RG, 02.05.1919 - VII 35/19

Daten
Fall: 
Erfüllungsanspruch des Bestellers bei Abnahme eines mangelhaften Werks
Fundstellen: 
RGZ 95, 329
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
02.05.1919
Aktenzeichen: 
VII 35/19
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG I Berlin
  • KG Berlin

Steht nach erfolgter Abnahme des mangelhaftes Werks dem Besteller ein nicht unter die Verjährungsvorschriften des § 638 BGB. fallender Erfüllungsanspruch zu?

Tatbestand

Die Frage ist verneint worden.

Gründe

"Die Klägerin fordert mit der Klage von dem Beklagten, der durch Vertrag vom 17. Oktober 1910 den Umbau des der Klägerin gehörigen Pschorrhauses übernommen und ihn auch ausgeführt hat, daß er die von ihm gelieferten Pissoiranlagen durch mangelfreie ersetze. ...

Die gegen diesen Anspruch seitens des Nebenintervenienten in zulässiger Weise aus § 638 BGB. erhobene Verjährungseinrede hat der Berufungsrichter mit der Erwägung als unbegründet zurückgewiesen, daß mit der Klage nicht die Beseitigung eines Mangels des gelieferten Werkes im Sinne des § 638, sondern Erfüllung des Werkvertrags nach § 633 gefordert werde und deshalb die Verjährungsvorschrift des § 638 überhaupt nicht in Frage komme. Mit Recht greift die Revision diese Auffassung des Berufungsrichters als rechtsirrig an. Hat der Unternehmer das bestellte Werk abgeliefert und ist es seitens des Bestellers tatsächlich abgenommen, wie vorliegend nach dem Vorbringen der Parteien als unstreitig anzunehmen ist, so steht dem Besteller ein Anspruch auf Erfüllung des Vertrags durch Herstellung eines neuen mangelfreien Wertes nicht mehr zu, vielmehr hat er wegen vertragswidriger Beschaffenheit des Werkes - abgesehen von der Einrede des nichterfüllten Vertrags - nur die in den §§ 633 bis 635 vorgesehenen Rechtsbehelfe, wie dies der erkennende Senat bereits in seinem Urteile RGZ. Bd. 57 S. 375 ausgesprochen hat. Begehrt der Besteller Beseitigung einer einen Teil des übertragenen und abgenommenen Gesamtwerkes bildenden Anlage, weil dieser Teil des Werkes der Vertragsabrede nicht entspricht, und verlangt er Ersetzung der mangelhaften Anlage durch eine solche von vertragsmäßiger Beschaffenheit, so fordert er damit allerdings, daß der Unternehmer seiner ihm aus dem Werkvertrag erwachsenen Verpflichtung zur Herstellung eines vertragsmäßigen Werkes nachkommt, aber dieses Verlangen stellt sich nach der vom Gesetze getroffenen Regelung als das im § 633 vorgesehene Verlangen der Beseitigung eines Mangels dar, für das in § 638 die besonderen Verjährungsfristen vorgeschrieben sind. Die von dem Berufungsrichter ausgesprochene Abweisung der Verjährungseinrede ist deshalb mit der von ihm gegebenen Begründung nicht haltbar." ...