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BVerfG, 02.05.1967 - 1 BvR 578/63

Daten
Fall: 
Sozialversicherungsträger
Fundstellen: 
BVerfGE 21, 362; BB 1967, 737; BayVBl 1967, 308; DB 1967, 1130; DÖV 1967, 560; JR 1968, 195; JuS 1967, 519; JZ 1967, 599; MDR 1967, 734; NJW 1967, 1411; SozVers 1967, 250; ZfS 1968, 12
Gericht: 
Bundesverfassungsgericht
Datum: 
02.05.1967
Aktenzeichen: 
1 BvR 578/63
Entscheidungstyp: 
Beschluss
Richter: 
Müller, Berger, Scholtissek, Stein, Ritterspach, Haager, Rupp-v. Brünneck
Instanzen: 
  • BGH, 26.09.1963 - III ZR 129/62

1. Die Grundrechte gelten grundsätzlich nicht für juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit die öffentliche Aufgaben wahrnehmen; insoweit steht ihnen der Rechtsbehelf der Verfassungsbeschwerde nicht zu.
2. Eine zivilgerichtliche Entscheidung, die einem Rentenversicherungsträger einen Ausgleichsanspruch gemäß § 1542 RVO versagt, betrifft diesen als Träger öffentlicher Aufgaben und kann daher von ihm nicht mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden. Ein Rentenversicherungsträger ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, die zum Bereich der sogenannten mittelbaren Staatsverwaltung gehört.

Inhaltsverzeichnis 

Beschluß

des Ersten Senats vom 2. Mai 1967
- 1 BvR 578/63 -
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde der Landesversicherungsanstalt Westfalen, vertreten durch die Geschäftsführung, Münster (Westf.), Bispinghof 3, gegen das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. September 1963 – III ZR 129/62.
Entscheidungsformel:

Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.

Gründe

A.

I.

Muß ein Sozialversicherungsträger infolge eines schädigenden Ereignisses (Krankheit, Unfall, Invalidität, Tod des Versicherten) nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung dem Versicherten oder seinen Hinterbliebenen Leistungen erbringen, so gehen in Höhe dieser Leistungspflicht alle Schadensersatzansprüche, die dem Versicherten oder seinen Hinterbliebenen auf Grund gesetzlicher Vorschriften zustehen, kraft Gesetzes auf den Sozialversicherungsträger über. Diese Regelung, die ein feststehender Grundsatz des Sozialversicherungsrechts ist, ist für die Träger der Krankenversicherung, der Unfallversicherung und der Rentenversicherung der Arbeiter in § 1542 Abs. 1 RVO in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Januar 1926 (RGBl. I S. 9) enthalten.

Der Übergang von Ersatzansprüchen aus fahrlässiger Amtspflichtverletzung scheitert jedoch nach allgemeiner Ansicht an der sogenannten Subsidiaritätsklausel des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nach dieser Vorschrift kann der nur fahrlässig handelnde Beamte nicht in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte auf andere Weise Ersatz für den aus der Amtspflichtverletzung entstandenen Schaden zu erlangen vermag. Gleiches gilt für die Haftung der nach Art. 34 GG an sich für den Beamten eintretenden Körperschaft. Nach der Rechtsprechung schließt die Subsidiaritätsklausel Amtshaftungsansprüche aus, wenn und soweit dem Verletzten infolge des Schadens Sozialversicherungsleistungen zustehen, die nach Art und Umfang seine Ersatzansprüche decken (vgl. RGZ 161, 199 [202 f.]; 171, 173 [178 ff.]; BGHZ 31, 148 [150 f.]).

Gleiches gilt auch bei den sogenannten Stationierungsschäden, d. h. den Schäden, die von den in der Bundesrepublik stationierten ausländischen Streitkräften verursacht werden, nach Maßgabe des hier anzuwendenden Finanzvertrages (FinV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. März 1955 - BGBl. II S. 381 - (jetzt gilt das in den einschlägigen Vorschriften übereinstimmende NATO-Truppenstatut vom 19. Juni 1951 - BGBl. 1961 II S. 1183 -). Nach der Auslegung des Art. 8 Abs. 4 FinV durch die Rechtsprechung richtet sich die Entschädigung nach den Amtshaftungsbestimmungen (§ 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG), wenn die Tätigkeit, bei deren Verrichtung der Schaden verursacht wurde, bei einem vergleichbaren Angehörigen oder Bediensteten der deutschen Streitkräfte Ausübung eines öffentlichen Amtes gewesen wäre. In diesem Rahmen wird auch die Subsidiaritätsklausel angewandt (vgl. BGHZ 42, 176 [180 f.]).

II.

