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RG, 18.06.1920 - II 486/19

Daten
Fall: 
Unwirksamkeit eines ausländischen Zeichens auf die deutsche Zeicheneintragung
Fundstellen: 
RGZ 100, 3
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
18.06.1920
Aktenzeichen: 
II 486/19
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • Landgericht I Berlin, Kammer für Handelssachen
  • Kammergericht Berlin

1. Setzt § 23 WZG. einen ausländischen Geschäftsbetrieb voraus? Welchen Einfluß hat die Unwirksamkeit des ausländischen Zeichens auf die deutsche Zeicheneintragung?
2. Wird ein Warenzeichen durch Einräumung einer Lizenz Zubehör zum Geschäftsbetrieb, des Lizenznehmers? Kann eine ungültige Übertragung als originärer Erwerb aufrecht erhalten werden?
3. Voraussetzungen des Anspruchs aus § 6 Abs. 2 WZG. Wann wird ein Wortzeichen zum Warennamen und Freizeichen?

Tatbestand

Für Sj. und T. in Stockholm war das deutsche Patent Nr. 133895 auf ein Reinigungsverfahren für die Gärungsindustrie mit Wirkung vom 1. März 1900 eingetragen, das am 1. März 1915 erloschen ist. Den Vertrieb des durch dieses Verfahren hergestellten Reinigungsmittels für Schweden haben diese der Firma Bröderne H. in Stockholm übertragen und sich ausdrücklich verpflichtet, ihrerseits in Schweden den Vertrieb zu unterlassen. Den ausschließlichen Vertrieb für ganz Deutschland haben T. als Erfinder des patentierten Verfahrens und sein Schwager K. in Sch, in Deutschland als Fabrikant des mit ihm hergestellten Mittels dem Kläger in Berlin bis zum 31. Dezember 1905 übertragen. In einem Nachtrag vom 8/9. September 1901 hat sich der Kläger der inzwischen gebildeten Firma "Antiformin Compagnie", deren Inhaber obengenannter K. war. verpflichtet, durch Reklame für Einführung des Mittels in den Verkehr zu sorgen. Nach Ablauf des Patents ist der Vertrag zunächst fortgesetzt worden. Die Beklagte, die angeblich aus bei Antiformin Compagnie hervorgegangen ist, hat von den Patentinhabern das Recht zur Herstellung des Mittels erhalten und demnächst den Vertrag für den 28. Februar 1917 gekündigt.

Weiter ist nach voraufgegangener Eintragung im schwedischen Warenzeichenregister auf Anmeldung vom 17. September 1900 für Sj. in der Zeichenrolle des deutschen kaiserlichen Patentamts unter 46223 das Wortzeichen "Antiformin" für Desinfektions- und Reinigungsmittel im Betriebe der Herstellung und des Vertriebs solcher Mittel eingetragen worden. Das Warenzeichen war für das nach dem obengenannten patentierten Verfahren hergestellte Mittel bestimmt. Auf Grund der Erklärung des Sj., daß er den Geschäftsbetrieb nebst dem eingetragenen Warenzeichen Antiformin auf die Beklagte übertragen habe, ist das Warenzeichen am 19. Mai 1915 auf die Beklagte umgeschrieben worden.

Der Kläger hat nach Ablauf der Schutzfrist des Patents Nr. 133895 im Oktober 1916 das Zeichen Antiformin für sich angemeldet, die Beklagte jedoch auf Grund des für sie eingetragenen Warenzeichens Widerspruch erhoben.

Der Kläger verlangt

  1. die Einwilligung der Beklagten in die Löschung des für sie eingetragenen Warenzeichens Antiformin, weil der frühere Inhaber des Zeichens Sj. weder in Schweden noch in Deutschland jemals einen Geschäftsbetrieb ausgeübt habe, zu dem das Warenzeichen gehörte. Deshalb habe eine wirksame Übertragung des Warenzeichens auf die Beklagte nicht stattgefunden.
  2. Weiter fordert der Kläger von der Beklagten die Einwilligung in die sofortige Eintragung des Warenzeichens für ihn ohne Rücksicht auf die Sperrfrist des § 4 WZG. 3. Endlich begehrt er Verurteilung der Beklagten dahin, daß sie den gegen seine Anmeldung erhobenen Widerspruch zurückziehe.

Die Beklagte hat Widerklage auf Feststellung erhoben, daß der Kläger nicht berechtigt sei, das Wort "Antiformin" als Warenbezeichnung für seine Desinfektionsmittel zu gebrauchen.

Während das Landgericht unter Abweisung der Widerklage vollständig nach den Klaganträgen erkannte, wies das Kammergericht den Klagantrag 2 ab.

