BVerfG, 28.01.1970 - 1 BvR 719/68
Zur Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde gegen zivilgerichtliche Urteile und Zwangsvollstreckungsentscheidungen.
Beschluß
des Ersten Senats (Teilentscheidung) vom 28. Januar 1970
- 1 BvR 719/68 -
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Verlegers und Herausgebers Rudolf Augstein, Hamburg 1, Pressehaus - Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Adolf Arndt, Berlin 33, Milowstraße 1 - gegen 1. a) das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. Oktober 1968 - VI ZR 180/66 -; b) das Urteil des Oberlandesgerichts München vom 28. Juli 1966 - 1 U 674/66 -; c) das Urteil des Landgerichts München I vom 15. Juli 1965 - 18 O 680/64 -; 2. a) den Beschluß des Oberlandesgerichts München vom 16. Mai 1969 - 1 W 745/69 -; b) den Beschluß des Landgerichts München I vom 18. Februar 1969 - 18 O 680/64; 3. a) den Beschluß des Landgerichts München I vom 18. August 1969 - 18 O 680/64 -.
Entscheidungsformel:
Die Verfassungsbeschwerde
- gegen das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. Oktober 1968 - VI ZR 180/66 -, soweit es die Revision als unzulässig verwirft,
- gegen Ziff. I des Urteils des Oberlandesgerichts München I vom 28. Juli 1966 - 1 U 674/66 -,
- gegen Ziff. I des Urteils des Landgerichts München I vom 15. Juli 1965 - 18 O 680/64 -,
- gegen die Beschlüsse des Landgerichts München I vom 18. Februar 1969 und vom 18. August 1969 - 18 O 680/64 - und des Oberlandesgerichts München vom 16. Mai 1969 - 1 W 745/69 - und vom 25. September 1969 - 1 W 1325/69 -
Gründe
A.
1.
Der Beschwerdeführer, Verleger und Herausgeber des Wochenmagazins "Der Spiegel", hat sich in zahlreichen Aufsätzen dieser Zeitschrift mit der Person des Landesvorsitzenden der CSU, Dr. h. c. Franz Josef Strauß, befaßt. Insbesondere veröffentlichte er in Heft Nr. 14 vom 1. April 1964 unter dem Decknamen "Moritz Pfeil" einen Aufsatz mit der Überschrift "Unheilbar gesund?", in dem er Strauß u.a. der Korruption während seiner Amtszeit als Bundesverteidigungsminister bezichtigte. Strauß erhob Klage auf Widerruf und Schmerzensgeld. Das Landgericht München I verurteilte nach einer umfangreichen Beweisaufnahme den Beschwerdeführer, "durch eine eigenhändig unterzeichnete schriftliche Erklärung" bestimmte tatsächliche Behauptungen zu widerrufen und ferner "die eigenhändig unterzeichnete schriftliche Erklärung abzugeben", daß er bestimmte andere tatsächliche Behauptungen nicht aufrechterhalte.
Außerdem verurteilte das Landgericht den Beschwerdeführer, an den Kläger 25 000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 2. Juli 1964 als Ersatz des immateriellen Schadens zu zahlen, der ihm durch einzelne dieser Behauptungen entstanden sei. Weitergehende Klagansprüche wurden abgewiesen. Zur Fassung des Urteilstenors führte das Landgericht aus, daß eine Vollstreckung der abzugebenden Erklärungen nach den Grundsätzen des § 888 ZPO zu erfolgen habe und daß die Abgabe der Erklärungen in schriftlicher, eigenhändig unterzeichneter Form "zur Erleichterung einer etwa erforderlichen Zwangsvollstreckung" zweckmäßig erscheine.
Beide Parteien legten Berufung ein. Das Oberlandesgericht München änderte das landgerichtliche Urteil dahin ab, daß der Beschwerdeführer weitere Behauptungen zu widerrufen habe; im übrigen erkannte es im wesentlichen wie das Landgericht, insbesondere hielt es die Verurteilung zur Abgabe eigenhändig unterzeichneter schriftlicher Erklärungen aufrecht. Am Schluß der Entscheidungsgründe heißt es:
"Die Zulassung der Revision ist, soweit diese nicht kraft Gesetzes zulässig ist, nicht veranlaßt, weil die Rechtssache nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist (§ 546 Abs. 2 ZPO)."