1. Die Beschwerdeführerin gewährt Sozialversicherungsleistungen an die Witwe eines Arbeiters, der durch einen Verkehrsunfall getötet worden ist. Der Unfall war durch Fahrlässigkeit eines Bediensteten der in der Bundesrepublik stationierten britischen Streitkräfte verursacht, der einen Lastkraftwagen der Streitkräfte führte. Das Amt für Verteidigungslasten erkannte den Unfall als Stationierungsschaden an mit dem ausdrücklichen Bemerken, daß für die Schadensfolgen nach dem Straßenverkehrsgesetz in Verbindung mit den Amtshaftungsbestimmungen gehaftet werde, und verpflichtete sich, der Beschwerdeführerin die Sozialversicherungsleistungen zu ersetzen. Später erklärte das Amt, es habe übersehen, daß auf die Beschwerdeführerin wegen § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB keine Ansprüche aus Amtspflichtverletzung übergegangen seien; es stellte weitere Zahlungen ein, da die Höchstgrenze für Ansprüche aus dem Straßenverkehrsgesetz (§ 12 StVG) bereits überschritten sei.

2. Die Beschwerdeführerin erhob daraufhin gegen die in Prozeßstandschaft für die leistungspflichtige Stationierungsmacht handelnde Bundesrepublik Klage auf Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet sei, die Aufwendungen der Beschwerdeführerin für die Hinterbliebenen in vollem Umfang zu ersetzen. Die Klage wurde in zweiter Instanz abgewiesen. Die Revision der Beschwerdeführerin wies der Bundesgerichtshof durch das angefochtene Urteil zurück. In den Gründen ist u. a. ausgeführt: Der Fahrer des britischen Militärkraftwagens habe eindeutig in Ausübung eines öffentlichen Amtes gehandelt. Da ihm nur Fahrlässigkeit zur Last falle, seien nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB im Umfang der von den Sozialversicherungsträgern erbrachten Leistungen keine Schadensersatzansprüche entstanden, die auf die Beschwerdeführerin hätten übergehen können.

III.

Mit der Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung der Grundrechte aus Art. 3 und Art. 14 GG durch das Urteil des Bundesgerichtshofs. Sie begehrt Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an ein zuständiges Gericht.

1. Sie hält die Verfassungsbeschwerde für zulässig. Die Rentenversicherungsträger seien nicht Teil der mittelbaren Staatsverwaltung, sondern echte Selbstverwaltungsträger, deren Status durch Art. 87 Abs. 2 GG garantiert sei. Obwohl ihnen mangels einer dem § 91 BVerfGG entsprechenden Vorschrift eine Verfassungsbeschwerde gegen eine Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts nicht zustehe, hätten sie im Rahmen des Art. 87 Abs. 2 GG doch einen gewissen Grundrechtsschutz. So könnten sie, gestützt auf Art. 3 Abs. 1 GG, willkürliche Eingriffe des Gesetzgebers in subjektiv-öffentliche Rechtspositionen, die zum Selbstverwaltungsstatus gehörten, abwehren und sich gegen eine Belastung mit Zahlungspflichten wenden, die nichts mit der Solidargemeinschaft von Arbeitgebern oder Arbeitnehmern zu tun hätten. Vor allem könnten sie sich gegenüber unmittelbaren Eingriffen in ihr Vermögen auf das Grundrecht des Art. 14 GG berufen.

2. Zur Begründung der Verfassungsbeschwerde trägt sie folgendes vor:
Die Anwendung der Amtshaftungsbestimmungen einschließlich der Subsidiaritätsklausel auf Ansprüche gegen die Stationierungsstreitkräfte beruhe auf einer falschen Auslegung des Art. 8 Abs. 4 FinV durch den Bundesgerichtshof, die Art. 14 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 1 GG verletze. Die Versagung der Rückgriffsansprüche schmälere das Vermögen der Beschwerdeführerin, das als gebündeltes Einzelvermögen ihrer Mitglieder in vollem Umfang den Schutz des Art. 14 GG genieße, und benachteilige auf dem Wege über mögliche Beitragserhöhungen oder Kürzungen der "Kannleistungen" die Mitglieder selbst.

Die Sozialversicherungsträger erlitten hierdurch einen durch nichts gerechtfertigten endgültigen Rechtsverlust, weil sie sich, anders als der unmittelbar Geschädigte, nicht an einen greifbaren und leistungsfähigen Schuldner halten könnten (vgl. dazu BGH, VersR 1964 S. 69; OLG Nürnberg, NJW 1964 S. 670). Dies verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die öffentliche Hand werde in rechtsstaatswidriger Weise bevorzugt, wenn der völlig unbeteiligte Personenkreis der Versicherten für die Folgen der Deliktshandlung anderer eintreten solle.

B.

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.

I.