Sowohl der Kläger wie die Beklagte haben hiergegen Revision eingelegt, beide zum Teil mit Erfolg.

Gründe

I.

Nach den getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war für Sj. in das schwedische Warenzeichenregister das Warenzeichen Antiformin eingetragen. Die von ihm bewirkte Eintragung in das deutsche Warenzeichenregister betraf sonach ein ausländisches Warenzeichen und ist erfolgt gemäß § 23 WZG. Schon diese Eintragung entbehrt der rechtlichen Wirksamkeit. Das Berufungsgericht hält auf Grund stattgefundener Beweisaufnahme für außer Zweifel gestellt, daß Sj weder in Schweden noch in Deutschland einen Geschäftsbetrieb zwecks Herstellung und Vertriebs eines Desinfektionsmittels nach dem ihm und T. patentierten Verfahren gehabt hat. Ein solcher Geschäftsbetrieb ist aber auch nach dem schwedischen WZG. vom 5. Juli 1884 § 1 und § 8 für die Entstehung und Übertragung eines wirksamen Warenzeichens notwendige Voraussetzung. Hiervon will § 23 des deutschen WZG., was die Revision mit Unrecht bestreitet, nicht absehen, vielmehr setzt auch dieses zwar keinen deutschen, aber einen ausländischen Geschäftsbetrieb, zu dem das ausländische Warenzeichen gehört, voraus. Wenn das Berufungsgericht nicht ausdrücklich die Unwirksamkeit des ausländischen Warenzeichens feststellt, so beruht das darauf, daß es diese Frage überhaupt nicht erwogen hat. Dadurch ist aber das Revisionsgericht nicht gehindert, in Anwendung des schwedischen Gesetzes auf den vom Berufungsgericht festgestellten Tatbestand die Rechtswirksamkeit der ausländischen Warenzeicheneintragung als Quelle für den vom Beklagten behaupteten Rechtserwerb zu prüfen. Mangelt aber dem Hauptzeichen schon nach dem Rechte des Heimatstaates der rechtliche Bestand, so entfällt dieser auch dem akzessorischen Zeichen in Deutschland, da beide zusammen ein einheitliches Zeichen bilden (RGZ. Bd. 46 S. 129, Bd. 51 S. 263, Bd. 90 S. 125; RGStr. Bd. 35 S. 322). Da niemand mehr Rechte übertragen kann, als er selbst hat, so haftet auch der Übertragung des deutschen akzessorischen Zeichens auf die Beklagte dieser Rechtsmangel an und der Kläger kann, da der Mangel durch Begründung eines Gewerbebetriebes in Deutschland durch Sj. nicht geheilt war, schon aus diesem Grunde die Löschung des auf die Beklagte übertragenen Zeichens verlangen.

Das gleiche gilt von der Erwägung aus, auf die das Berufungsgericht abstellt, daß Sj., weil er in Deutschland keinen Geschäftsbetrieb hatte, die Übertragung des Warenzeichens ohne einen solchen auf die Beklagte nicht vornehmen konnte. Die ohne einen zugehörigen Geschäftsbetrieb dennoch erfolgte Übertragung nahm ihm dann aber seine rechtliche Existenz (RGZ. Bd. 56 G. 371). Dem ist auch nicht mit den Erwägungen der Revision zu begegnen, daß das für Sj. eingetragene Warenzeichen von vornherein für die Beklagte bestimmt und dessen Gebrauch ihr gestattet gewesen sei, daß somit das Warenzeichen tatsächlich bereits kraft der der Beklagten eingeräumten Lizenz zu ihrem Geschäftsbetrieb gehört und die formelle Abtretung nur noch einen bereits bestehenden Zustand sanktioniert habe. Denn nach dem Gesetz hat das Warenzeichen keinen selbständigen rechtlichen Bestand, ist kein immaterielles Rechtsgut, mit dem selbständig Handel getrieben werden könnte, sondern es besteht lediglich als Zubehör zu einem bestimmten Geschäftsbetrieb, und zwar immer nur zu dem des Zeicheninhabers, da es zur Kennzeichnung der Herkunft der Waren aus dessen Geschäftsbetrieb dient. Die Bestimmung des Sj., das für ihn eingetragene Zeichen solle von vornherein als Kennzeichen für die Herkunft aus dem Geschäftsbetrieb der Beklagten dienen, entbehrt daher einer rechtlichen Bedeutung dahin, daß dadurch der fehlende eigene Geschäftsbetrieb des Warenzeicheninhabers ersetzt werden könnte. Das ist etwas dem Zweck des Warenzeichens und seinem Wesen als Zubehör Widersprechendes. Es ist auch nicht richtig, daß durch die Einräumung einer Lizenz am Warenzeichen dieses Zubehör des Geschäftsbetriebes der Beklagten geworden wäre. Denn eine solche schafft nur obligatorische Verpflichtungen zwischen dem Inhaber des Warenzeichens und dem Lizenznehmer, keine dingliche Veränderung in dem Sinne, daß der Lizenznehmer Träger des Zeichens und das Zeichen Zubehör zu seinem Betriebe würde. Daher bedeutet die Übertragung des Zeichens auf die Beklagte ohne gleichzeitige Übertragung des Geschäftsbetriebes auch dann eine Loslösung des Zeichens vom Inhaber, die dessen Unwirksamkeit herbeiführt, wenn derjenige, dem es übertragen wird, bisher Lizenznehmer des Zeichens war. Vollends unmöglich ist die weiter noch von der Revision vertretene Auffassung, wenn die Übertragung des Zeichens unwirksam sei, so müsse die auf sie hin erfolgte Eintragung der Beklagten wenigstens als originärer Erwerb Geltung behalten. Dies ist bereits vom Berufungsgericht mit zutreffenden Gründen zurückgewiesen worden. Die Begründung eines neuen Zeichenrechts durch erstmalige Eintragung und der Übergang eines bereits vorhandenen Zeichenrechts auf einen anderen sind zwei grundverschiedene Akte und haben auch verschiedene Voraussetzungen und Wirkungen. Insbesondere findet bei der Übertragung eines bereits vorhandenen Zeichens nicht wieder die nach §§ 4, 5 WZG. dem Patentamt obliegende Prüfung statt, wie bei einer Neueintragung. Diese würde aber unzulässig ausgeschaltet, wenn eine Übertragung eines rechtlich unwirksamen Zeichens als Neuanmeldung des Erwerbers behandelt werden könnte.