Der Beschwerdeführer legte dennoch in vollem Umfang Revision ein, ohne in der schriftlichen Begründung auf die Frage der Zulässigkeit einzugehen. Der Bundesgerichtshof verwarf die Revision als unzulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Abgabe bestimmter Erklärungen richtete. Hierzu führte er aus: Das Berufungsgericht habe die Revision nicht zugelassen; sie sei daher nur zulässig, wenn der Klaganspruch vermögensrechtlichen Charakter besitze. Bei dem Widerrufsanspruch handele es sich aber eindeutig um einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch, da der Kläger insoweit die Klage auf die Verletzung seiner persönlichen Ehre gestützt habe. Es sei nicht zu erkennen, daß der Kläger auch die Wahrung wirtschaftlicher Belange verfolgt habe. Bei der Verurteilung zur Zahlung von Schmerzensgeld handele es sich allerdings um eine Rechtsstreitigkeit über einen vermögensrechtlichen Anspruch. Die Revisibilität nichtvermögensrechtlicher Klagansprüche werde aber ohne Zulassung nicht schon durch Verbindung mit vermögensrechtlichen, die Revisionssumme erreichenden Ansprüchen begründet. Dies gelte nur, wenn die Entscheidung über den revisiblen Anspruch präjudiziell für den nicht revisiblen Anspruch sei (BGHZ 35, 302 [306]). Hier hänge weder der nichtvermögensrechtliche Teil der Klage vom vermögensrechtlichen Teil ab, noch sei das Umgekehrte der Fall; es sei lediglich beiden Ansprüchen ein Teil ihrer Tatbestandsvoraussetzungen gemeinsam.
Hinsichtlich des Zahlungsanspruchs wies der Bundesgerichtshof die Revision als unbegründet zurück.
Da es der Beschwerdeführer auch nach Rechtskraft der Verurteilung ablehnte, die im Urteil des Oberlandesgerichts bezeichneten eigenhändig unterzeichneten Erklärungen abzugeben, leitete der Kläger die Zwangsvollstreckung ein. Mit Beschluß vom 18. Februar 1969 bestimmte das Landgericht dem Beschwerdeführer zur Abgabe der Erklärungen eine Frist von vier Wochen, andernfalls er mit der Verhängung von Beugestrafen zu rechnen habe. Mit der sofortigen Beschwerde machte der Beschwerdeführer u.a. geltend, daß die Vollstreckung nach § 894 ZPO, nicht nach § 888 Abs. 1 ZPO zu erfolgen habe. Das Oberlandesgericht wies die sofortige Beschwerde mit Beschluß vom 16. Mai 1969 zurück, da nach herrschender Ansicht Widerrufsurteile durch Beugestrafen nach § 888 Abs. 1 ZPO zu vollstrecken seien. Das sei hier besonders deshalb unzweifelhaft, weil das Urteil selbst bereits die Verpflichtung zur Abgabe einer eigenhändig unterzeichneten Widerrufserklärung ausspreche. Ob diese Verpflichtung im materiellen Recht eine Stütze finde, könne im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht geprüft werden; auch verfassungsrechtliche Einwendungen gegen den Titel könnten hier nicht berücksichtigt werden, da die Vollstreckung von ihrem materiellrechtlichen Untergrund gelöst sei. Mit Beschluß vom 18. August 1969 verhängte das Landgericht auf Antrag des Gläubigers gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 10 000 DM. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers wies das Oberlandesgericht mit Beschluß vom 25. September 1969 zurück. Es führte wiederum aus, daß die im Zwangsvollstreckungsverfahren dem Schuldner eingeräumten Rechtsbehelfe nicht geeignet seien, den materiellen Inhalt eines rechtskräftigen Urteils einer erneuten sachlichen Prüfung zu unterwerfen.
2.
Mit der Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die bezeichneten Urteile und Vollstreckungsentscheidungen. Die Verfassungsbeschwerde ist im wesentlichen darauf gestützt, daß die Verurteilung "zur Eigenhändigkeit eines Selbertuns" in die körperliche Bewegungsfreiheit des Beschwerdeführers eingreife, die als Bestandteil der körperlichen Integrität des Menschen durch Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG geschützt sei. Die Eigenhändigkeit des Widerrufs bedeute für den Beschwerdeführer eine menschenunwürdige, weil unverhältnismäßige und unnötige Demütigung. Außerdem fühlt sich der Beschwerdeführer durch die Verurteilung zum Widerruf in seinem Grundrecht aus Art. 5 GG, durch die Verurteilung zur Zahlung von Schmerzensgeld in seinen Grundrechten aus Art. 2 und 5 GG verletzt. Die mit der Vollstreckung befaßten Gerichte hätten sich diese Grundrechtsverletzungen nicht zu eigen machen dürfen; namentlich verletze es den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn die Verurteilung zur Abgabe der Widerrufserklärung statt durch die gesetzliche Fiktion des § 894 ZPO durch Verhängung von Beugestrafen nach § 888 Abs. 1 ZPO vollstreckt werde.
Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde stehe nicht entgegen, daß der Bundesgerichtshof die Revision, soweit sie die Verurteilung zum Widerruf betraf, als unzulässig verworfen habe. Man könne die Revision in einem Verfahren nicht für offensichtlich unzulässig halten, das die in Rechtsprechung und Schrifttum noch nicht behandelte Frage aufwerfe, ob eine Verurteilung zu eigenhändiger Unterschrift nicht schon kraft Verfassungsrechts unzulässig sei. Auch habe Ungewißheit darüber bestanden, ob die Revision hier nicht wegen der Verbindung vermögensrechtlicher und nichtvermögensrechtlicher Ansprüche zulässig sei und ob der Widerrufsanspruch hier nichtvermögensrechtlichen Charakter gehabt habe. Die Nichtzulassung der Revision durch das Oberlandesgericht sei deshalb willkürlich. Die Zulässigkeit der gegen die Vollstreckungsentscheidungen erhobenen Verfassungsbeschwerde ergebe sich vornehmlich daraus, daß das gesamte Verfahren auf einen schlechthin verfassungswidrigen Zwang zur Eigenhändigkeit ziele. Die Gerichte hätten den Beschwerdeführer nicht nur rechtsirrtümlich zu etwas an sich Zulässigem, sondern zu etwas absolut Unzulässigem verurteilt. In einem solchen Falle müsse der Vollstreckungsschuldner die verfassungsrechtliche Unzulässigkeit des Vollstreckungszieles mit der Verfassungsbeschwerde gegen jeden Vollstreckungsakt geltend machen können. Die schon in der vollstreckbaren Entscheidung enthaltenen Grundrechtsverletzungen dürften im Kompetenzbereich der Vollstreckungsgerichte nicht von neuem begangen werden.
Der Beschwerdeführer hat mit seiner Verfassungsbeschwerde den Antrag verbunden, im Wege der einstweiligen Anordnung dem Landgericht und dem Oberlandesgericht zu untersagen, vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gegen den Beschwerdeführer Haftstrafen festzusetzen.
3.
Gemäß § 94 Abs. 3 BVerfGG wurde dem Kläger und Vollstreckungsgläubiger des Ausgangsverfahrens Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Er hält die Verfassungsbeschwerde, soweit sie sich gegen die Verurteilung zum Widerruf und gegen die zur Vollstreckung dieser Verurteilung ergangenen Entscheidungen richtet, für unzulässig, im übrigen in vollem Umfang für unbegründet.
B.
1.
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Verurteilung des Beschwerdeführers zum Widerruf und die zu deren Vollstreckung erlassenen Gerichtsentscheidungen richtet.
a) Soweit sie sich gegen das Urteil des Oberlandesgerichts wendet, ist sie verspätet.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird durch Einlegung eines offensichtlich unzulässigen Rechtsmittels und die darauf ergehende gerichtliche Entscheidung die Monatsfrist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde nicht neu in Lauf gesetzt (BVerfGE 5, 17 [19]; 16, 1 [3]; 19, 323 [330]). Offensichtlich unzulässig ist das Rechtsmittel dann, wenn der Rechtsmittelführer nach dem Stand der Rechtsprechung und Lehre bei Einlegung des Rechtsmittels über die Unzulässigkeit nicht im ungewissen sein konnte.
Daß Widerrufs- und Unterlassungsklagen wegen Verletzung der persönlichen Ehre grundsätzlich als nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten anzusehen sind, ist allgemein anerkannt.