Obwohl die Beschwerdeführerin sich mit der Verfassungsbeschwerde gegen die Entziehung einer Rechtsposition wendet, die ihr nur als Zessionarin zustehen könnte, ist ihr Vorbringen dahin zu verstehen, daß sie nicht die Verletzung von Grundrechten des Versicherten (Zedenten), sondern die Verletzung eigener Grundrechte geltend machen will.

Zwar handelt es sich bei dem Rückgriffsanspruch des Sozialversicherungsträgers gegen den Schädiger um den Schadensersatzanspruch des geschädigten Versicherten (oder seiner Hinterbliebenen), der kraft Gesetzes nach § 1542 Abs. 1 RVO auf den Sozialversicherungsträger übergegangen ist (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand 1966 III S. 974; RGZ 76, 215 [217 ff.]; BGH GrZS in BGHZ 9, 179 [186]).

Die von der Beschwerdeführerin bekämpfte Anwendung der Subsidiaritätsklausel betrifft also unmittelbar das Rechtsverhältnis zwischen dem geschädigten Versicherten (oder seinen Hinterbliebenen) und dem Schädiger oder der an seiner Stelle haftenden Körperschaft und wirkt sich nur mittelbar auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Versicherten und der Beschwerdeführerin aus: Ihr Zessionsrecht geht ins Leere, weil § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB nach Ansicht des Bundesgerichtshofs einen Amtshaftungsanspruch, der auf sie übergehen könnte, nicht zur Entstehung gelangen läßt.

Die Beschwerdeführerin räumt jedoch selbst ein, der Versicherte oder seine Hinterbliebenen würden durch die Anwendung der Subsidiaritätsklausel nicht benachteiligt, weil deren Schaden insoweit durch die Sozialversicherungsleistungen gedeckt sei. Eine Verletzung der Grundrechte dieser Personen müßte daher schon mangels einer Beschwer ausscheiden. Die Beschwerdeführerin meint vielmehr, die bekämpfte Rechtsprechung verletze infolge des Ineinandergreifens der gesetzlichen Bestimmungen direkt die Sozialversicherungsträger und nur sie allein: Die Versagung der Amtshaftung aus dem einzigen Grunde, daß eine Leistungspflicht aus der Sozialversicherung bestehe, bewirke zwangsläufig einen Rechtsverlust der Sozialversicherungsträger. Die Verfassungsbeschwerde wendet sich daher gegen einen Grundrechtsverstoß, der nach der Behauptung der Beschwerdeführerin nicht die Rechtssphäre des Versicherten, sondern unmittelbar und ausschließlich ihre eigene Rechtssphäre betroffen hat.

II.

Für ein solches Begehren kann die Beschwerdeführerin nicht den außerordentlichen Rechtsbehelf der Verfassungsbeschwerde in Anspruch nehmen.

1. Verfassungsbeschwerde kann nur erheben, wer Träger der angeblich verletzten Grundrechte oder grundrechtsähnlichen Rechte sein und daher die Verletzung dieser Rechte durch die öffentliche Gewalt rügen kann (vgl. BVerfGE 3, 383 [391 f.]; 6, 273 [277]; 12, 6 [8]).

Die Beschwerdeführerin hat ihre gesetzliche Grundlage in der Reichsversicherungsordnung. Danach sind Träger der Rentenversicherung der Arbeiter rechtsfähige Versicherungsanstalten, die nach Bestimmung der Landesregierungen errichtet werden und der Aufsicht der zuständigen Landesbehörden unterstehen (§§ 3 Abs. 1, 4, 1326 Abs. 1, 1328 Satz 1, 1381 Abs. 1 RVO). Ihre Organisation ist jetzt vornehmlich in dem Gesetz über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung (GSv) vom 22. Februar 1951 (jetzt in der Fassung vom 13. August 1952 - BGBl. I S. 427 -, zuletzt geändert durch das 6. ÄndG zum GSv vom 19. Juli 1965 - BGBl. I S. 618 -) geregelt. Danach sind Organe der Versicherungsanstalten die Vertreterversammlung, die von den Versicherten und den Arbeitgebern in Urwahl gewählt wird und je zur Hälfte aus Vertretern dieser beiden Gruppen besteht, und der von der Vertreterversammlung gewählte, ebenfalls paritätisch zusammengesetzte Vorstand, der die Eigenschaft einer öffentlichen Behörde hat (§§ 1 bis 8 GSv in Verbindung mit § 1343 Satz 1 RVO). Die Mitglieder der kollegial gestalteten Geschäftsführung, die von der Vertreterversammlung auf Vorschlag des Vorstandes gewählt werden und ihrerseits mit gewissen Beschränkungen dem Vorstand angehören, bedürfen bei landesunmittelbaren Versicherungsträgern der Bestätigung durch die Landesregierung und müssen Beamte des Landes oder Gemeindeverbandes sein, für dessen Gebiet die Versicherungsanstalt errichtet ist (§ 8 Abs. 1 c GSv in Verbindung mit § 1343 Satz 2 RVO). Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben auf dem Gebiet der Rentenversicherung (Beitragserhebung, Feststellung der Versicherungsleistungen) üben die Landesversicherungsanstalten hoheitliche Befugnisse aus einschließlich des Rechts, Ordnungsstrafen festzusetzen (§§ 1428 ff. RVO).