Aus diesen Gründen war die Revision der Beklagten, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Einwilligung in die Löschung des Warenzeichens Antiformin richtet, zurückzuweisen.

II.

Dagegen war den Revisionen sowohl der Beklagten im übrigen als des Klägers stattzugeben.

Die Widerklage, mit der die Beklagte Feststellung verlangt, daß der Kläger nicht berechtigt sei, das Wort Antiformin als Warenzeichen für seine Desinfektionsmittel zu gebrauchen, erachtet das Berufungsgericht aus folgenden Erwägungen für unbegründet. Einmal sei anzunehmen, daß die beteiligten Kreise die Bezeichnung Antiformin "eher" als Hinweis gerade auf den Betrieb des Klägers als die eigentliche Herkunftsstätte des Mittels aufgefaßt hätten, sodann sei aber auch festzustellen, daß diese Kreise überhaupt kein Gewicht darauf legten, daß das Mittel gerade aus dem Betriebe der Beklagten stamme. Denn jetzt. wo die durch die Patentschrift bekannt geworbene Herstellung jedem freisteht, komme für das Publikum nur in Betracht, daß es ein gleichartiges, dem früheren patentierten Verfahren entsprechend hergestelltes Mittel unter dem Namen Antiformin erhalte, gleichviel aus welchem Betriebe. Unter diesen Umständen sei es keine unerlaubte Handlungsweise, wenn der Kläger für seine Ware sich des Wortes Antiformin weiter bedienen und es sich als Warenzeichen eintragen lassen wolle. Die Beklagte könne daher dem nicht aus dem Gesichtspunkte unlauteren Wettbewerbs nach § 1 UWG. und § 826 BGB. widersprechen.

