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Fernlenk-Verordnung ermöglicht teleoperiertes Fahren
Die Straßenverkehr-Fernlenk-Verordnung schafft einen rechtlichen Rahmen für die Teleoperation von Fahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr. Die dabei vorgesehenen hohen Anforderungen gehen insbesondere für die Transport- und Logistikbranche mit erheblichen Chancen einher.
Neue Rahmenbedingungen für ferngelenkte Kraftfahrzeuge: Die Straßenverkehr-Fernlenk-Verordnung tritt in KraftZum 1. Dezember 2025 ist die Verordnung über Ausnahmen von straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften für ferngelenkte Kraftfahrzeuge (Straßenverkehr-Fernlenk-Verordnung – StVFernLV) in Kraft getreten. Sie regelt – auf fünf Jahre befristet – die Erprobung von Teleoperation im öffentlichen Straßenverkehr und schafft einen bundeseinheitlichen Rahmen für Genehmigungen, technische Anforderungen und Verantwortlichkeiten.
Ferngelenkte Fahrzeuge bilden eine Art Hybrid zwischen selbstfahrenden und konventionell gesteuerten Fahrzeugen. Der Fahrer befindet sich nicht mehr im Fahrzeug, sondern steuert es über Kameras, Sensorik und digitale Schnittstellen aus einem entfernten Kontrollraum heraus. Die Steuerung erfolgt aus einem Leitstand (Kontrollraum) über eine gesicherte Kommunikationsverbindung.
Die Technologie wird als zentraler Bestandteil für den Fortschritt des autonomen Fahrens angesehen, weil sie gerade in anspruchsvollen oder unerwarteten Verkehrslagen situationsbezogen eingreifen und so zur Erhöhung der Sicherheit und Verlässlichkeit automatisierter Systeme beitragen kann. Teleoperation dient dabei nicht der gleichzeitigen Führung mehrerer Fahrzeuge, sondern dem gezielten Eingriff in Einzelfällen.
Insbesondere für die Logistik- und Transportwirtschaft birgt die Verordnung eine Reihe von strategischen Chancen. Denn dank ihr können Fahrzeuge bald ohne physisch anwesende Fahrzeugführende gesteuert werden. Dies kann etwa für Rückführungsfahrten, Umschlagsprozesse oder den Betrieb auf festen Relationen zwischen Logistikzentren genutzt werden. Ferngesteuerte Lkw und Transporter könnten dann in Logistikzentren, auf Hafengeländen oder in Industrieparks für den innerbetrieblichen Warenfluss eingesetzt werden. Im urbanen Raum ließen sich Fahrzeuge zwischen Depots und Zielpunkten steuern. Beispiel: Rückführungen von Fahrzeugen nach Wartungsterminen oder das Umsetzen von Trailern auf Betriebshöfen. Perspektivisch lassen sich damit Fachkräftemangel, Fahrzeitenbeschränkungen und Leerfahrten besser steuern und die Effizienz der Logistikprozesse optimieren. Im öffentlichen Straßenraum bleibt der Einsatz allerdings vorläufig auf definierte und genehmigte Betriebsbereiche beschränkt.
Neben Einsatzmöglichkeiten in der Logistikbranche ermöglicht das Verkehrsressort in den neuen Regelungen auch ein breites Spektrum weiterer Einsatzmöglichkeiten, insbesondere im Bereich gemeinschaftlich genutzter Mobilitätsangebote. Bei Carsharing-Fahrzeugen kann die Leitstelle Fahrzeuge nach der Nutzung in genehmigten Bereichen umsetzen; vollständig fahrerlose Angebote bedürfen (je nach Ausgestaltung) zusätzlicher Genehmigungen und technischer Voraussetzungen. Carsharing-Fahrzeuge könnten künftig nach der Nutzung eigenständig oder ferngesteuert aus einer Leitstelle zum nächsten Standort oder zur Wartung bewegt werden. Ebenso sind fahrerlose On-Demand-Shuttles oder Robo-Taxis denkbar, die flexibel auf Nachfrage reagieren und so Lücken im öffentlichen Nahverkehr schließen.