Die Beschwerdeführerin ist somit eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, die zum Bereich der sogenannten mittelbaren Staatsverwaltung gehört. Ihre Grundrechtsfähigkeit richtet sich daher nach Art. 19 Abs. 3 GG.

2. a) Nach Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Der Wortlaut der Vorschrift legt es nahe, grundsätzlich von einer möglichen Grundrechtsfähigkeit der juristischen Personen auszugehen und sodann im Einzelfall zu prüfen, ob das mit der Verfassungsbeschwerde geltend gemachte einzelne Grundrecht seinem Wesen nach auf die jeweilige Beschwerdeführerin anwendbar ist. So ist das Bundesverfassungsgericht bei der Prüfung der Grundrechtsfähigkeit inländischer juristischer Personen des Privatrechts im allgemeinen verfahren und hat in zahlreichen Fällen Grundrechte für anwendbar erklärt, darunter auch die hier geltend gemachten Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 14 GG (vgl. BVerfGE 3, 383 [390]; 4, 7 [12 und 17]).

b) Dieses Verfahren und die dabei gewonnenen Ergebnisse können nicht ohne weiteres auf die inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts übertragen werden. Obwohl Art. 19 Abs. 3 GG nur von "juristischen Personen" spricht, gebietet er keine Gleichstellung der juristischen Personen des öffentlichen und des privaten Rechts. Vielmehr führt "das Wesen der Grundrechte", auf das es nach dem Inhalt der Bestimmung entscheidend ankommt, von vornherein zu einer grundsätzlichen Unterscheidung dieser beiden Gruppen.

Das Wertsystem der Grundrechte geht von der Würde und Freiheit des einzelnen Menschen als natürlicher Person aus. Die Grundrechte sollen in erster Linie die Freiheitssphäre des Einzelnen gegen Eingriffe der staatlichen Gewalt schützen und ihm insoweit zugleich die Voraussetzungen für eine freie aktive Mitwirkung und Mitgestaltung im Gemeinwesen sichern. Von dieser zentralen Vorstellung her ist auch Art. 19 Abs. 3 GG auszulegen und anzuwenden. Sie rechtfertigt eine Einbeziehung der juristischen Personen in den Schutzbereich der Grundrechte nur, wenn ihre Bildung und Betätigung Ausdruck der freien Entfaltung der natürlichen Personen sind, besonders wenn der "Durchgriff" auf die hinter den juristischen Personen stehenden Menschen dies als sinnvoll oder erforderlich erscheinen läßt.

c) Danach bestehen grundsätzlich Bedenken dagegen, die Grundrechtsfähigkeit auf juristische Personen des öffentlichen Rechts im Bereich der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben zu erstrecken. Wenn die Grundrechte das Verhältnis des Einzelnen zur öffentlichen Gewalt betreffen, so ist es damit unvereinbar, den Staat selbst zum Teilhaber oder Nutznießer der Grundrechte zu machen; er kann nicht gleichzeitig Adressat und Berechtigter der Grundrechte sein (vgl. BVerfGE 15, 256 [262]).

Dies gilt nicht nur, wenn der Staat unmittelbar in Erscheinung tritt - als Staatsgewalt des Bundes oder eines Landes -, sondern grundsätzlich auch, wenn er sich zur Erfüllung seiner Aufgaben eines selbständigen Rechtsgebildes bedient. Die Entscheidung, auf welche Art und Weise eine bestimmte öffentliche Aufgabe erfüllt werden soll, ist Sache des gesetzgeberischen Ermessens (vgl. BVerfGE 10, 89 [102, 104]); die Verfassungswirklichkeit kennt eine Fülle von Organisationsformen: von den Gebietskörperschaften mit ihren Behörden über die sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts bis zu nicht rechtsfähigen Verwaltungseinheiten verschiedener Art, Sondervermögen, beliehenen Unternehmern usw. Vom Menschen und Bürger als dem ursprünglichen Inhaber der Grundrechte her gesehen, handelt es sich jeweils nur um eine besondere Erscheinungsform der einheitlichen Staatsgewalt (vgl. BVerfGE 4, 27 [30]; 6, 445 [448]). Innerhalb dieses hoheitlichen Gesamtaufbaus des Staates kann es daher keine Grundrechte als subjektive öffentliche Rechte geben.