Mit Recht greift die Beklagte die unzulängliche prozessuale Feststellung zu diesem Punkte an. Sie hat unter Beweis gestellt, daß im Publikum das Antiformin als ausschließliches Erzeugnis der Beklagten und ihrer Vorgänger allgemein bekannt sei; die Unterlassung der Erhebung dieses Beweises verletzt § 286 ZPO. Es ist nicht einzusehen, wie das Berufungsgericht dieses Vorbringen für zu allgemein und unbestimmt halten konnte, um es als Grundlage für eine Beweisaufnahme zu nehmen. Die Behauptung ist vielmehr durchaus bestimmt und klar. Hierzu kommt, daß die eigene Feststellung des Berufungsgerichts der Sicherheit entbehrt, wenn es zwar einerseits erklärt, das Publikum lege überhaupt kein Gewicht darauf, aus welchem Betrieb das Antiformin stamme, andrerseits aber annimmt, es halte dafür, daß es "eher" aus dem Betriebe des Klägers komme. Demgegenüber durfte die bestimmte bleiben, ob ein Rechtssatz dahin in Geltung ist, daß mit dem Ablauf eines Patentes auch die Bezeichnung, unter der der patentierte Gegenstand eingeführt ist, schlechthin ins Freie fällt. Hat sich aber einmal ein Wortzeichen als Benennung einer Ware so eingebürgert, daß damit lediglich noch die Vorstellung einer bestimmten Eigenschaft von ihr verbunden wird und es den Hinweis aus die Herkunft aus einem bestimmten Betriebe gänzlich abgestreift hat, also zum reinen Warennamen geworden ist, dem auch nicht gleichzeitig noch ein Hinweis auf eine bestimmte Betriebsstätte anhaftet, so kann ein einzelner Gewerbetreibender diesen zur Benennung der Waren jedermann unentbehrlichen Namen sich nicht mehr beliebig aneignen und durch Erwirkung eines Zeichenschutzes für sich monopolisieren. Die Folge würde eine über die Dauer des Patentschutzes hinausgehende Monopolstellung nur für die Verwendung des Mittels sein. § 12 WZG. schützt nur ein Zeichen, nicht auch die Benennung einer bestimmten Art von Ware (RGZ. Bd. 42 S. 15. RGStr. Bd. 30 S. 351, RGZ. II 22/12 v. 26. April 1912). Wäre dieser Fall aber bei dem Worte Antiformin eingetreten, was nach den Ausführungen des Berufungsurteils sowie nach den Behauptungen der Beklagten jedenfalls zu prüfen und festzustellen ist, so könnte der Kläger für diesen Warennamen auch keinen Warenzeichenschutz erlangen und damit entfiele der Klaggrund aus § 6 Abs. 2 WZG. gleichfalls.

Andrerseits folgte hieraus aber weiter auch ein andrer Rechtsgrund für die Widerklage der Beklagten, mit der sie der Eintragung des Worts als Warenzeichen des Klägers widerspricht und Feststellung von deren Unzulässigkeit verlangt. Auch diese Eintragung und Benutzung des Namens als Warenzeichen würde solchenfalls einen rechtswidrigen Eingriff des Klägers in die freie Erwerbstätigkeit der Beklagten darstellen, da die Eintragung des Zeichens ihr die Füglichkeit eigener Benutzung, auf die sie ein gleiches Recht hat, verschränkte. Wenn die Beklagte aus diesem unlauteren Wettbewerb des Klägers sogar Löschung des etwa eingetragenen Warenzeichens verlangen könnte (RGZ, II 371/8 v. 12. Februar 1909). so kann sie auch schon der Herbeiführung der Eintragung widersprechen und das Nichtrecht des Klägers auf Eintragung festgestellt verlangen. Dagegen vermöchte die Beklagte selbstverständlich nicht den Kläger daran zu hindern, das Wort Antiformin als Warennamen für seine Desinfektionsmittel ebenso zu gebrauchen wie sie selbst. Ihr Anspruch geht aber auch nur dahin, festzustellen, daß er das Wort nicht als Warenzeichen gebrauche.

Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte, unter Absehen von der Sperrfrist des § 4 Abs. 2 WZG. in die sofortige Eintragung zu willigen, kommt nur in Frage, wenn auch nach der anderweiten, Prüfung in der vorbezeichneten Richtung überhaupt ein Anspruch auf Eintragung für den Kläger besteht. Dabei ist mit folgenden Möglichkeiten zu rechnen. Wenn erwiesen würde, daß das Zeichen, wie es das Berufungsgericht als möglich hinstellt, Kennzeichnung für die Herkunft aus dem Betriebe des Klägers geworden sein sollte, so wäre auch das Verlangen auf sofortige Eintragung begründet. Denn solchenfalls bestünde dadurch keine Gefahr, daß der Beklagten unlauterer Wettbewerb gemacht werden könnte. Ist das Wort trotz der Eintragung als Warenzeichen für die Beklagte Kennzeichnung für die Herkunft, aus dem Betriebe des Klägers geblieben, so entfällt die Möglichkeit einer Irreführung durch Fortdauer der Kennzeichnungskraft für die Herkunft der Ware aus dem Betrieb der Beklagten und damit der gesetzgeberische Grund für die Beachtung der in § 4 Abs. 2 geordneten Sperrfrist, wie das Reichsgericht bereits in seiner Entscheidung RGZ. Bd. 97 S. 99 nachgewiesen hat. Das Gericht ist auch nicht behindert, hinüber zu befinden, was vom Berufungsgericht mit Unrecht verneint wird. Wenn dagegen die Behauptung der Beklagten erwiesen würde, daß das Wort Antiformin die Kennzeichnung für die Herkunft aus dem Betriebe der Beklagten geworden wäre, so müßte allerdings die Sperrfrist des § 4 Abs. 2 WZG. beachtet werden, wie keiner Ausführung weiter bedarf. Gerade dann läge der Fall vor, den diese Vorschrift im Auge hat.