Die StVFernLV legt die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für den Fahrzeugbetrieb durch Fernlenkung fest. Ziel ist es, im Rahmen eines befristeten Erprobungszeitraums die Erprobung und schrittweise Integration der Fernlenkung zu ermöglichen. Während dieser Phase werden Anforderungen evaluiert und können durch die Behörden angepasst oder präzisiert werden.
Der Betrieb ferngelenkter Kraftfahrzeuge ist mit einem nicht unerheblichen Genehmigungsaufwand verbunden – Fahrzeughalter müssen ein zweistufiges Genehmigungsverfahren durchlaufenAuf der ersten Stufe muss für jedes einzelne Fahrzeug eine Betriebserlaubnis beim Kraftfahrt-Bundesamt beantragt werden. Voraussetzung für diese Betriebserlaubnis ist unter anderem, dass das Gesamtsystem zum Fernlenken – also Fahrzeug, Steuerungseinrichtung, Leitstand und Kommunikationsverbindung – die in Anlage 1 der Verordnung definierten technischen (Sicherheits-, IT- und Kommunikations-)Anforderungen erfüllt. Diesbezüglich ist ein Sicherheits- und IT-Konzept vorzulegen, das insbesondere Fragen der funktionalen Sicherheit, Datenintegrität und Cyber-Security behandeln muss. Der Fahrzeughalter hat etwa sicherzustellen, dass das Fahrzeug im Falle eines Kommunikationsausfalles oder einer Verzögerung in der Datenübertragung zu jeder Zeit selbstständig dazu in der Lage ist, sichere Zustände herzustellen, etwa durch Abbremsen und Warnblinken. Weiterhin muss für das Kraftfahrzeug entweder eine EU-Typgenehmigung, eine allgemeine Betriebserlaubnis oder eine Einzelbetriebserlaubnis erteilt worden sein. Weitere Voraussetzungen lassen sich der Verordnung entnehmen.
Auf der zweiten Stufe ist eine Betriebsbereichsgenehmigung nach Anlage 2 der StVFernLV durch die zuständige Landesbehörde erforderlich. Diese legt fest, in welchem geografischen Bereich und unter welchen Bedingungen das ferngelenkte Fahrzeug eingesetzt werden darf. Damit wird die Nutzung (vorerst) auf klar definierte und genehmigte Strecken oder Gebiete beschränkt. Die Behörden können die Genehmigung zudem mit Nebenbestimmungen versehen. Nebenbestimmungen können u.a. Geschwindigkeitsbeschränkungen, Wetter- und Sichtauflagen, zeitliche Beschränkungen oder Anforderungen an die personelle Besetzung des Leitstands (z.B. zusätzliche Sicherheitsaufsicht) umfassen.
Haftung bei TeleoperationHinsichtlich der Haftung unterscheidet die Verordnung zwischen den verschiedenen am Fernlenksystem beteiligten Akteuren.
Der Betreiber des Gesamtsystems zum Fernlenken gilt als Halter. Dadurch finden die Haftungsvorschriften aus § 7 StVG auf ihn Anwendung und der Betreiber haftet bei Unfällen auch ohne sein Verschulden. Die das Fahrzeug tatsächlich steuernde Person wird in der Verordnung als „fernlenkende Person“ definiert. Dieser Begriff existierte im Straßenverkehrsrecht bislang nicht. Doch § 3 Abs. 2 StVFernLV bestimmt, dass eine fernlenkende Person wie ein Fahrzeugführer im Sinne des § 18 StVG zu behandeln ist, selbst wenn er sich physisch nicht im Fahrzeug befindet. Damit treffen die fernlenkende Person alle Pflichten des Straßenverkehrsrechts, die sonst auch den klassischen Fahrzeugführer treffen. Dazu zählen die Einhaltung der Verkehrsregeln, die Wahrnehmung der Sorgfaltspflichten sowie die persönliche Verantwortung im Schadensfall. Dies umfasst insbesondere die Pflicht zur ständigen Verkehrsbeobachtung, zur Einhaltung der StVO sowie zur unverzüglichen Einleitung von Sicherheitsmaßnahmen bei Systemstörungen.