Auch die Erwägung, daß die verschiedenen organisatorischen Gebilde sich an Machtfülle wesentlich unterscheiden, daß es im Verhältnis zueinander Abhängigkeit und Gewaltunterworfenheit gibt und demgemäß die Anwendung öffentlicher Gewalt sowohl in der Beziehung des Staates zu einem nachgeordneten Träger öffentlicher Aufgaben wie in der Beziehung verschiedener Träger mittelbarer Staatsverwaltung untereinander in Betracht kommt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Gewiß sind Eingriffe und auch Übergriffe des einen Hoheitsträgers in die Funktion und das Vermögen eines anderen denkbar; es handelt sich dabei aber der Sache nach um Kompetenzkonflikte im weiteren Sinne, um eine sinnvolle und zweckmäßige Aufteilung der staatlichen Gewalt und die Abgrenzung der Teilzuständigkeiten gegeneinander. Die Regelung dieser Beziehungen und die Entscheidung solcher Konflikte sind nicht Gegenstand der Grundrechte, weil der unmittelbare Bezug zum Menschen fehlt. Hierfür gelten die grundlegenden Organisationsbestimmungen der Verfassungen des Bundes und der Länder sowie die dazu ergangenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften; für den Rechtsschutz im Streitfall sind die besonderen verfassungsgerichtlichen Verfahren für Verfassungsstreitigkeiten (vgl. Art. 93 Abs. 1 Nr. 3 und 4 GG in Verbindung mit § 13 Nr. 7 und 8 BVerfGG und ähnliche Regelungen nach Landesrecht) und der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten (vgl. §§ 40 Abs. 1, 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) vorgesehen. Dagegen kann die Verfassungsbeschwerde, die "der spezifische Rechtsbehelf des Bürgers gegen den Staat" ist (vgl. BVerfGE 4, 27 [30]; 6, 45 [49]) nicht angewendet werden, um die rechtmäßig geschaffene Zuständigkeitsordnung im Verhältnis der Hoheitsträger untereinander zu schützen oder für die Einhaltung der gesetzmäßigen Formen bei einer Änderung zu sorgen.

d) Diese Regel wird durch die Ausnahmevorschrift des § 91 BVerfGG bestätigt. Wenn die Gemeinden ebenso wie natürliche Personen gegen Beschränkungen ihrer Handlungsfreiheit in dem durch Art. 28 GG garantierten Raum mit der Verfassungsbeschwerde nach Art. 2 Abs. 1 GG, u. U. nach Art. 12 und 14 GG vorgehen könnten, so brauchte ihnen nicht ausdrücklich die Befugnis verliehen zu werden, zur Verteidigung ihres Rechts auf Selbstverwaltung Verfassungsbeschwerde zu erheben.

e) Art. 87 Abs. 2 GG scheidet als Grundlage einer ähnlichen Ausnahmebefugnis für die landesunmittelbaren Sozialversicherungsträger schon deswegen aus, weil diese Bestimmung zu den erwähnten Organisationsregelungen der Verfassung gehört und überdies nur als Kompetenznorm für die Abgrenzung der Verwaltungszuständigkeiten zwischen Bund und Ländern zu verstehen ist.

3. a) Die Anwendbarkeit der Grundrechte auf die juristischen Personen des öffentlichen Rechts kann auch nicht daraus hergeleitet werden, daß die Grundrechte sich nicht in ihrer Bedeutung als subjektive öffentliche Rechte erschöpfen. Freilich hat das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung klargestellt, daß die Grundrechte nicht nur Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat sind, sondern auch als objektive Normen ein Wertsystem statuieren, das als verfassungsrechtliche Grundentscheidung für alle Bereiche des Rechts Geltung beansprucht (BVerfGE 5, 85 [204 ff.]; 6, 32 [40 f.]; 6, 55 [72]; 7, 198 [204 f.]; 10, 59 [81]).

Dies bedeutet jedoch die Beziehung allen Rechts auf den Mittelpunkt dieses Wertsystems, die "innerhalb der sozialen Gemeinschaft sich frei entfaltende menschliche Persönlichkeit und ihre Würde" (BVerfGE 7, 198 [205]). Auch die Ordnung innerhalb der Staatsorganisation und -verwaltung muß auf diesen Mittelpunkt ausgerichtet sein. Hieraus folgt aber nicht, daß die genannten Rechtsgebilde des öffentlichen Rechts in ihrem Verhältnis zueinander als grundrechtsfähig angesehen werden müßten. Im Gegenteil liegt auf der Hand, daß eine Personifizierung dieser Rechtsgebilde als Grundrechtsträger die eigentliche Bedeutung der Grundrechte eher verwischen und ihre Schutzwirkung verwässern könnte.

