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Urheber- und lizenzrechtliche Aspekte bei der Gewährleistung für Computersoftware – Zugleich zum Problem der Rechtsnatur von Lizenzverträgen

Der Versuch, die gewährleistungsrechtlichen Probleme bei Verträgen über Computersoftware mit den begrifflichen Werkzeugen der zivilrechtlichen Systematik zu bewältigen, ist auf eine Reihe tiefer Probleme gestoßen. Computersoftware ist kein körperlicher Gegenstand1 gleichwohl ist sie immer eng mit Sachen (§ 90 BGB) verbunden; sie ist keine technische Lehre, (§ 1 PatG2), befindet sich aber immer im technischen Umfeld; sie hat keine künstlerisch-ästhetische Qualität, (§ 2 UrhG3), ist aber ohne originelle wissenschaftliche Entwürfe nicht denkbar.

  • 1. BGH in GRUR 1985, 1055 Lignamat mit Anm. von Betten.
  • 2. BPatG in GRUR 1987, 31.
  • 3. OLG Frankfurt in BB 1985, 139, (140) - Baustatikprogramm; Ulmer/Kolle, GRUR Int. 1982, 489 (492).

Rechtliche Verantwortungsebenen und dingliche Verfügungen bei der Überlassung von Open Source Software

Die kostenlose Überlassung von Software hat sich im Laufe der letzten Jahre zu einem eigenen Geschäftsmodell entwickelt, das die unterschiedlichsten Ebenen bis hin zum Endkunden, der ebenso Unternehmer wie Verbraucher sein kann, umfasst. Seine Produkte (z.B. Linux) verkörpern symbolisch die Freiheit des Informationsaustausches als Gegenmodell zu proprietärer Software (z. B. Microsoft). Die aktuelle Streitfrage, ob und inwieweit das AGB-Recht die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten regelt, kann gelöst werden, wenn man einzelne Verantwortungsebenen abschichtet und dabei die Beziehungen zwischen Fachleuten, Unternehmern und Verbrauchern voneinander trennt. So wird es möglich, die Rechtsbeziehungen außerhalb der Verbraucherebene und teilweise auch auf Unternehmensebene aus dem vertraglichen Kontext zu lösen und als rein dingliche Verfügungen zu interpretieren. Die dann noch verbleibenden gesetzlichen Haftungsregeln reichen für den Schutz auf der Ebene der Fachleute und (mindestens teilweise) der Unternehmer völlig aus.

Irritationen am Rand des Todes – Über rechtliche Konflikte bei der Sterbehilfe

Am 26. Februar 2020 erklärte das Bundesverfassungsgericht das damals in Deutschland bestehende Verbot der Sterbehilfe für verfassungswidrig und forderte eine neue gesetzliche Regelung an. Bis heute (Dezember 2023) gibt es keine Lösung. Hier ein paar grundsätzliche Gedanken zum Thema, die 2015 im Merkur – Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken, Heft 798/2015, Seite 22–35 verkürzt veröffentlicht worden sind.

Fairness und die Flüchtlingsfrage – Überlegungen zur Fairness als Gerechtigkeitselement

*Die Hilflosigkeit, die wir bei der Diskussion des Flüchtlingsproblems empfinden, beruht überwiegend auf dem Gefühl, dass wir uns einseitig mit Leistungen verausgaben, aber keine Gegenleistung und keinen Dank zu erwarten haben. Andere Staaten, die die europäischen Vereinbarungen offen brechen, werfen uns sogar vor, ihnen Schuldgefühle zu vermitteln, weil wir uns an diese Verträge halten. Zudem vermischt sich in der öffentlichen Diskussion das Verhalten asylberechtigter Menschen mit dem von Horden Kleinkrimineller, die uns saisonweise überziehen und ihre Landsleute in Misskredit bringen. So entstehen Gerüchte – »das älteste Massenmedium der Welt1« – die sich im Internet und anderen neuen Medien irrational verstärken und Angst auslösen. Viele sehen ihre Sorgen in den klassischen Medien nicht mehr richtig erkannt, andere halten es für politisch unkorrekt, über die Unterschiede zwischen uns und den Flüchtlingen zu diskutieren und betonen die Notwendigkeit einer »Willkommenskultur«: »Jeder hat das Recht BWLer zu sein – auch Geflüchtete!« – so eine Kampagne der betterplace.org. Recht besteht aus Regeln, die Menschen einer Gruppe für und gegen sich gelten lassen wollen und in sie ist nicht »jeder« eingebunden. In diese Verwirrung moralischer Appelle mit politischen Visionen kann man Klarheit bringen, wenn man die praktischen Auswirkungen des Problems analysiert2, und sie an dem rechtlichen Handlungsspielraum prüft, in dem sie sich verwirklichen können.