Vgl. BGH, VersR 1962, 1088; 1964, 324; 1968, 370; Stein-Jonas- Schönke-Pohle, ZPO, 19. Aufl., 1964-1969, § 1 Anm. II 1; Baumbach- Lauterbach, ZPO, 30. Aufl., 1970, Übers. 3 vor § 1; Rosenberg- Schwab, Zivilprozeßrecht, 10. Aufl., 1969, § 32 I 2 a; Helle, Der Schutz der persönlichen Ehre und des wirtschaftlichen Rufes im Privatrecht, 2. Aufl., 1969, S. 104.
Der Ausnahmefall, daß mit dem Widerrufsbegehren in wesentlicher Weise auch wirtschaftliche Belange verfolgt werden, lag eindeutig nicht vor, wie auch der Bundesgerichtshof dargelegt hat.
Auch die Verbindung mit dem vermögensrechtlichen Anspruch auf Geldersatz für den immateriellen Schaden konnte nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Widerrufsanspruch nicht revisibel machen, da der vermögensrechtliche Anspruch für den nichtvermögensrechtlichen nicht präjudiziell war. Dies hatte der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 14. Juli 1961 (BGHZ 35, 302) erneut klargestellt. Das Schrifttum ist der Entscheidung so gut wie einhellig gefolgt.
Vgl. Baumbach-Lauterbach, ZPO, 29. Aufl., 1966, und 30. Aufl., 1970, Anm. 3 A a) zu § 546; Thomas-Putzo, ZPO, 1. Aufl., 1963, Anm. 1 zu § 546; ebenso die weiteren Auflagen; Zöller, ZPO, 10. Aufl., 1968, Anm. 1 zu § 546; Stein-Jonas-Grunsky, ZPO, 19. Aufl., 1968, Anm. II zu § 546; Rosenberg-Schwab, Zivilprozeßrecht, 10. Aufl., 1969, § 143 I 4, S. 749, Fußn. 6; Johannsen in LM, § 546 ZPO, Nr. 41 und § 547 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO, Nr. 11.
Der Beschwerdeführer konnte sonach nicht im unklaren darüber sein, daß hinsichtlich dieses Klaganspruchs mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts der Rechtsweg erschöpft war. Er hätte um so mehr Anlaß gehabt, gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts mindestens vorsorglich Verfassungsbeschwerde einzulegen, als das Oberlandesgericht ihn ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, daß es die Revision nicht zulasse, und ihm bekannt sein mußte, daß die Nichtzulassung der Revision, die die gesetzliche Regel bildet, der Nachprüfung des Revisionsgerichts entzogen ist (BGH, LM, Nr. 38 und 53 zu § 546 ZPO). Daß die Regelung des § 546 ZPO mit dem Grundgesetz vereinbar ist, hat das Bundesverfassungsgericht entschieden (BVerfGE 19, 323 ff.).
b) Der Bundesgerichtshof hat keine Sachentscheidung getroffen, sondern lediglich dargetan, daß die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine sachliche Prüfung dieses Klaganspruchs nicht vorliegen. Seine Entscheidung kann daher die in der Verfassungsbeschwerde genannten Grundrechte des Beschwerdeführers nicht verletzen (vgl. BVerfGE 21, 102 [104]; 26, 215 [221]). Müßte aus Anlaß der gegen die Entscheidung des Bundesgerichtshofs gerichteten Verfassungsbeschwerde auch über Verfassungsverstöße entschieden werden, die lediglich in den Entscheidungen der Instanzgerichte enthalten sein können, so würden die gesetzlichen Fristen zur Erhebung der Verfassungsbeschwerde gegen die den Beschwerdeführer eigentlich beschwerenden Entscheidungen umgangen (vgl. auch BVerfGE 21, 94 [97]). Eine in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs über die Zulässigkeit der Revision liegende Grundrechtsverletzung hat der Beschwerdeführer nicht gerügt.
c) Verfassungsverstöße durch Gerichtsurteile können nur mit der Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil selbst gerügt werden. Grundsätzlich ist eine Verfassungsbeschwerde gegen den Vollstreckungsakt als solchen nur zulässig, soweit geltend gemacht wird, die Vollstreckungsbehörde habe bei der Durchführung des Vollstreckungsverfahrens neue Grundrechtsverletzungen begangen (BVerfGE 1, 332 [341]; 15, 309 [311]). Der behauptete Grundrechtsverstoß muß seine Quelle gerade in der Vollstreckungsentscheidung haben. Der Ausspruch, daß der Beschwerdeführer durch Abgabe einer eigenhändig unterzeichneten Erklärung bestimmte Äußerungen zu widerrufen oder nicht mehr aufrechtzuerhalten habe, ist hier bereits wesentlicher Bestandteil des rechtskräftigen Urteils selbst. Die Art der Zwangsvollstreckung richtet sich, wie das Oberlandesgericht zu Recht ausgeführt hat, nach dem Inhalt des Titels und ist im übrigen von der materiellen Rechtmäßigkeit des vollstreckbaren Anspruchs gelöst. Das Landgericht hat mit der Aufnahme der Verpflichtung zu eigenhändiger Unterzeichnung in den Urteilstenor bewußt die Vollstreckung nach § 888 Abs. 1 ZPO ermöglichen wollen. Wenn der Beschwerdeführer hierdurch seine Grundrechte verletzt sah, hätte er dies mit einer Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Oberlandesgerichts geltend machen können und müssen. Die Auffassung des Oberlandesgerichts im Zwangsvollstreckungsverfahren, daß die hier ausgesprochene Verurteilung zu eigenhändig unterzeichneter Widerrufserklärung nach § 888 Abs. 1 ZPO zu vollstrecken sei, weil das Urteil eine Vollstreckung nach § 894 ZPO ausschließe, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch der Beschwerdeführer selbst ist übrigens ursprünglich dieser Auffassung gewesen, wie sich aus der Begründung der Verfassungsbeschwerde vom 30. November 1968 ergibt.
2.
Bei dieser Sachlage, die zur Verwerfung der Verfassungsbeschwerde aus verfahrensrechtlichen Gründen führen muß, können die vom Beschwerdeführer für die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde weiter vorgetragenen Gesichtspunkte keine Bedeutung mehr beanspruchen. Namentlich kann nicht entscheidend sein, daß die Verfassungsbeschwerde grundsätzliche, besonders bedeutsame, bisher in Rechtsprechung und Schrifttum nicht erörterte, ja nicht einmal erkannte verfassungsrechtliche Fragen aufwerfe. Es kann deshalb auch offenbleiben, ob den angegriffenen Entscheidungen wirklich vorzuwerfen ist, daß sie Probleme dieses Ranges nicht erkannt hätten; es muß immerhin auffallen, daß der Beschwerdeführer selbst weder in den beiden Tatsacheninstanzen noch in seiner schriftlichen Revisionsbegründung die "Verurteilung zur Eigenhändigkeit eines Selbertuns" unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten beanstandet hatte.
3.
Kann somit die Verfassungsbeschwerde nicht zu einer Prüfung der vom Beschwerdeführer gerügten materiellen Grundrechtsverletzungen führen, so ist er nicht berechtigt, die Abgabe der ihm durch rechtskräftiges Urteil auferlegten Erklärungen zu verweigern. In diesem Zusammenhang mag aber folgendes bemerkt werden: Das Landgericht hat bereits in seinem Beschluß vom 18. Februar 1969 zutreffend darauf hingewiesen, die Verurteilung zum Widerruf bedeute nicht, daß der Beschwerdeführer von der Unrichtigkeit der von ihm zu widerrufenden Behauptungen überzeugt sein müsse. Der Beschwerdeführer soll nicht "gedemütigt", sein Wille soll nicht "gebrochen" werden. Es wird ihm nicht angesonnen, seine Überzeugung zu ändern, auch nicht, einen - nicht vorhandenen - Überzeugungswandel nach außen zu bekennen. Er kann in der Erklärung zum Ausdruck bringen, daß er sie in Erfüllung des gegen ihn ergangenen rechtskräftigen Urteils abgebe. Wenn der Beschwerdeführer in dieser Weise dem Gebot eines in rechtsstaatlichem Verfahren ergangenen Urteils nachkommt, bekundet er lediglich seine Achtung vor dem geltenden Recht. Eine Verletzung seiner Menschenwürde kann hierin nicht liegen.
4.
Da die Verfassungsbeschwerde sich als unzulässig erwiesen hat, soweit der Beschwerdeführer die Verurteilung zur Abgabe eigenhändig unterzeichneter Erklärungen und die zu deren Vollstreckung ergangenen Entscheidungen angreift, kann hierüber eine Teilentscheidung ergehen (§ 25 Abs. 3 BVerfGG). Damit erledigt sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.
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