Dies gilt auch für Grundrechte, deren allgemein gehaltener, nicht speziell auf natürliche Personen bezogener Wortlaut und Inhalt die Anwendbarkeit auf alle juristischen Personen nahezulegen scheint, wie bei dem von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Allerdings beansprucht der in dieser Norm zum Ausdruck gekommene Gleichheitssatz oder das Willkürverbot auch Geltung für die Beziehungen innerhalb des hoheitlichen Staatsaufbaues; jedoch handelt es sich insoweit um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, der schon aus dem Wesen des Rechtsstaates, dem Prinzip der allgemeinen Gerechtigkeit folgt: die Konstruktion eines Grundrechtes der betreffenden juristischen Person des öffentlichen Rechts als eines subjektiven öffentlichen Rechts ist hierfür nicht erforderlich.

b) Bei Anerkennung der Grundrechtsfähigkeit der juristischen Personen des öffentlichen Rechts als Träger öffentlicher Aufgaben könnte eine sinnvolle Ordnung der staatlichen Aufgabenerfüllung und eine Anpassung der Staatsorganisation an die wechselnden Erfordernisse der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung erheblich erschwert werden. Der Gesetzgeber und die Exekutive müßten bei jeder Änderung der bestehenden Verhältnisse, die in den Funktionsbereich oder das Vermögen einer rechtsfähigen Körperschaft oder einer anderen selbständigen Verwaltungseinheit eingriffe, damit rechnen, daß die Betroffenen sich auch mit der Verfassungsbeschwerde zur Wehr setzten. Dies würde gerade bei einer Anwendung der Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 GG wegen ihrer großen Reichweite eintreten.

c) Diese Auffassung steht nicht im Gegensatz zu den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, in denen Verfassungsbeschwerden des Freistaates Bayern und der Deutschen Bundesbahn wegen Verletzung der Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und 103 Abs. 1 GG für zulässig erklärt worden sind (vgl. BVerfGE 6, 45 [49 f.]; 13, 132 [139 f.]). Diese Verfassungsbestimmungen gehören formell nicht zu den Grundrechten im Sinne von Art. 19 GG; sie gewährleisten auch nach ihrem Inhalt keine Individualrechte wie die Art. 1 bis 17 GG, sondern enthalten objektive Verfahrensgrundsätze, die für jedes gerichtliche Verfahren gelten und daher auch jedem zugute kommen müssen, der nach den Verfahrensnormen parteifähig ist oder von dem Verfahren unmittelbar betroffen wird (vgl. BVerfGE 3, 359 [363]; 12, 6 [8]). Folgerichtig sind auch Verfassungsbeschwerden ausländischer juristischer Personen wegen Verletzung dieser grundrechtsähnlichen Rechte zugelassen worden (vgl. BVerfGE 12, 6 [8]; 18, 441 [447]).

4. Sind danach die Grundrechte und der zu ihrer Verteidigung geschaffene Rechtsbehelf der Verfassungsbeschwerde auf juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie öffentliche Aufgaben erfüllen, grundsätzlich nicht anwendbar, so muß dann etwas anderes gelten, wenn ausnahmsweise die betreffende Rechtsträgerin unmittelbar dem durch die Grundrechte geschützten Lebensbereich zuzuordnen ist. Aus diesem Grunde hat das Bundesverfassungsgericht die Grundrechtsfähigkeit der Universitäten und Fakultäten für das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG anerkannt - und zwar unabhängig von ihrer Rechtsfähigkeit - (vgl. BVerfGE 15, 256 [262]); bei diesem Grundrecht legt zudem schon der Wortlaut die Ausdehnung auf diejenigen Institutionen nahe, denen Wissenschaft, Forschung und Lehre vornehmlich anvertraut sind. Entsprechend läßt sich auch die Zuerkennung bestimmter Grundrechte an die Kirchen und andere mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts versehene Religionsgesellschaften begründen. Jedoch ist hier vor allem wesentlich, daß diese Rechtsgebilde sich grundsätzlich von den allgemeinen Körperschaften des öffentlichen Rechts unterscheiden, weil sie nicht vom Staat geschaffen sind, sondern im außerstaatlichen Bereich wurzeln und in ihrem Eigenbereich weder staatliche Aufgaben wahrnehmen noch staatliche Gewalt ausüben (vgl. BVerfGE 18, 385 [386 f.]; 19, 1 [5]).