Die Verordnung führt zudem den Begriff des Herstellers ein und bezeichnet damit jene, die die technische Ausrüstung für das Fernlenken bereitstellen. Die Hersteller der technischen Ausrüstung zum Fernlenken treffen gewisse Pflichten, die in § 13 StVFernLV geregelt sind. Demnach müssen sie ein umfassendes Sicherheitskonzept zur funktionalen Sicherheit des Gesamtsystems zum Fernlenken erstellen, Reparatur- und Wartungsinformationen für das Gesamtsystem zum Fernlenken zusammenstellen, ein Konzept zur IT-Sicherheit entwickeln sowie ein Sicherheitskonzept für die Datenverarbeitung gemäß den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) einschließlich Datenschutz-Folgenabschätzung, soweit erforderlich erarbeiten. Alle diese Dokumente sind dem Halter zur Verfügung zu stellen, um einen sicheren und rechtskonformen Betrieb der Fernlenkung zu gewährleisten. Soweit der Hersteller zugleich auch Hersteller im Sinne des Produkthaftungsgesetzes ist, finden dessen Haftungstatbestände uneingeschränkt Anwendung.
Chancen für die Transport- und LogistikbrancheGemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 StVFernLV gelten die Vorschriften zu Lenk- und Ruhezeiten für Fahrzeugführende uneingeschränkt auch für fernlenkende Personen. Dies bezieht sich jedoch ausschließlich auf den jeweiligen Fernlenker, nicht auf das ferngelenkte Fahrzeug selbst. Durch den abwechselnden Einsatz mehrerer fernlenkender Personen ließen sich also Standzeiten reduzieren und somit betriebliche Effizienzen steigern. Die Fahrzeugverfügbarkeit ist hiervon unabhängig; durch Schichtwechsel im Leitstand können Einsatzzeiten des Fahrzeugs verlängert werden, ohne gegen Lenkzeitvorgaben zu verstoßen.
Eine weitere Chance, insbesondere für die Transport- und Logistikbranche, ergibt sich aus der Möglichkeit, Fernlenkung mit autonomen Fahrfunktionen zu kombinieren. Dies ermöglicht ein situationsbezogenes Eingreifen der fernlenkenden Person in komplexen Verkehrssituationen. Eine fernlenkende Person könnte so womöglich mehrere Fahrzeuge gleichzeitig überwachen und situationsbedingt eingreifen, ohne gegen das Verbot des gleichzeitigen Führens mehrerer Fahrzeuge aus § 12 Abs. 2 Nr. 1 StVFernLV zu verstoßen. Ein perspektivisch autonom fahrender Liefertransporter meldet eine Unsicherheit an einer Baustellenumfahrung; die fernlenkende Person übernimmt für wenige Sekunden die Führung, manövriert am Hindernis vorbei und übergibt anschließend wieder an die automatisierte Fahrfunktion. Die Überwachung mehrerer Fahrzeuge ist zulässig, solange die fernlenkende Person jeweils nur ein Fahrzeug aktiv führt und damit das Verbot des gleichzeitigen Führens mehrerer Fahrzeuge (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 StVFernLV) gewahrt bleibt.
Rechtliche und praktische Hürden sind hochDer Genehmigungsprozess ist komplex und ressourcenintensiv. Neben den Anträgen beim Kraftfahrt-Bundesamt und den Landesbehörden müssen Unternehmen Sicherheits- und IT-Konzepte erstellen, hohe technologische Anforderungen erfüllen und eine durchgehende Systemüberwachung implementieren. Empfehlenswert sind frühzeitige Abstimmungen mit KBA und Landesbehörden sowie ein iteratives Test- und Nachweiskonzept.
Investitionsentscheidungen sollten vertraglich abgesichert werdenDie rechtliche Lage ist derzeit befristet und als Erprobungsrahmen ausgestaltet. Nach Abschluss der Evaluationsphase sind Änderungen, Verschärfungen oder Ergänzungen wahrscheinlich, einschließlich möglicher Anpassungen an Sicherheits-, IT- und Überwachungsanforderungen. Unternehmen müssen daher mit regulatorischer Unsicherheit rechnen und ihre Investitionsentscheidungen entsprechend absichern. Ob sich die Fernlenkung im Personen- und Güterverkehr langfristig vom Pilotprojekt zu einer wirtschaftlich tragfähigen und rechtssicheren Betriebsform entwickelt, werden die kommenden Jahre zeigen. Unternehmen sollten daher bei Interesse technische Roadmaps und Compliance-Prozesse modular planen und vertraglich Absicherungen vorsehen.
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Endlich Klarheit für Batteriespeicher – oder doch nicht?
Es ist für viele in der Energiespeicher-Branche eine der ganz wichtigen Nachrichten des Jahres: Auf den letzten Metern des Gesetzgebungsverfahrens zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts und weiterer Vorschriften sorgt der Bundestag unerwartet für Klarheit beim viel diskutierten Thema der Privilegierung von Batteriespeichern im unbeplanten Außenbereich. Nach seinem Gesetzesbeschluss vom 13. November 2025 sind künftig alle Batteriespeicheranlagen mit einer Speicherkapazität von mindestens 1 Megawattstunde (MWh) ausdrücklich durch einen eigenen Tatbestand in § 35 Abs. 1 Nr. 11 BauGB privilegiert.
Dies hat das Potenzial, die Projektentwicklung und Errichtung von Batteriespeichern deutlich zu beschleunigen, auch wenn die materiell-rechtlichen Anforderungen weiterhin gelten und viele andere Herausforderungen (z.B. Netzanschluss, Baukostenzuschuss und Regulierungsfragen) bleiben.
Allerdings hat der Bundesrat die Bundesregierung mit Beschluss vom 21. November 2025 zur Nachjustierung der Neuregelung aufgefordert (BR-Drs. 665/25). Immerhin: Der Bundesrat ließ das Gesetz passieren, die Privilegierung kann also in Kraft treten. Aber ist damit viel gewonnen?
Bisher: Diskussionen und RechtsunsicherheitZum rechtlichen Hintergrund: Bauvorhaben wie Batteriespeicher erhalten nur dann eine Genehmigung, wenn sie planungsrechtlich zulässig sind, also z.B. innerhalb eines für die geplante Nutzung durch Bebauungsplan ausgewiesenen Baugebiets liegen. In Gebieten außerhalb der zusammenhängenden Bebauung von Orten, für die kein Bebauungsplan existiert, d.h. im sog. Außenbereich, sind im Regelfall nur die in § 35 Abs. 1 BauGB konkret aufgelisteten, sogenannten privilegierten Vorhaben zulässig. Nicht privilegierte Vorhaben können gemäß § 35 Abs. 2 BauGB nur im Einzelfall zugelassen werden, weil nach Vorstellung des Gesetzgebers der Außenbereich grundsätzlich von Bebauung freigehalten werden soll. Um nicht privilegierte Vorhaben im Außenbereich zu realisieren, bedarf es daher regelmäßig eines entsprechenden Bebauungsplans.
Bislang wurde diskutiert, ob und unter welchen Voraussetzungen Batteriespeicher privilegierte Vorhaben sein können. In Frage kam dabei eine Privilegierung gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB, die der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität dienende Vorhaben betrifft.
In ständiger Rechtsprechung verlangt das BVerwG zu diesem Tatbestand, dass Anlagen „ortsgebunden“ sind. Nicht ausreichend ist, wenn bloße Lagevorteile bestehen und letztlich der gesamte Außenbereich einer Gemeinde oder einer Vielzahl von Gemeinden als potenziell geeigneter Standort in Betracht kommt. Bisher war daher umstritten, wann Batteriespeicher das Kriterium der „Ortsgebundenheit“ erfüllen: Ist ein rein vermarktungsorientierter Speicher „ortsgebunden“, weil er auf eine möglichst große Nähe des überörtlichen Stromnetzes angewiesen ist? Oder muss es sich um einen sog. co-located Speicher im Zusammenhang mit Wind- oder Solarparks handeln? Oder ist sogar erforderlich, dass der Netzbetreiber die Netzdienlichkeit eines Speichers ausdrücklich bestätigt oder dieser ein Verfahren nach §§ 11a, b EnWG durchlaufen hat, damit er von der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB profitiert?
Die Anwendungspraxis der Behörden war bislang uneinheitlich. Aus Gründen der Rechts- und Investitionssicherheit haben viele Projektentwickler und Kommunen daher bisher – aufwändige und teure – Bebauungsplanverfahren angestrengt, um eine sichere planungsrechtliche Basis für die nachfolgenden Genehmigungsverfahren zu schaffen. Denn auch die für Batteriespeicher grundsätzlich in Betracht kommende Möglichkeit, nach § 43 Abs. 2 Nr. 8 EnWG ein optionales, mit Konzentrationswirkung ausgestattetes Planfeststellungsverfahren für Batteriespeicher ab 50 MW zu eröffnen, hat ihre Tücken und kommt für die meisten Projekte nicht in Betracht.
Neu: Weite planungsrechtliche Privilegierung für Batteriespeicheranlagen gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 11 BauGBDer mit der Änderungsgesetzgebung neu eingeführte § 35 Abs. 1 Nr. 11 BauGB stellt klar: Alle Batteriespeicheranlagen –unabhängig von ihrer Netzdienlichkeit oder Nähe zu Energieerzeugungsanlagen und unabhängig von ihrem Geschäftsmodell – sind künftig ausdrücklich privilegierte Vorhaben im Außenbereich, sofern ihre Speicherkapazität mindestens 1 Megawattstunde (MWh) beträgt.
Die Weite des Privilegierungstatbestands überrascht, wird vielfach doch eine gewisse Steuerung für sinnvoll gehalten und so nun auch im Beschluss des Bundesrats vom 21. November 2025 gefordert. Grund hierfür sind der erhebliche Platzbedarf und Versiegelungsgrad großer Batteriespeicher und die Sorge vor zusätzlichen Netzbelastungen. Allerdings ist die Eindeutigkeit der Privilegierung sehr zu begrüßen. Sollte die jetzt beschlossene Privilegierung nicht nachjustiert werden (was derzeit offen ist), bleibt abzuwarten, ob Batteriespeicher aufgrund technischer und wirtschaftlicher Anforderungen nicht ohnehin in der Nähe von Umspannwerken oder Netzknotenpunkten errichtet werden. Möchte man auf lokaler Ebene auf die Standortwahl Einfluss nehmen, ist – wie bisher schon – eine gewisse planungsrechtliche Steuerung durch Positivplanungen (Bauleit- oder Regionalplanung) möglich.
Auch die Ausweisung von Windenergiegebieten gemäß § 249 Abs. 6a BauGB, zukünftig auch von Solargebieten, in denen grundsätzlich „dienende“ Speicheranlagen mitgeregelt werden können, könnte für eine solche Steuerung sowie für die Sicherung der für den Erneuerbaren-Ausbau erforderlichen Flächen genutzt werden. Die weiteren Möglichkeiten, die die RED III durch die Regelungen zu sog. Infrastrukturgebieten eröffnet, hat der deutsche Gesetzgeber bislang noch nicht umgesetzt.
Ziel der Netzstabilisierung und Speicherausbau: Weitere Änderungen erforderlichSo begrüßenswert die Klarstellung ist – um eine Erhöhung der Netzstabilisierung und Versorgungssicherheit durch einen beschleunigten Zubau von Batteriespeichern zu erreichen, dürften weitere gesetzliche Änderungen und Anpassungen erforderlich sein. Der Bundesrat hat in seiner Entschließung vom 21. November 2025 darauf hingewiesen, dass die Neuregelung drohe, den aktuellen Ausbau rein marktorientierter Batteriespeicher massiv zu verstärken, und zu einem nicht abgestimmten, übermäßigen Stromnetzausbau führen könnte. Er hat die Bundesregierung daher aufgefordert, zeitnah durch Änderung im BauGB selbst sowie im EnWG einer solchen Entwicklung entgegenzuwirken.
Ob eine erneute Gesetzesänderung zeitnah erfolgt und wie diese ausgestaltet wird, ist offen. Selbst wenn der Gesetzgeber den neu geschaffenen Privilegierungstatbestand zugunsten einer stärkeren Betonung der Netzdienlichkeit wieder einschränken sollte, stellt sich die Frage, welche Kriterien hierfür infrage kommen. Würde die Privilegierung auf die nach §§ 11a, b EnWG ausgeschriebenen und daher offensichtlich als netzdienlich anzusehenden Speicheranlagen beschränkt, dürfte die Privilegierung kaum einen Effekt haben. Dies widerspräche der Intention des Gesetzgebers, mit einer eigenständigen Privilegierung den Ausbau der Energiespeicher im Sinne des in § 11c EnWG festgestellten überragenden öffentlichen Interesses an der Energiespeicherung zu fördern. Dies kann auch nicht allein durch die ebenfalls am 13. November 2025 beschlossene Ergänzung des § 11c EnWG erreicht werden, Speicheranlagen bis zur Erreichung der Treibhausgasneutralität als vorrangiger Belang in der Schutzgüterabwägung zu berücksichtigen. Denn ohne Privilegierung von Batteriespeichern im Katalog des § 35 Abs. 1 BauGB wären diese nur als sogenannte sonstige Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB zulässig. Es reichte schon eine bloße Beeinträchtigung der in § 35 Abs. 3 BauGB aus, um Batteriespeicher im Außenbereich zu versagen, ohne dass es zu einer Schutzgüterabwägung kommt. Ob und wie § 35 Abs. 1 Nr. 11 BauGB tatsächlich nachjustiert wird, ist also offen.
Unabhängig von der Frage der Privilegierung müssen Batteriespeicher alle für die Genehmigung erforderlichen und über diese hinaus zu beachtenden inhaltlichen Anforderungen erfüllen. In der Praxis extrem herausfordernd sind insbesondere regulatorische Fragen des Netzzugangs, damit verbundener Gebühren und Baukostenzuschüsse und die Diskussion um Netzentgelte. Auch wenn es sicherlich in diesen Bereichen noch einige Zeit bis zu einer Klärung dauern dürfte, zeigt der im Mai 2025 von der BNetzA angestoßene Diskussionsprozess zur Festlegung der Allgemeinen Netzentgeltsystematik Strom (AgNes) mögliche Weichenstellungen auf. Angesichts der für die Batteriespeicher-Branche erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung dieser Themen wirkt der neu geschaffene Privilegierungstatbestand wie ein „Tropfen auf den heißen Stein“.
Folgen für bestehende Projekte?Die gute Nachricht: Für Investoren, die bereits eine Baugenehmigung auf Grundlage der bisher angewendeten Regelung erhalten haben, schließt der neu geschaffene Privilegierungstatbestand nach seinem Inkrafttreten – da er zugunsten des Bauherrn wirkt – etwaige Anfechtungsrisiken wegen einer bislang zweifelhaften Privilegierung grundsätzlich aus.
Bei Vorhaben, die derzeit noch in einem frühen Stadium sind, sollten die Beteiligten die weiteren Entwicklungen genau beobachten. Für Batteriespeicher, die in einem räumlichen und betriebstechnischen Zusammenhang zu Energieerzeugungsanlagen oder in unmittelbarer Nähe zu einem für den Batteriespeicher nutzbaren Umspannwerk stehen, spricht, dass sie auch im Fall einer Nachjustierung des neuen Privilegierungstatbestands voraussichtlich als planungsrechtlich privilegiert gelten dürften. Anders sollte man bei sog. stand-alone-Batteriespeichern, die vor allem marktorientiert betrieben werden sollen, genau abwägen, ob man möglicherweise bereits begonnene Bebauungsplanverfahren nun stoppt und auf Grundlage des neuen Privilegierungstatbestands – je nach Einzelfall und Landesrecht – eine Baugenehmigung, Genehmigungsfreistellung oder jedenfalls einen (Bau-)Vorbescheid beantragt. Da die materiell-rechtlichen Anforderungen ohnehin zu beachten sind und daher insbesondere die aufwändigen Umweltprüfungen, z.B. zu möglicherweise betroffenen Artenvorkommen, zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen oder zum Ausgleich für einen Eingriff in Natur und Landschaft, die für ein Bebauungsplanverfahren erforderlich sind, auch für die eigentliche Vorhabenzulassung relevant sind, mag die Fortsetzung des Bebauungsplanverfahrens eine mit Blick auf eine mögliche gesetzgeberische Nachjustierung perspektivisch rechtssicherere Perspektive bieten. Zudem mag ein Bebauungsplanverfahren, flankiert durch städtebauliche Verträge, im Einzelfall auch aus Gründen der Akzeptanz und zur Regelung der Erschließung des Speicherprojekts weiterhin sinnvoll sein.
Für viele Batteriespeicherprojekte ist für die Möglichkeit zur Netzanbindung auch ein neues Umspannwerk erforderlich. Neben der ab Spannungsebene 220 kV erforderlichen BImSchG-Genehmigung stellt sich auch für Umspannwerke die Frage der planungsrechtlichen Privilegierung. Die bisherige Diskussion der Privilegierung von Batteriespeichern im Außenbereich blendet diese Folgefragen bislang weitgehend aus.
Projektentwickler sollten daher genau abwägen, ob die nun geschaffene Privilegierung in § 35 Abs. 1 Nr. 11 BauGB für das eigene Projekt der richtige und rechtssichere Weg ist. Für viele Batteriespeicherprojekte dürfte der neue Privilegierungstatbestand aber zumindest die Option für ein schnelleres Genehmigungsverfahren eröffnen, wenn sich der Prozess der Bauleitplanung zu lange hinziehen sollte.
Batteriespeicheranlagen: Unterschiedliche Genehmigungsverfahren in den BundesländernEs bleibt zudem abzuwarten, ob und wie die Bundesländer die Vorgaben für Baugenehmigungsverfahren für Batteriespeicher anpassen werden. Zumeist sind für Batteriespeicher der relevanten Größenordnung Baugenehmigungen oder jedenfalls behördliche Verfahren erforderlich. In Bayern jedoch sind seit 2025 die nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB privilegierten Vorhaben einschließlich Batteriespeicher verfahrensfrei (Art. 57 Abs. 1 Nr. 4c BayBO). Praktischer Nachteil der erheblichen Verfahrensvereinfachung und Beschleunigung: Der Vorhabenträger kann keine für die Rechtssicherheit (Bestandskraftwirkung) und damit die Finanzierung so wichtige Genehmigung und auch keinen Vorbescheid erhalten. In den Vollzugshinweisen wird allerdings erläutert, dass die Verfahrensfreiheit nur für „netzdienliche“ Speicher gelte, also insbesondere bei Verfahren nach §§ 11 a und b EnWG, nicht aber für Batteriespeicher anwendbar sei, „die dem Stromhandel dienen oder Regelleistung bereitstellen“. Ob die Verfahrensfreiheit zukünftig auch auf die neue Nr. 11 ausgeweitet werden wird, ist daher offen.
Regulatorische Themen weiterhin ungeklärtAndere für Projektentwickler, Investoren und Netzbetreiber wichtige Aspekte rund um Batteriespeicher warten hingegen weiterhin auf Klärung. So hat beispielsweise der Bundesrat im Rahmen des aktuellen Gesetzgebungsverfahrens vorgeschlagen, Batteriespeicher explizit vom Anwendungsbereich der Kraftwerks-Netzanschlussverordnung (KraftNAV) auszunehmen. Nach der bisherigen Praxis einiger Netzbetreiber fand die KraftNAV bei Batteriespeichern mit einer Nennleistung ab 100 MW Anwendung, meist jedoch nicht im Hinblick auf das Verbot von Baukostenzuschüssen, sondern nur bezogen auf das Reservierungsverfahren einschließlich der dort vorgesehenen Reservierungsgebühr. Würde der Gesetzgeber Batteriespeicher explizit vom Anwendungsbereich der KraftNAV ausnehmen, so wäre das Netzanschlussverfahren von Batteriespeichern unabhängig von ihrer Größe von den Netzbetreibern diskriminierungsfrei festzulegen. Ob der Gesetzgeber den Vorschlag des Bundesrats aufgreift, bleibt abzuwarten. Die Bundesregierung hat in einer Stellungnahme zumindest eine Prüfung des Vorschlags angekündigt. In diesem Zusammenhang hat auch der Bundestag die Bundesregierung aufgefordert, das Netzanschlussverfahren insb. für große Batteriespeicher zu verbessern.
Bilanz und Ausblick: Was bedeutet die Privilegierung von Batteriespeicheranlagen in der Praxis?Mit der neuen Privilegierung von Batteriespeichern im Außenbereich schafft der Gesetzgeber lang ersehnte Klarheit – noch unklar ist, wie lang diese hält und wie sehr die Privilegierung in der Praxis wirklich helfen wird. Projektentwickler sollten ihre Projekte im Einzelfall überprüfen, wie die Neuregelung nutzbar gemacht werden, insbesondere das Projekt beschleunigen kann oder ob für das konkrete Projekt weiterhin ein Bebauungsplan die insgesamt bessere Vorgehensweise verspricht.
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