wirkung gegen Dritte beschränken?

Sachverhalt

Der Kläger ist Urheber und Verleger des bekannten „Koenigs Kursbuch“, das er durch den Buchhandel zum Ladenpreis von 50 Pf verbreitet, während er von seinen Sortimentern 30 Pf erhält. Die Beklagte betreibt in Berlin ein Warenhaus und verkauft in demselben seit längerer Zeit das Kursbuch unter dem Ladenpreis von 50 Pf. Die Beklagte bezieht unstreitig die vom Kläger hergestellten und in den Verkehr gebrachten Exemplare, die sie verkauft, durch Zwischenhändler. Der Kläger behauptet, daß durch das Verhalten der Beklagten in sein ausschließliches Verbreitungsrecht eingegriffen, und sein Geschäftsbetrieb nicht bloß gefährdet, sondern geschädigt werde und geschädigt sei. Er stellt unter Zeugenbeweis, daß eine große Reihe von Sortimentern an ihn geschrieben, sie würden sich für das Kursbuch nicht mehr interessieren und es nicht mehr vertreiben können, falls er nicht verhüten könne, daß es von der Beklagten unter dem Ladenpreis verkauft werde. Er behauptet, daß er durch das Verhalten der Beklagten schließlich gezwungen sein werde, den Preis von 30 Pf, zu dem er das Kursbuch an seine Abnehmer abgebe, herabzusetzen, hat auch zwei Erklärungen der Handelskammer in Sorau und des Vorstandes des Börsenvereins der deutschen Buchhändler zu Leipzig beigebracht, daß im Sortimenthandel der Brauch bestehe, sich für solche Artikel nicht mehr zu verwenden, die durch Warenhäuser zu Schleuderpreisen an das Publikum vertrieben werden, und daß er, der Kläger, schließlich genötigt sein werde, den Verkaufspreis herabzusetzen. Unstreitig hat der Kläger im Börsenblatt für den deutschen Buchhandel vom 27. Juli 1904 bekannt gemacht, daß er im Interesse des Sortimentbuchhandels fortan das Kursbuch nur unter der Bedingung liefern werde, daß der Besteller die Verpflichtung übernehme, nicht unter dem Ladenpreis von 50 Pf zu verkaufen, und der Beklagten dies durch Schreiben vom 21. November 1904 mitgeteilt, derselben auch den Verkauf unter 50 Pf verboten. Der Kläger behauptet, daß er seit Anfang 1904 allen seinen Abnehmern, Beziehern und Abkäufern die Verpflichtung auferlegt habe, nicht unter 50 Pf zu verkaufen und allen ihren Wiederverkäufern die gleiche Verpflichtung aufzuerlegen.

Seit Juli 1904 tragen sämtliche Exemplare des Kursbuchs den aufgedruckten Vermerk: „Koenigs Kursbuch darf nicht unter 50 Pf verkauft werden. Jede Zuwiderhandlung wird verfolgt nach § 826 B.G.B.“

Die Beklagte hat dem Kläger erklärt, daß sie das Verbot nicht beachten werde, und das Kursbuch zum Preise unter 50 Pf weiter verkauft. Der Kläger behauptet und stellt unter Beweis, daß die Beklagte durch ihre Angestellten das Kursbuch in großem Umfange unter der Zusage, es nicht unter 50 Pf zu verkaufen, aufkaufen lasse, auch von Sortimentern in großen Mengen beziehe und sogar unter dem Einkaufspreis verkaufe. Er behauptet ferner, daß er jedes Exemplar mit einer Nummer in der Ecke des Umschlags versehe, um zu ermitteln, von welchem Zwischenhändler die Beklagte das Buch beziehe, daß aber bei allen von der Beklagten verkauften Exemplaren die Nummer fortgeschnitten sei, und daß dies auch auf Anordnung der Beklagten oder mit ihrem Einverständnis geschehe. Er hat deshalb auf Grund des § 11 des Urheberrechtsgesetzes vom 19. Juni 1901 und der §§ 823. 826 B.G.B. Klage erhoben mit dem Antrag, zu erkennen: 1. daß die Beklagte nicht berechtigt sei, ohne Erlaubnis des Klägers das von diesem hergestellte „Koenigs Kursbuch“ zu einem geringeren Preise als 50 Pf zu verkaufen, 2. daß sie verpflichtet sei, dem Kläger den ihm seit August 1904 durch den verbotswidrigen Verkauf unter 50 Pf entstandenen Schaden zu ersetzen, 3. jede weitere Veräußerung unter 50 Pf ihr bei Strafe zu untersagen.

Die Beklagte bestreitet, daß der Kläger berechtigt sei, ihr den billigeren Verkauf des von ihm selbst verbreiteten Buchs zu verbieten, daß durch ihren Vertrieb in das Recht des Klägers eingegriffen werde, daß ihr, der Beklagten, Verfahren gegen die guten Sitten verstoße, und daß dem Kläger ein Schade entstehen könne und entstanden sei; vielmehr erhöhe der Massenvertrieb durch die Beklagte den Absatz des Klägers. Sie stellt unter Zeugenbeweis, daß die Entfernung der Nummern der einzelnen Exemplare nicht in ihrem Geschäft stattfinde.

Der erste Richter wies die Klage ab, und die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen, ebenso die Revision, aus folgenden Gründen:

Gründe

1. ...
2. ... “Die Klage fordert die Feststellung, daß die Beklagte nicht berechtigt sei, ohne Erlaubnis des Klägers das Kursbuch unter 50 Pf zu verkaufen, und daß der Beklagten bei Strafe jede weitere Veräußerung unter 50 Pf untersagt werde. Gestützt ist die Klage an erster Stelle auf den § 11 des Urheberrechtsgesetzes, aus welchem der Kläger das Recht herleitet, der Beklagten den Verkauf des Kursbuchs unter 50 Pf in ihrem Gewerbebetriebe zu untersagen.

Besteht ein solches Recht, so ist die Klage begründet. Denn die Beklagte nimmt das Recht, daß Kursbuch in ihrem Gewerbebetriebe unter 50 Pf zu verkaufen, in Anspruch, und der Berufungsrichter stellt tatsächlich fest, daß sie das Kursbuch wissentlich gegen den Willen des Klägers in ihrem Geschäft unter 50 Pf vertreibt. Den Instanzrichtern ist aber darin beizutreten, daß sich ein Recht, wie es der Kläger in Anspruch nimmt, aus dem § 11 a. a. O. nicht herleiten läßt.

Der Kläger ist Urheber und Verleger des Kursbuchs. Als solcher hat er das ausschließliche Recht, dasslbe zu vervielfältigen und gewerbsmäßig zu verbreiten (§ 11 a. a. O., §§ 36. 38. das., § 8 des Gesetzes über das Verlagsrecht vom 19. Juni 1901). Das ausschließliche Vervielfältigungsrecht des Klägers verletzt die Beklagte nicht. Unstreitig vertreibt sie in ihrem Geschäft nur die vom Kläger selbst hergestellten Exemplare des Kursbuchs, die sie nach der eigenen Behauptung des Klägers durch ihre Angestellten bei den Sortimentern des Klägers und anderen Zwischenhändlern aufkauft.

In Frage kommt nur, ob die Beklagte das ausschließliche Recht des Klägers, das Kursbuch gewerbsmäßig zu verbreiten, dadurch verletzt, daß sie es gegen sein Verbot in ihrem Geschäft gewerbsmäßig unter 50 Pf verkauft.

Das frühere Recht (Gesetz vom 11. Juni 1870) kannte ein ausschließliches Recht der gewerbsmäßigen Verbreitung für Urheber und Verleger nicht (§§ 1. 18 flg.). Nach § 25 das. war nur der zivilrechtlich und strafrechtlich verantwortlich, der vorsätzlich wider das Gesetz hergestellte Exemplare eines geschützten Werkes gewerbsmäßig verbreitete. Das Gesetz ließ namentlich ungedeckt den Fall, in welchem im Auslande, wo der Urheber keinen Schutz hatte, rechtmäßig hergestellte Exemplare im Inlande gewerbsmäßig vertrieben wurden, und auch den Fall, in welchem bei räumlich gedachtem Verlags- oder Urheberrecht (§ 8 Abs. 3 des Urheberrechtsgesetzes) die in dem einen Bezirk rechtmäßig hergestellten Exemplare gewerbsmäßig in dem anderen vertrieben wurden. Solche und ähnliche Fälle sollten zum Schutz des Urhebers und Verlegers dadurch gedeckt werden, daß dem Urheber ausdrücklich auch das ausschließliche Recht der gewerbsmäßigen Verbreitung verliehen wurde, wie im § 4 des Patentgesetzes dem Erfinder, um ihn und den Verleger gegen die Konkurrenz mit anderen Exemplaren zu schützen, die rechtmäßig hergestellt, aber von andrer Seite als vom Urheber und Verleger in den Verkehr gebracht wurden. Daran ist nicht gedacht, dem Urheber und Verleger ein absolutes ausschließliches Recht der gewerbsmäßigen Verbreitung in dem Sinne zu verleihen, daß außer ihnen und denen, denen sie das Recht der gewerbsmäßigen Verbreitung übertragen, niemand während der Dauer der Urheberrechts befugt sei, ohne ihre Erlaubnis selbst solche Exemplare ihres geschützten Werkes gewerbsmäßig zu verbreiten, die sie in Ausübung ihres Rechts selbst in den Verkehr gebracht haben. Nur unter der Voraussetzung eines absoluten ausschließlichen Rechts in diesem Umfange könnten Urheber und Verleger für berechtigt gelten, die gewerbsmäßige Verbreitung durch andere überhaupt zu verbieten, und durch die Bestimmung eines Ladenpreises auch zu beschränken. Damit wäre dem Urheber und Verleger, in der Hauptsache dem Buchhändler, ein ganz exorbitantes Recht verliehen, wie es für keinen anderen Gewerbetrieb besteht.

Aus § 11 Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes läßt sich ein so weitgehendes Recht nicht herleiten. Das ausschließliche Vervielfältigungsrecht besteht seiner Natur nach während der ganzen Dauer des Urheberrechts und wiederholt sich so oft, als es sich um Vervielfältigung des geschützten Werkes handelt. Das Recht der gewerbsmäßigen Verbreitung wird ausgeübt dadurch, daß das Werk im Gewerbebetrieb an das Publikum abgesetzt, in den Verkehr gebracht wird. Dazu soll nach dem Gesetz vor dem Urheber (oder Verleger) niemand ohne seine Erlaubnis berechtigt sein. Haben aber Urheber oder Verleger das Werk in Ausübung ihres Rechts einmal an das Publikum abgesetzt und so in den Verkehr gebracht, so ist ihr Recht erschöpft. Gewiß hätte das Gesetz das Recht der gewerbsmäßigen Verbreitung für den Urheber (und den Verleger) so gestalten können, daß es ihm während der ganzen Dauer des Urheberrechts als ausschließliches Recht gegenüber jedem Dritten auch für die von ihm selbst in den Verkehr gebrachten Exemplare verblieb. Das stände einer ausschließlichen Gewerbeberechtigung gleich, und würde dem § 7 Nr. 1 der Gewerbeordnung gegenüber eines völlig klaren und unzweideutigen Ausdrucks im Gesetze bedurft haben, an dem es fehlt. Dem Verlagsbuchhandel wäre damit ein Privilegium gegeben, wie es sonst für keinen Gewerbetreibenden besteht. Besonders wäre damit, worauf Mitteis in seinem Aufsatz im „Recht“ 1906 S. 573 hinweist, der ganze Antiquariatsbuchhandel so gut wie beseitigt.

Für den § 4 des Patentgesetzes hat das Reichsgericht in seinem Urteil vom 26. März 1902 (Entsch. in Zivils. Bd. 51 S. 139) ausgesprochen, daß die Wirkung des Patents, daß außer dem Patentinhaber im Inlande niemand den Gegenstand der Erfindung gewerbsmäßig in Verkehr bringen darf, sich damit erschöpft, daß der Patentinhaber sein Produkt in den Verkehr bringt, daß er damit die Vorteile, die ihm das Patent gewährt, genossen und sein Recht konsumiert hat, das Gesetz ihm nicht aber die Befugnis einräume, die Art des Verkehrs mit seinem in den Verkehr gebrachten Produkt anders als durch Vertrag mit seinen Abnehmern und dementsprechend auch nur mit Wirkung gegen diese zu regeln und zu beschränken.

Die ausschließliche Befugnis des Urhebers (Verlegers) in § 11 des Urheberrechtsgesetzes, das Werk gewerbsmäßig zu verbreiten, ist nichts anderes, als die ausschließliche Befugnis des Patentinhabers, den Gegenstand der Erfindung gewerbsmäßig in Verkehr zu bringen. Für beide Fälle muß grundsätzlich das gleiche gelten. Auch der Urheber (Verleger) hat kein ausschließliches Recht, solche Exemplare des Werkes gewerbsmäßig zu verbreiten, die von ihm oder einem anderen Berechtigten in den Verkehr gebracht und so Eigentum Dritter geworden sind. Er kann diesem Dritten weder die Veräußerung überhaupt, noch die gewerbsmäßige Veräußerung (Verbreitung) untersagen, noch dieses aus dem Eigentum folgende Recht des Dritten (§ 903 B.G.B.) durch Bestimmung eines Preises, unter dem er nicht soll veräußern dürfen, beschränken (§ 137 Satz 1 B.G.B). Nach § 137 Satz 2 B.G.B. wirkt selbst ein diese Verfügungsbefugnis des Eigentümers ausschließendes oder beschränkendes Rechtsgeschäft nicht dinglich, sondern nur obligatorisch unter den Kontrahenten.

Es ist selbstverständlich, daß der Autor, der, wie hier, zugleich der Verleger ist, ebenso wie der Verleger nach § 25 des Gesetzes über das Verlagsrecht den Ladenpreis zu bestimmen hat, zu welchem er das Werk in den Verkehr bringen will. Sein Sortimenter, mag er fest oder à condition bezogen haben, um das Werk gewerbsmäßig zu verbreiten, wird sich von selbst an den Ladenpreis gebunden halten, mit dem er erst das vergütet erhält, was er dem Autor und Verleger zu zahlen hat, und was er für seine Bemühungen für den Vertrieb verdienen muß. Es unterliegt auch rechtlichen Bedenken nicht, daß der Autor und Verleger seinen Sortimentern, sonstigen Abverkäufern zum Wiederverkaufe, Aufkäufern und Kommissionären gemäß § 137 Satz 2 B.G.B. vertragsmäßig die Verpflichtung auferlegen kann, unter einem bestimmten Preise (Ladenpreise) nicht zu verkaufen, und diese Verpflichtung auch ihren Käufern aufzuerlegen, und daß er sich gegen Verletzung dieser Verpflichtung durch Vertragsstrafe sichern, auch Schadensersatz aus dem Vertrage fordern kann, wenn ihm durch den Verkauf unter dem bestimmten Preise Schade entsteht.

Aber weiter reicht das Recht des Autors oder Verlegers auch nicht. Ein allgemeines Verbot mit dinglicher Wirkung gegen jeden Dritten, der Eigentümer rechtmäßig in den Verkehr gebrachter Exemplare des Werkes ist oder solche zu Eigentum erwerben will, kann der Autor und Verleger nach dem § 137 B.G.B. nicht erlassen. Nach den Grundsätzen des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat auch die Kenntnis eines Dritten von dem persönlichen Recht eines andern zu einer Sache oder einem obligatorischen Veräußerungsverbot oder einer obligatorischen Veräußerungsbeschränkung gegen den Dritten keine Wirkung.

Der Kläger steht mit der Beklagten in keinem Vertragsverhältnis. Das allgemeine Verbot, das der Kläger an sie erlassen, ist rechtlich ebenso bedeutungslos wie der solches allgemeine Verbot enthaltende Aufdruck auf den in den Verkehr gebrachten Exemplaren des Kursbuchs.

3. Steht dem Kläger das von ihm in Anspruch genommene ausschließliche Recht aus § 11 des Urheberrechts nicht zu, so fällt auch der Grund, den die Klage aus § 823 B.G.B. entnommen hat, und es kommt nur noch die Begründung aus § 826 B.G.B. in Frage, nach welchem niemand, auch der Eigentümer nicht, sein Recht in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich zum Schaden eines andern mißbrauchen darf. Auf ein solches Verhalten der Beklagten würde der Anspruch auf Unterlassen, der negatorische Antrag der Klage, ebenso gestützt werden können, wie der erhobene Anspruch auf Schadensersatz, selbst wenn der Kläger durch das Verhalten der Beklagten mit Schaden auch nur bedroht würde.

In dieser Richtung wird die Abweisung der Klage aber durch die in dieser Instanz nicht zu beseitigenden und durch die Ausführungen der Revision nicht erschütterten, wesentlich tatsächlichen Feststellungen des Berufungsrichters begründet.

Der Berufungsrichter erkennt an, daß der Beklagten ein Verstoß gegen die guten Sitten vorgeworfen werden könnte, wenn sie sich die Exemplare des Kursbuchs, die sie vertreibt, auf unrechtmäßige Art durch arglistige Maßnahmen verschaffte, lediglich um sie billiger als der durch Sonderabkommen gebundene Vertragstreue Teil der Sortimenter verkaufen zu können. Er legt dann aber in eingehender rein tatsächlicher Würdigung aller besonderen Umstände des Falles dar, daß dies weder erwiesen, noch durch die Tatsachen, welche der Kläger dafür behauptet habe, zu beweisen sei. Danach würde der Berufungsrichter selbst dann, wenn alle vom Kläger vorgebrachte Tatsachen erwiesen wären, zu der Überzeugung von dem arglistigen Verhalten, das der Beklagten vorgeworfen wird, nicht gelangen. Gegen diese Ausführungen ist, da sie weder einen Rechtsirrtum noch einen prozessualen Verstoß erkennen lassen, in dieser Instanz nicht anzukämpfen. Die behauptete Verletzung des § 286 Z.P.O. ist gegenüber der eingehenden Begründung des angefochtenen Urteils ungerechtfertigt.

Sodann stellt aber der Berufungsrichter weiter fest, daß völlig ungewiß sei, ob der Kläger durch den billigeren Verkauf seines Kursbuchs von Seiten der Beklagten objektiv geschädigt werde, und daß bei dieser Ungewißheit jeder ausreichende Anhalt dafür fehle, daß die Beklagte subjektiv das Bewußtsein habe, durch ihr Verfahren dem Kläger Schaden zuzufügen. Der Berufungsrichter erwägt dabei ganz zutreffend, daß der Kläger unstreitig für die von der Beklagten vertriebenen Exemplare den Preis erhalte, für den er sie an andere Weiterverkäufer abgebe. Der Berufungsrichter sagt ferner, daß die Annahme des Klägers, der Absatz des Kursbuches werde zurückgehen, wenn ein Teil der Sortimenter sich für dessen Betrieb nicht mehr interessieren und andere Kursbücher empfehlen würde, und er werde in die Zwangslage kommen, den Preis herabzusetzen, den er bisher von seinen Abnehmern erhalten, bei der großen Verbreitung des Buches (380 000 bis 400 000 Exemplare) und der Unmöglichkeit, durch Ermäßigung des Bezugspreises Preisunterbietungen im Detailhandel zu begegnen, eine durch nichts bewiesene Behauptung sei, die auch nicht einmal die Wahrscheinlichkeit für sich habe. Dabei verneint der Berufungsrichter nicht bloß einen entstandenen, sondern auch einen drohenden Schaden. Die Rüge der Revision, daß dieser Teil des Urteils den § 551 Nr. 7 Z.P.O. durch mangelnde Begründung verletze, ist offensichtlich ungerechtfertigt. Daß der Absatz des Buches durch das Verhalten der Beklagten bereits gelitten habe, ist in den Instanzen weder behauptet, noch unter Beweis gestellt, erst in der Revisionsbegründung glaubhaft zu machen versucht.

Ist dem Kläger kein Schade entstanden, und droht ihm ein solcher auch nicht, so fällt für die Begründung der Klage aus § 826 B.G.B. der Boden ganz fort. Es kommt dann nicht einmal auf die weiteren Ausführungen des Berufungsrichters und die dagegen gerichteten Angriffe der Revision an, daß das Verhalten der Beklagten nicht gegen die guten Sitten verstoße. Eine Schädigung der Sortimenter oder solcher Konkurrenten der Beklagten geltend zu machen, deren Absatz die Beklagte, wie die Revision ausführt, illoyal dadurch schädigt, daß sie durch den billigeren Preis des Kursbuchs Käufer für andere Artikel anlockt, ist der Kläger nicht berufen.“ ...

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RG, 16.06.1906 - I 506 - RGZ 63, 394.pdf279.12 KB