5. Ob, abgesehen von diesen Einschränkungen, der Grundsatz der Unanwendbarkeit der Grundrechte auf juristische Personen des öffentlichen Rechts ohne Ausnahme gilt, oder ob Bereiche denkbar sind, in denen eine juristische Person des öffentlichen Rechts zulässigerweise nicht in Erfüllung öffentlicher Aufgaben tätig wird und daher unter bestimmten Umständen des grundrechtlichen Schutzes fähig und bedürftig sein könnte, bedarf hier nicht der Erörterung. Denn der mit der Verfassungsbeschwerde angefochtene Eingriff betrifft die Beschwerdeführerin nach ihrem eigenen Vorbringen als Trägerin vom Staat übertragener Aufgaben und vom Staat verliehener Befugnisse.

a) Hierfür kommt es nicht darauf an, daß das Ausgangsverfahren die Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs im Wege des Zivilprozesses betrifft und die Beschwerdeführerin in diesem Verfahren ebenso der Gerichtsentscheidung unterworfen ist wie "jedermann". Denn für die Frage, ob eine geltend gemachte Rechtsverletzung die juristische Person des öffentlichen Rechts in ihrem öffentlich-rechtlichen Funktionsbereich betrifft, ist nicht wesentlich, durch welchen Akt der öffentlichen Gewalt der Eingriff geschehen ist, ob durch Gesetz, Verwaltungsakt oder gerichtliche Entscheidung. Ebenso ist es für die Beurteilung der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde gleichgültig, ob die bekämpfte Rechtsverletzung dadurch herbeigeführt worden ist, daß die maßgebenden gesetzlichen Vorschriften in diesem Falle einen Ausgleichs- oder Rückgriffsanspruch der Sozialversicherungsträger nicht anerkennen und der Bundesgerichtshof diese Normen zum Nachteil der Beschwerdeführerin angewendet hat, oder ob die gesetzlichen Vorschriften den Ausgleichsanspruch an sich gewähren und die Versagung nur auf einer angeblich verfassungswidrigen Auslegung durch den Bundesgerichtshof beruht. In jedem Falle richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Versagung oder Entziehung einer Rechtsposition, die die Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als Träger der Rentenversicherung für sich in Anspruch nimmt.

b) Durch die Zahlung der Hinterbliebenenrente an die Witwe des geschädigten Versicherten erfüllt die Beschwerdeführerin eine ihr gesetzlich übertragene öffentliche Aufgabe (§§ 1226, 1235 Nr. 2, 1263 ff. RVO). Die Arbeiterrentenversicherung dient einer typischen Aufgabe des Sozialstaats, nämlich der zu den Fundamenten unserer sozialen Ordnung gehörenden Daseinsvorsorge in den Fällen der Erwerbs- und Berufsunfähigkeit des Versicherten oder des Todes des Ernährers der Familie (vgl. BVerfGE 9, 124 [133]). Der Gesetzgeber hat hierfür die Form der Zwangsversicherung gewählt und ihre Durchführung selbständigen Verwaltungseinheiten übertragen, die mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet sind. Art und Ausmaß der diesen Trägern der Rentenversicherung obliegenden Verpflichtungen, besonders das von ihnen zu tragende Versicherungsrisiko, sind im einzelnen gesetzlich festgelegt. Hierzu gehört auch die Regelung der Frage, ob die Versicherungsleistungen stets endgültig zu Lasten der Versicherungsträger gehen sollen oder ob diese in bestimmten Fällen Rückgriff gegen Dritte nehmen können. § 1542 RVO hat den Zweck, die Sozialversicherungsträger im Interesse der Erhaltung ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit, d. h. im öffentlichen Interesse, von Ausgaben zu entlasten, für deren Entstehung das zu vertretende Verhalten eines Dritten ursächlich war. Die durch öffentlich-rechtliche Beiträge der Versicherten und der Arbeitgeber sowie durch erhebliche Zuschüsse des Bundes aufgebrachten Mittel der Rentenversicherungsträger (§§ 1382, 1389 RVO) sollen insoweit geschont werden; zugleich will der Gesetzgeber verhindern, daß der Schädiger aus der Existenz der Zwangsversicherung einen ungerechtfertigten Vorteil zieht oder der Versicherte doppelt entschädigt wird (vgl. Brackmann, aaO Bd. III S. 973). Diese Regelung betrifft also eindeutig die Versicherungsanstalten als Träger öffentlicher Aufgaben und die ihnen hierfür zur Verfügung gestellten Mittel. Gleiches gilt dann aber auch für eine Einschränkung des Ausgleichsanspruchs in den Fällen der fahrlässigen Amtspflichtverletzung, gleichgültig ob sie durch eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung - bei § 1542 RVO oder § 839 BGB - getroffen wird oder durch die Erschließung des Gesetzesinhalts im Wege der Auslegung durch die zuständigen Gerichte. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob es sich um die generelle Versagung von Ausgleichsansprüchen für die Sozialversicherungsträger in den Fällen fahrlässiger Amtspflichtverletzung handelt oder um die von der Beschwerdeführerin in erster Linie bekämpfte Versagung des Ausgleichs gerade bei Stationierungsschäden.