  • *. Überarbeitete und ergänzte Fassung. Eine Kurzfassung wurde veröffentlicht im Merkur – Deutsche Zeitschrift für Europäisches Denken – Heft 803/2016 S. 85-93
  • 1. Jean-Noel Kapferer: Gerüchte, Gustav Kiepenheuer Leipzig 1996.
  • 2. Aktuelle Zahlen Bericht 08/2023 (bamf.de).

Libet, Rizzolatti, Haidt – Der Anteil des Unbewussten an rechtlichen Entscheidungen

*Schuld und Haftung knüpfen in den meisten Rechtskulturen1 an die Vorstellung vom freien Willen des Handelnden an und auch das Bild von der rechtlichen Unabhängigkeit des Richters ist nicht denkbar, ohne ihm Entscheidungsfreiheit zuzubilligen. Die Frage ist nicht nur für das Strafrecht relevant, sondern für jede rechtlich relevante Handlung2 und sie betrifft nicht nur den Täter, sondern auch den Richter: Beide säßen sich als »Automaten« gegenüber, allerdings in der unzerstörbaren Illusion, einen freien Willen zu haben. Auch das Unterbewusstsein trägt viele richterliche Entscheidungen. Wo liegt der Spielraum für den freien Willen im Verfahren der Rechtsgewinnung?

  • *. Erstveröffentlichung in der RPhZ 3/2017, S. 275–284.
  • 1. Zum Begriff: Peter Mankowski: Rechtskultur, C. H. Beck 2016.
  • 2. Eisele in Schönke / Schröder: Kommentar zum Strafgesetzbuch 29. Auflage, 2014, Vorbemerkung zu § 13, Rn. 109 ff. (110a-b).

Die Absurdität der Gerechtigkeitsformeln – Überlegungen zu Kafkas Strafkolonie

*Kann der Mensch mit seinen Mitteln und Möglichkeiten eine „absolute Gerechtigkeit“ schaffen? Unter dem Blickwinkel dieser Fragestellung lässt sich die Erzählung „In der Strafkolonie“ von Franz Kafka lesen. Der Beitrag interpretiert den Text Kafkas als – im weiteren Sinne – parabolisch formulierte Kritik an einem absolut verstandenen Gerechtigkeitsbegriff und benennt zugleich als notwendig vorauszusetzende Elemente eines Systems der Gerechtigkeit.

  • *. Überarbeitete und erweiterte Zweitfassung. Erstveröffentlichung: NJW 2019, 721.

Grenzen eines grenzenlosen Grundrechtsschutzes

Ferdinand von Schirach und eine Reihe von Fachleuten haben gemeinsam mit der Stiftung „Jeder Mensch e. V.“ Vorschläge zu einer Erweiterung der Europäischen Grundrechtecharta erarbeitet und in einem kurzen Text kommentiert. Dabei geht es nicht nur um einen politischen Appell, sondern um neue Rechtsnormen. Dieses Vorhaben wirft eine Reihe von interessanten Fragen auf, die von der Rechtstheorie bis hin zu Fragen der praktischen Durchführung reichen.

Ethik als Basis staatlichen Handelns – Ein vergessener Versuch vor 2300 Jahren

*Positive Gesetze zeigen weltweit große Unterschiede, wenn es um die Frage geht, was als gerecht angesehen wird. Wenn sie sich allerdings auf moralische und ethische Grundsätze stützen, sind die Ergebnisse erstaunlich ähnlich. Das zeigen die Gesetze Ashokas, eines indischen Königs, der vor 2300 Jahren lebte und in Europa bisher nicht rezipiert worden ist.

  • *. Ergänzte und überarbeitete Fassung einer Erstveröffentlichung in Zeitschrift für Rechtspolitik ZRP 2015, Heft 8, S. 251.

Werden die Bücher das Internet überleben? – Der Wettbewerb zwischen Information und Inhalt

Eine Ansprache aus Anlass der Präsentation von Heussen/Korf/Weber/Schröder Unternehmerhandbuch: Recht, Wirtschaft, Steuern von der Gründung bis zur Abwicklung, Verlag C.H. Beck, 1. Aufl. 2005.

Der permanente Ausnahmezustand – Ist George Orwells 1984 heute Realität geworden?

1»Keiner hat Anspruch auf absolute Sicherheit,
so wie es keine absolute Freiheit gibt.«
(Udo di Fabio)
»Save me from what I want.« (Jenny Holzer)

  • 1. Anwaltsblatt 2014, Heft 6, Seite 458-467.