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Art. 117 GG - Aussetzung des Inkrafttretens zweier Grundrechte (Kommentar)

(1) Das dem Artikel 3 Absatz 2 entgegenstehende Recht bleibt bis zu seiner Anpassung an diese Bestimmung des Grundgesetzes in Kraft, jedoch nicht länger als bis zum 31. März 1953.

(2) Gesetze, die das Recht der Freizügigkeit mit Rücksicht auf die gegenwärtige Raumnot einschränken, bleiben bis zu ihrer Aufhebung durch Bundesgesetz in Kraft.

Inhaltsverzeichnis 

1. Absatz 1

1.1. Einleitung

Artikel 117 Abs. 1 GG stellt eine Übergangsregelung dar, die speziell auf Art. 3 Abs. 2 GG Bezug nimmt, also das Gleichstellungsgebot hinsichtlich der Gleichberechtigung von Mann und Frau. Diese Regelung bezieht sich auf das in Art. 3 Abs. 2 GG verankerte Grundrecht, wonach Männer und Frauen gleichberechtigt sind und der Staat verpflichtet ist, für die Durchsetzung dieser Gleichstellung zu sorgen. Art. 117 Abs. 1 GG ermöglichte eine zeitlich befristete Aufrechterhaltung von Gesetzen, die der neuen Verfassungsnorm des Art. 3 Abs. 2 GG widersprachen, um den Gesetzgebern Zeit zu geben, das bestehende Recht an die neue verfassungsrechtliche Vorgabe anzupassen.

Die Übergangsregelung des Art. 117 Abs. 1 GG spiegelt die historische Situation der unmittelbaren Nachkriegszeit wider, in der das Grundgesetz die Basis für eine neue, freiheitlich-demokratische Ordnung schaffen sollte. Die Umsetzung der Gleichberechtigung von Mann und Frau stellte eine wesentliche gesellschaftspolitische Neuerung dar und führte dazu, dass zahlreiche Normen des bisherigen Rechts, die eine Ungleichbehandlung von Männern und Frauen vorsahen, als verfassungswidrig galten.

1.2. Systematische Einordnung und Normzweck

1.2.1. Übergangsregelungen im Grundgesetz

Art. 117 Abs. 1 GG gehört zu den sogenannten Übergangs- oder Inkrafttretensbestimmungen des Grundgesetzes. Diese sind darauf gerichtet, die Neuordnung des Rechts nach Inkrafttreten des Grundgesetzes in praktischer Hinsicht zu erleichtern. Der Grundgesetzgeber erkannte die Notwendigkeit, dem einfachen Gesetzgeber eine gewisse Zeit für die Anpassung bestehender Gesetze an das neue Verfassungsrecht zu gewähren, insbesondere in Bereichen, die eine umfangreiche Überarbeitung erforderlich machten, wie die Gleichstellung von Mann und Frau.

1.2.2. Spezifische Bezugnahme auf Art. 3 Abs. 2 GG

Art. 117 Abs. 1 GG stellt eine besondere Übergangsregelung dar, die nur auf das Gleichstellungsgebot des Art. 3 Abs. 2 GG abzielt. Die Einfügung des Art. 3 Abs. 2 GG war eine bedeutende Neuerung, die über das bloße Diskriminierungsverbot hinausging und eine Verpflichtung zur tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau im gesamten Rechtssystem verankerte. Da der Gesetzgeber erkannt hat, dass eine sofortige Umsetzung der Gleichberechtigung umfassende Änderungen des bestehenden Rechts notwendig machte, gewährte er den Ländern und dem Bund eine Frist, um die Gesetze anzupassen.

1.2.3. Normzweck und Ziele

Der Zweck des Art. 117 Abs. 1 GG bestand darin, einen rechtlichen und praktischen Bruch durch das Inkrafttreten des Grundgesetzes zu vermeiden. Ein sofortiges Außerkrafttreten sämtlicher Normen, die eine Ungleichbehandlung von Männern und Frauen enthielten, hätte erhebliche rechtliche Unsicherheiten und mögliche Lücken im Rechtssystem zur Folge gehabt. Art. 117 Abs. 1 GG sollte diesen Unsicherheiten entgegenwirken, indem er eine Anpassungsfrist vorsah, jedoch zugleich eine zeitliche Begrenzung der Duldung bestehender Normen setzte, um die Umsetzung der Gleichstellung von Mann und Frau verbindlich sicherzustellen.

1.3. Verfassungsrechtliche Auslegung und Rechtsnatur

1.3.1. Rechtsnatur und Abgrenzung zu Art. 3 Abs. 2 GG

Art. 117 Abs. 1 GG stellt keine eigenständige materiell-rechtliche Regelung zur Gleichstellung von Mann und Frau dar, sondern eine rein übergangsrechtliche Norm, die sich auf die Bestandskraft älterer, dem neuen Verfassungsrecht widersprechender Gesetze beschränkt. Der Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau ist ausschließlich in Art. 3 Abs. 2 GG normiert, während Art. 117 Abs. 1 GG lediglich auf die Modalitäten der Anpassung vorhandener Regelungen an dieses Grundrecht abzielt.

1.3.2. Fristsetzung und Bestimmtheit

Art. 117 Abs. 1 GG begrenzt die Duldung widersprechender Regelungen bis spätestens zum 31. März 1953. Diese Frist ist als verfassungsrechtlich verbindliche Höchstgrenze zu verstehen, nach deren Ablauf sämtliche dem Gleichberechtigungsgebot widersprechenden Gesetze, unabhängig von einer Anpassung durch den Gesetzgeber, ihre Geltung verlieren sollten. Durch die klare zeitliche Begrenzung wird dem Gleichstellungsgebot des Art. 3 Abs. 2 GG Nachdruck verliehen, indem eine endgültige Frist für die Beseitigung von Geschlechterdiskriminierungen im Rechtssystem festgesetzt wird.

1.3.3. Verbindlichkeit und Effektivität der Norm

Die in Art. 117 Abs. 1 GG enthaltene Verpflichtung zur Anpassung bestehender Normen hatte eine erhebliche verfassungsrechtliche und politische Bedeutung. Sie zwang den Gesetzgeber, das gesamte Rechtssystem auf Diskriminierungen im Hinblick auf das Geschlecht zu überprüfen und erforderlichenfalls anzupassen. Das Fristende am 31. März 1953 markierte somit einen Meilenstein im deutschen Verfassungsrecht, da ab diesem Zeitpunkt alle gesetzlichen Bestimmungen, die gegen die Gleichberechtigung verstoßen hätten, automatisch als unwirksam anzusehen waren.

1.4. Historische Umsetzung und rechtspolitische Bedeutung

1.4.1. Gesetzgebung und Reformprozesse

Die Umsetzung der durch Art. 117 Abs. 1 GG geforderten Anpassungen verlief in mehreren Etappen. Ein wesentlicher Schritt war das Gleichberechtigungsgesetz von 1957, das die Gleichstellung von Männern und Frauen im bürgerlichen Recht regelte. Da die Anpassungsfrist jedoch bereits 1953 ablief, entstand vorübergehend eine rechtliche Unsicherheit hinsichtlich der Gültigkeit bestimmter Normen, insbesondere im Familien- und Arbeitsrecht.

1.4.2. Rechtsentwicklung und Bedeutung für das Familienrecht

Der durch Art. 117 Abs. 1 GG initiierte Reformdruck führte zu weitreichenden Änderungen im deutschen Familienrecht, das traditionell von einer patriarchalischen Grundstruktur geprägt war. Insbesondere die Normen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), die das eheliche Güterrecht und die elterliche Sorge betrafen, mussten grundlegend überarbeitet werden, um den verfassungsrechtlichen Anforderungen der Gleichstellung gerecht zu werden. Das Gleichberechtigungsgesetz von 1957 stellte insofern den ersten, wenn auch unvollständigen Schritt zur Umsetzung der in Art. 3 Abs. 2 GG verankerten Gleichberechtigung dar.

1.4.3. Problematik der Übergangsregelung und verfassungsrechtliche Diskussionen

Die Übergangsregelung des Art. 117 Abs. 1 GG war Gegenstand verfassungsrechtlicher Diskussionen, da einige Juristen und politische Akteure eine sofortige Umsetzung der Gleichstellung forderten und die Duldung widersprechender Gesetze als Widerspruch zum Grundsatz der Gleichberechtigung ansahen. Die gesetzgeberische Praxis, trotz des Ablaufs der Anpassungsfrist bestehende diskriminierende Normen zunächst nicht zu ändern, wurde vielfach kritisiert und führte zu rechtspolitischen Kontroversen, die die Bundesrepublik bis in die 1960er-Jahre hinein beschäftigten.

1.5. Gerichtliche Entscheidungen und Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) spielte eine entscheidende Rolle bei der Durchsetzung des Gleichberechtigungsgebots und der Klärung der Rechtsfolgen aus Art. 117 Abs. 1 GG. In seiner Rechtsprechung legte das BVerfG Art. 3 Abs. 2 GG umfassend und progressiv aus, sodass die Gleichstellung von Mann und Frau auch in Bereichen durchgesetzt wurde, in denen der Gesetzgeber zunächst keine Änderungen vorgenommen hatte. Das Gericht stellte klar, dass der Gleichberechtigungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 2 GG unmittelbare Wirkung entfaltet und damit ein sofortiges Abweichen bestehender Normen erforderlich war.

2. Absatz 2

2.1. Einleitung

Art. 117 Abs. 2 GG enthält eine Übergangsregelung, die im Kontext der unmittelbaren Nachkriegszeit in Deutschland von zentraler Bedeutung war. Das Grundrecht der Freizügigkeit ist in Art. 11 GG garantiert und bildet eine wesentliche Grundlage für die individuelle Mobilität innerhalb der Bundesrepublik. Nach Art. 11 GG haben alle Deutschen das Recht, sich innerhalb des Bundesgebiets frei zu bewegen und ihren Wohnsitz frei zu wählen. Art. 117 Abs. 2 GG sah jedoch für eine Übergangszeit die Möglichkeit vor, bestehende Einschränkungen dieses Rechts aufrechtzuerhalten, die aus der außergewöhnlichen Wohnungs- und Raumnot der unmittelbaren Nachkriegsjahre resultierten.

Die Regelung nimmt Bezug auf die „gegenwärtige Raumnot“ in Deutschland, die auf die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges, die massive Wohnraumvernichtung in den Städten und die Zuwanderung von Flüchtlingen und Vertriebenen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten zurückzuführen war. Zu dieser Zeit war die Wohnraumsituation in weiten Teilen Deutschlands äußerst angespannt, und es war notwendig, durch gesetzliche Maßnahmen die Wohnraumverteilung und Ansiedlung zu regulieren. Art. 117 Abs. 2 GG gewährte daher den Ländern und dem Bund die Möglichkeit, bestehende Gesetze, die das Grundrecht der Freizügigkeit einschränkten, vorübergehend weiterhin anzuwenden, bis ein Bundesgesetz diese Beschränkungen aufhob.

2.2. Systematische Einordnung und Normzweck

2.2.1. Übergangsbestimmung in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes

Art. 117 Abs. 2 GG ist Teil der Übergangs- und Schlussbestimmungen des Grundgesetzes, die den Übergang von der nationalsozialistischen Gesetzgebung zur neuen demokratischen Ordnung regeln und rechtliche Anpassungen an die neuen Grundrechte erleichtern sollten. Die Bestimmung wurde bewusst als befristete Ausnahme formuliert, da der Grundsatz des Art. 11 GG die allgemeine Freizügigkeit ausdrücklich garantiert und dauerhaft gewährleisten soll. Art. 117 Abs. 2 GG trägt damit dem Prinzip Rechnung, dass Verfassungsänderungen zwar schnell implementiert werden sollten, jedoch in Ausnahmesituationen eine Übergangsregelung erforderlich sein kann.

2.2.2. Bezug zum Grundrecht der Freizügigkeit (Art. 11 GG)

Die Bedeutung des Art. 117 Abs. 2 GG ergibt sich vor allem aus seinem Bezug zum Grundrecht der Freizügigkeit, das als Grundpfeiler der persönlichen Freiheit gilt. Art. 11 GG schützt die freie Wahl des Aufenthaltsortes und die freie Bewegung innerhalb der Bundesrepublik. Die Beschränkung dieses Grundrechts ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, wie sie in Art. 11 Abs. 2 GG geregelt sind. Art. 117 Abs. 2 GG steht als Übergangsregelung jedoch außerhalb dieser allgemeinen Eingriffsgründe und sieht für bestehende Einschränkungen eine vorübergehende Fortgeltung vor.

2.2.3. Normzweck und Anpassungsziel

Ziel des Art. 117 Abs. 2 GG war es, dem Gesetzgeber Zeit zu geben, die notwendigen Reformen im Bereich der Freizügigkeit zu realisieren und zugleich die unmittelbar erforderlichen Beschränkungen zur Bewältigung der Wohnraumkrise beizubehalten. Der Normzweck bestand also darin, einen geordneten Übergang zu gewährleisten, der einerseits den Erfordernissen der Raumnot gerecht wurde und andererseits sicherstellte, dass das Grundrecht der Freizügigkeit nicht länger als notwendig eingeschränkt bleibt.

2.3. Tatbestandliche Voraussetzungen

2.3.1. Gesetze, die die Freizügigkeit einschränken

Art. 117 Abs. 2 GG bezieht sich auf „Gesetze, die das Recht der Freizügigkeit ... einschränken.“ Dabei handelt es sich um Bestimmungen, die den freien Wohnsitz- und Aufenthaltswechsel der Bürgerinnen und Bürger einschränken oder durch bestimmte Voraussetzungen an eine Genehmigung binden. Solche Normen fanden sich in den unmittelbar nach Kriegsende erlassenen Regelungen zum Wohnungswesen, die den Zuzug in bestimmte Gemeinden oder Gebiete nur unter bestimmten Bedingungen erlaubten, um eine geordnete Verteilung des vorhandenen Wohnraums zu gewährleisten und Überbelegungen zu verhindern.

2.3.2. „Mit Rücksicht auf die gegenwärtige Raumnot“

Der Begriff „gegenwärtige Raumnot“ nimmt Bezug auf die besondere Lage in der Nachkriegszeit, in der ein akuter Mangel an Wohnraum herrschte. Diese Formulierung umfasst die extreme Wohnungsnot infolge der weitgehenden Zerstörung der Städte und der massiven Zuwanderung von Flüchtlingen und Vertriebenen. Dabei impliziert der Begriff „gegenwärtig“, dass die Raumnot nur eine vorübergehende Erscheinung sein sollte. Art. 117 Abs. 2 GG stellt somit ausdrücklich klar, dass die hier erlaubten Einschränkungen lediglich in Anbetracht der spezifischen Situation der Nachkriegszeit akzeptiert wurden.

2.3.3. Aufhebung durch Bundesgesetz

Die Einschränkungen der Freizügigkeit sollten nur bis zu einer expliziten „Aufhebung durch Bundesgesetz“ fortbestehen. Art. 117 Abs. 2 GG verweist hier also auf eine bundesgesetzliche Entscheidungskompetenz. Diese Bestimmung impliziert, dass eine Fortgeltung der einschränkenden Gesetze über den tatsächlichen Wegfall der Raumnot hinaus nur möglich war, solange der Gesetzgeber keine ausdrückliche Aufhebung beschloss. Das bedeutet, dass der einfache Bundesgesetzgeber den Fortbestand der Einschränkungen kontrollieren sollte, sodass diese nicht automatisch, sondern durch eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung beendet werden mussten.

2.4. Rechtsfolgen und Fortgeltung der Regelung

2.4.1. Zeitlich befristete Fortgeltung von Beschränkungen

Art. 117 Abs. 2 GG erlaubte ausdrücklich die Fortgeltung von Gesetzen, die das Grundrecht der Freizügigkeit einschränkten, jedoch nur bis zu einer ausdrücklichen Aufhebung durch Bundesgesetz. Diese Formulierung brachte mit sich, dass solche Beschränkungen in Bezug auf die Freizügigkeit auch dann weiter in Kraft blieben, wenn die unmittelbare Raumnot bereits beseitigt war. Die Fortgeltung sollte dem Gesetzgeber die Möglichkeit bieten, den Zeitpunkt für die Aufhebung zu wählen, wobei dieser sich nach dem tatsächlichen Fortbestehen der Raumnot und den damit verbundenen Problemen richten sollte.

2.4.2. Bundesgesetzliche Kompetenz zur Aufhebung

Die ausdrückliche Erwähnung einer Aufhebung durch Bundesgesetz im Art. 117 Abs. 2 GG spiegelt den Grundsatz der föderalen Kompetenzverteilung wider. Die bundesgesetzliche Regelungskompetenz zur Aufhebung dieser Einschränkungen ergab sich aus der Bedeutung des Grundrechts der Freizügigkeit, welches gemäß Art. 11 GG unmittelbar im Grundgesetz verankert ist und daher grundsätzlich einheitlich geregelt werden sollte. Der Verweis auf eine bundesgesetzliche Aufhebung unterstreicht die Wichtigkeit einer zentralen Koordination zur Behebung der Beschränkungen im gesamten Bundesgebiet.

2.4.3. Praktische Umsetzung und fortbestehende Beschränkungen

In der Praxis wurden die durch Art. 117 Abs. 2 GG geschützten Beschränkungen nur schrittweise aufgehoben. Insbesondere im Bereich des sozialen Wohnungsbaus und der Regulierung von Wohnraum blieb es bis in die 1950er- und teils 1960er-Jahre bei einschränkenden Regelungen, die eine kontrollierte Verteilung des knappen Wohnraums sicherstellen sollten. Erst mit der zunehmenden Verbesserung der Wohnraumsituation und der Stabilisierung des Wohnungsmarktes konnten diese Maßnahmen sukzessive abgebaut werden, wodurch Art. 117 Abs. 2 GG schrittweise seine Relevanz verlor.

2.5. Auslegung und Bedeutung in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung

2.5.1. Interpretation der „gegenwärtigen Raumnot“ durch das Bundesverfassungsgericht

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat sich mehrfach mit den Fragen des Grundrechts auf Freizügigkeit und den möglichen Beschränkungen in Bezug auf Art. 11 GG befasst. Allerdings hat es Art. 117 Abs. 2 GG selbst selten unmittelbar interpretiert, da die Norm primär als Übergangsregelung zu betrachten war und ihre Bedeutung mit der Entspannung auf dem Wohnungsmarkt allmählich sank. Die Entscheidungspraxis des BVerfG hat jedoch klargestellt, dass Beschränkungen der Freizügigkeit verfassungskonform nur unter strengen Bedingungen vorgenommen werden dürfen und dass sie stets einem besonderen öffentlichen Interesse dienen müssen.

2.5.2. Bedeutung für die verfassungsrechtliche Dogmatik

Art. 117 Abs. 2 GG leistete einen Beitrag zur Entwicklung der verfassungsrechtlichen Dogmatik, indem er die Befristung von Grundrechtseingriffen in Übergangsphasen zur Diskussion stellte. In der verfassungsrechtlichen Auslegung ergab sich die Erkenntnis, dass Grundrechtseinschränkungen nicht auf unbestimmte Zeit geduldet werden sollten und eine klare gesetzliche Regelung zur Aufhebung erforderlich ist. Diese Interpretation prägt die Dogmatik der Freizügigkeit bis heute, auch wenn Art. 117 Abs. 2 GG mittlerweile obsolet geworden ist.

2.5.3. Rechtspolitische Diskussion um die Fortgeltung einschränkender Normen

Die Anwendung des Art. 117 Abs. 2 GG war in der Nachkriegszeit Gegenstand intensiver rechtspolitischer Debatten. Kritiker argumentierten, dass die Regelung zu einer potenziell dauerhaften Einschränkung der Freizügigkeit führen könnte, wenn die Raumnot nicht klar definiert und der Aufhebungszeitpunkt nicht gesetzlich festgelegt würde. Befürworter der Norm sahen hingegen die Notwendigkeit einer flexiblen Handhabung, um auf unvorhergesehene Herausforderungen der Nachkriegszeit angemessen reagieren zu können. Die rechtspolitische Diskussion trug zur Schärfung der Anforderungen an verfassungskonforme Übergangsregelungen bei.