c) Es kommt auch nicht darauf an, daß die Anwendung der Subsidiaritätsklausel bei Stationierungsschäden durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - ebenso wie bei Amtshaftungsansprüchen gegen deutsche Dienstherren - "jedermann" betrifft, insofern auch natürliche Personen, nämlich etwaige Drittschädiger dadurch ihres Ausgleichsanspruchs nach § 840 in Verbindung mit § 426 BGB verlustig gehen oder privaten Versicherungsunternehmen der Rückgriff nach § 67 VVG verschlossen wird. Zunächst ist die Gleichbehandlung dieser Fälle nicht zwingend (vgl. schon die Ausnahme für Ansprüche aus privaten Lebensversicherungen in RGZ 155, 186 [190 ff.]); es könnte auch bezweifelt werden, ob die Versagung des Ausgleichsanspruchs gegen einen anderen Träger öffentlicher Gewalt sich bei den Sozialversicherungsträgern wirtschaftlich in gleicher Weise auswirkt wie bei natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts. Selbst wenn dies anzunehmen wäre, ist allein maßgebend, daß die behauptete Rechtsminderung eine Rechtssphäre betrifft, für die die Beschwerdeführerin den Schutz der Grundrechte nicht in Anspruch nehmen kann.

d) Die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise eine Erstreckung der Grundrechte auf juristische Personen des öffentlichen Rechts in Betracht kommt, liegen hier nicht vor. Der Umstand, daß das Prinzip der Selbstverwaltung jetzt auch für die Landesversicherungsanstalten gilt, kann dafür nicht ins Gewicht fallen, weil diese Organisationsform bei zahlreichen juristischen Personen des öffentlichen Rechts anzutreffen ist und im vorliegenden Fall auch kein Anzeichen für die Zuordnung zur Freiheitssphäre des Einzelnen oder für eine Unabhängigkeit vom Staat (vgl. BVerfGE 15, 256 [262]) darstellt. Im übrigen betrifft die Verfassungsbeschwerde keinen Eingriff in die Selbstverwaltung der Beschwerdeführerin.

Die Grundrechtsfähigkeit der Beschwerdeführerin kann schließlich auch nicht damit begründet werden, daß - wie sie vorträgt - die verfassungswidrige Rechtsverletzung nicht nur sie selbst als selbständiges Rechtssubjekt, sondern zugleich natürliche Personen, nämlich die Vermögensinteressen ihrer "Mitglieder" beträfe. Zunächst ist nicht ganz klar, auf welchen Personenkreis die Beschwerdeführerin sich beziehen will; denn die Regelung der Reichsversicherungsordnung kennt bei der Verfassung der Rentenversicherungsträger, anders als bei den Trägern der Krankenversicherung und Unfallversicherung, keine Mitglieder (vgl. § 1329 RVO einerseits, §§ 306 ff. und 658 ff. RVO andererseits).

Selbst wenn man mit der Beschwerdeführerin die Versicherten oder Versicherungspflichtigen im Sinne des § 1329 RVO als ihre Mitglieder verstehen will oder gegebenenfalls die Versicherten und die beitragspflichtigen Arbeitgeber, kann das Vermögen der Beschwerdeführerin nicht als das "gebündelte" Einzelvermögen dieser Personen angesehen werden. Die der Beschwerdeführerin zur Verfügung stehenden Mittel einschließlich etwaiger geldwerter Ansprüche gegen Dritte sind nicht für die Wahrnehmung der Vermögensinteressen der jeweiligen Versicherten oder Beitragspflichtigen bestimmt, sondern zur Erfüllung ihrer sozialstaatlichen Aufgabe, die die Beschwerdeführerin im Interesse der Gemeinschaft als "verlängerter Arm" des Staates erfüllt. Dabei ist hervorzuheben, daß die Sozialversicherung nicht nach dem reinen Versicherungsprinzip gestaltet ist, sondern von jeher ein Stück staatlicher Fürsorge enthält (BVerfGE 10, 141 [166]; vgl. auch BVerfGE 9, 124 [133]; 11, 105 [114]). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob - soweit nicht die oben erörterten Ausnahmen eingreifen - bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts die Anwendung von Grundrechten überhaupt mit der Erwägung begründet werden kann, sie seien Sachwalter von Individualinteressen der durch sie repräsentierten natürlichen Personen.

e) Da somit nach dem Gegenstand der Verfassungsbeschwerde eine entsprechende Anwendung der Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG nicht in Betracht kommt, ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig.