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§ 24 KSVG - Abgabepflichtige (Kommentar)
(1) Zur Künstlersozialabgabe ist ein Unternehmer verpflichtet, der eines der folgenden Unternehmen betreibt:
1. Buch-, Presse- und sonstige Verlage, Presseagenturen (einschließlich Bilderdienste),
2. Theater (ausgenommen Filmtheater), Orchester, Chöre und vergleichbare Unternehmen; Voraussetzung ist, daß ihr Zweck überwiegend darauf gerichtet ist, künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen öffentlich aufzuführen oder darzubieten; Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bleibt unberührt,
3. Theater-, Konzert- und Gastspieldirektionen sowie sonstige Unternehmen, deren wesentlicher Zweck darauf gerichtet ist, für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen zu sorgen; Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bleibt unberührt,
4. Rundfunk, Fernsehen,
5. Herstellung von bespielten Bild- und Tonträgern (ausschließlich alleiniger Vervielfältigung),
6. Galerien, Kunsthandel,
7. Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte,
8. Variete- und Zirkusunternehmen, Museen,
9. Aus- und Fortbildungseinrichtungen für künstlerische oder publizistische Tätigkeiten.
(2) Zur Künstlersozialabgabe sind auch Unternehmer verpflichtet,
1. die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und hierbei selbständige Künstler oder Publizisten beauftragen oder
2. die selbständige Künstler oder Publizisten beauftragen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen, wenn im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen erzielt werden sollen.
Die Abgabepflicht nach Satz 1 setzt voraus, dass die Summe der Entgelte nach § 25 für einen in einem Kalenderjahr erteilten Auftrag oder mehrere in einem Kalenderjahr erteilte Aufträge 1.000,00 Euro übersteigt. Eine Abgabepflicht nach Satz 1 besteht in Fällen des Satzes 1 Nummer 2 nicht
1. für Entgelte, die im Rahmen der Durchführung von Veranstaltungen gezahlt werden, wenn in einem Kalenderjahr nicht mehr als drei Veranstaltungen durchgeführt werden, in denen künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen aufgeführt oder dargeboten werden sowie
2. für Musikvereine, soweit für sie Chorleiter oder Dirigenten regelmäßig tätig sind.
1. Inhalt der Regelung
§ 24 KSVG (Künstlersozialversicherungsgesetz) legt fest, wer zur Künstlersozialabgabe verpflichtet ist.
Die Künstlersozialabgabe wird von den sogenannten Verwertern erhoben, um die soziale Absicherung von selbständigen Künstlern und Publizisten zu finanzieren. Denn selbständige Künstler und Publizisten müssen nur etwa die Hälfte der Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung aufbringen, ähnlich wie Arbeitnehmer.
Jede Inanspruchnahme einer künstlerischen oder publizistischen Leistung durch ein Unternehmen kann die Abgabepflicht zur Künstlersozialkasse auslösen.
Im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Betriebsprüfungen durch die Deutsche Rentenversicherung wird auch geprüft, ob das Unternehmen Aufträge an Künstler und Publizisten erteilt hat, welche Entgelte hierfür gezahlt wurden und ob das Unternehmen seiner Melde- und Abgabepflicht (§§ 24, 27 KSVG) nachgekommen ist. Einzelheiten zu der Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung und zur Prüfung der Künstlersozialabgabe können dem Buch „Rentenversicherung - Betriebsprüfung - Haftung“ entnommen werden.
2. Grundlegendes
2.1. Der Begriff des Unternehmers
Abgabepflichtig sind Unternehmer.
Unternehmer im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes sind alle natürlichen Personen, juristischen Personen des privaten und öffentlichen Rechts, Vereinigungen und Einrichtungen, die Werke und Leistungen selbständiger Künstler und Publizisten nutzen; eine erwerbswirtschaftliche Betätigung oder eine Gewinnerzielungsabsicht setzt der Begriff des Unternehmers im Sinne von § 24 KSVG nicht voraus; entscheidend ist die Verwertung künstlerischer oder publizistischer Werke und Leistungen und nicht deren Vermarktung.1
Zu den Unternehmern im Sinne von § 24 KSVG gehören daher auch gemeinnützige Vereine, Körperschaften des öffentlichen Rechts und so weiter.
Ebenso fallen selbständige Künstler, die einen anderen selbständigen Künstler beauftragen, unter den Begriff des Unternehmers.
Jeder, der künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen für die von ihm verfolgten Zwecke in Anspruch nimmt und eine arbeitgeberähnliche Position innehat, erfüllt den Begriff des Unternehmers im Sinne von § 24 KSVG.2
- Keine Unternehmer sind damit nur diejenigen, deren Tätigkeit am Markt (nicht in Bezug auf die Inanspruchnahme von Künstlern/Publizisten) nicht auf Wiederholung angelegt ist.
-
Beispiel 1:
Der gemeinnützige Verein „Bücherfreunde e.V.“ veranstaltet regelmäßig öffentliche Lesungen, zu denen er Autoren einlädt. Eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt der Verein dabei nicht.
-
Ergebnis:
Der Verein „Bücherfreunde e.V.“ ist Unternehmer im Sinne von § 24 KSVG und damit grundsätzlich zur Künstlersozialabgabe verpflichtet.
-
Beispiel 2:
Der selbständige Maler M beauftragt den selbständigen Webdesigner W mit der Erstellung einer Website. Hierfür zahlt M dem W ein Entgelt von 2.500,00 €.
-
Ergebnis:
M ist in Bezug auf die Inanspruchnahme der Leistung des W Unternehmer im Sinne von § 24 KSVG und grundsätzlich zur Künstlersozialabgabe verpflichtet.
Hinweis:
Der Unternehmerbegriff ist im Bereich des KSVG weiter als im Steuerrecht.
2.2. Der Begriff des selbständigen Künstlers oder Publizisten
Selbständige Künstler und Publizisten im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes sind natürliche Personen oder Zusammenschlüsse natürlicher Personen wie die Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder die Partnerschaftsgesellschaft.
- Keine selbständigen Künstler und Publizisten sind Personenhandelsgesellschaften wie die OHG, die KG oder die GmbH & Co KG. Ebenso wenig zählen juristische Personen, wie GmbH, UG, AG oder Verein zu den selbständigen Künstlern und Publizisten. Für deren Inanspruchnahme muss daher keine Künstlersozialabgabe entrichtet werden.
-
Beispiel 1:
Der selbständige Maler M beauftragt die O OHG mit der Erstellung einer Website. Hierfür zahlt M der O OHG ein Entgelt von 2.500,00 €.
-
Ergebnis:
M ist für die Inanspruchnahme der Leistung der O OHG nicht zur Künstlersozialabgabe verpflichtet. Die O OHG fällt nicht unter den geschützten Personenkreis der selbständigen Künstler und Publizisten.
Vielmehr könnte die O OHG selbst abgabepflichtig sein, wenn sie keine angestellten Künstler/Publizisten beschäftigt, sondern durch selbständige Künstler und Publizisten künstlerische oder publizistische Werke erstellen lässt.
Künstler im Sinne des KSVG ist, wer Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt, § 2 KSVG.
Umfasst sind demzufolge die Tätigkeiten
- Schaffen
- Ausüben oder
- Lehren
- Musik, darstellende Kunst oder bildende Kunst.
Publizist im Sinne des KSVG ist, wer als Schriftsteller, Journalist oder in ähnlicher Weise publizistisch tätig ist oder Publizistik lehrt, § 2 KSVG.
Umfasst sind demnach die Verrichtungen
- Tätigsein oder
- Lehren
- Publizistik, das heißt in allen die Öffentlichkeit interessierenden Angelegenheiten durch Buch, Presse, Rundfunk, Film, Fernsehen, Internet.3
Zum geschützten Personenkreis der selbständigen Künstler und Publizisten gehören:
- hauptberuflich tätige Künstler / Publizisten
- nebenberuflich tätige Künstler / Publizisten
- vorübergehend tätige Künstler / Publizisten
- ohne besondere Ausbildung oder Fähigkeiten tätige Künstler / Publizisten.4
- Ausgenommen sind lediglich Personen, die die künstlerische oder publizistische Tätigkeit nur einmalig ausüben und deren Tätigkeit daher jede Nachhaltigkeit fehlt.5
-
Beispiel 2:
Fernsehsender F produziert eine Talk-Show und lädt hierzu gegen Zahlung einer Entschädigung Teilnehmer aus dem breiten Publikum ein, die sich über Fragen des täglichen Lebens oder besondere Lebensschicksale äußern.
-
Ergebnis:
Die Teilnehmer aus dem breiten Publikum sind keine Künstler / Publizisten. Die einmalige Teilnahme an einer Fernsehshow ist keine nachhaltige Tätigkeit.6
Den Begriff der Kunst definiert das Gesetz nicht; ebenso wenig nennt das Gesetz Berufe, die als Kunst ausübend gelten. Die Übernahme der Kunst-Definitionen aus dem Urheberrecht oder dem Steuerrecht verbietet sich vor dem Hintergrund des Zweckes der Künstlersozialversicherung, eine Sicherung der Künstler zu gewährleisten. Auf die Qualität des Kunstwerkes kommt es damit nicht an. Weder die allgemeine Verkehrsanschauung noch die Auffassung der mit Kunst vertrauten Kreise setzen den Maßstab für die Einordnung als Kunst. Der Kunstbegriff verlangt eine eigenschöpferische Leistung, eine besondere Gestaltungshöhe ist jedoch nicht erforderlich.7
Abzugrenzen ist die künstlerische von der (kunst-)handwerklichen Tätigkeit. Entscheidend ist dabei,
-
- ob sich die Tätigkeit ausschließlich auf das künstlerisch-ästhetische Entwerfen von Produkten beschränkt → dann künstlerische Tätigkeit (Produkt-Design) oder
- ob die Tätigkeit eine Kombination aus Entwurf und handwerklicher Umsetzung dieses Entwurfes darstellt → dann insgesamt handwerklicher Bereich.8
-
Beispiel 3:
Unternehmen U produziert Beschläge für Fenster und Türen. U bietet dabei auch Beschläge an, die auf Entwürfen namhafter selbständiger Designer und Architekten beruhen. In allen Fällen fertigt U die Beschläge zunächst als Einzelstück aufgrund eines Entwurfs eines anerkannten Architekten an. Werden diese Beschläge in größerer Zahl nachgefragt, schließt U mit dem Architekten einen Lizenzvertrag. Darin wird dem U die Verwendung der Entwürfe in einer Serienproduktion gegen eine Umsatzbeteiligung des Architekten gestattet.
-
Ergebnis:
U nimmt die künstlerische Leistung eines Architekten in Anspruch. Die Erstellung von Entwürfen für Tür- und Fensterbeschläge durch Architekten stellt eine künstlerische Tätigkeit dar; sie ist dem Bereich bildende Kunst zuzuordnen.9
3. Typische Abgabepflichtige, § 24 Abs. 1 KSVG
§ 24 Abs. 1 KSVG zählt typische Unternehmen auf, die regelmäßig künstlerische und publizistische Leistungen und Werke verwerten. Diese Unternehmen sind von Gesetzes wegen zur Meldung und zur Abgabe verpflichtet.
Zu diesen Unternehmen gehören:
- Buch-, Presse- und sonstige Verlage, Presseagenturen (einschließlich Bilderdienste),
- Theater (ausgenommen Filmtheater), Orchester, Chöre und vergleichbare Unternehmen unter der Voraussetzung, dass ihr Zweck überwiegend darauf gerichtet ist, künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen öffentlich aufzuführen oder darzubieten,
- Theater-, Konzert- und Gastspieldirektionen sowie sonstige Unternehmen, deren wesentlicher Zweck darauf gerichtet ist, für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen zu sorgen,
- Rundfunk und Fernsehen,
- Herstellung von bespielten Bild- und Tonträgern (nicht jedoch: alleinige Vervielfältigung),
- Galerien und Kunsthandel,
- Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte,
- Varieté- und Zirkusunternehmen, Museen,
- Aus- und Fortbildungseinrichtungen für künstlerische oder publizistische Tätigkeiten.
4. Abgabepflichtige aufgrund Eigenwerbung, § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 KSVG
§ 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 KSVG verpflichtet Unternehmer, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und hierbei selbständige Künstler oder Publizisten beauftragen, zur Künstlersozialabgabe.
4.1. Eigenwerbung
Der Unternehmer muss für Zwecke seines eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben.
Werbung liegt vor, wenn mit Werbemitteln einzelne Personen oder ganze Konsumentengruppen beeinflusst und zum Kauf von Gütern und Dienstleistungen angeregt werden sollen; zur Werbung gehört dabei die Herstellung, die Anwendung und die Verbreitung der Werbemittel.10
Öffentlichkeitsarbeit umfasst Maßnahmen zum Aufbau eines positiven Images, zur Steigerung der Bekanntheit und Gewinnung von Kunden oder auch der Schaffung von Vertrauen.11
Ausreichend ist die Inanspruchnahme und Verwertung künstlerischer und publizistischer Leistungen für Zwecke des Unternehmens; dass mit der Inanspruchnahme und Verwertung auch Gewinne erzielt werden (sollen), ist ohne Bedeutung.12
- Der Tatbestand „für Zwecke des eigenen Unternehmens“ ist auch dann erfüllt, wenn mit der künstlerischen Leistung nicht nur das eigene Produkt angepriesen wird, sondern mit der künstlerischen Leistung das Unternehmen mittelbar in der Öffentlichkeit wahrnehmbar(-er) gemacht wird.
-
Beispiel 1:
Krankenkasse K gibt eine Mitgliederzeitschrift sowie weitere Broschüren heraus. Hierfür engagiert K selbständige Fotografen, Journalisten und wissenschaftliche Autoren.
-
Ergebnis:
K ist zur Künstlersozialabgabe verpflichtet. Dass K mit der Mitgliederzeitschrift auch ihrer gesetzlichen Aufklärungspflicht nachkommt, schließt Eigenwerbung nicht aus. Tatsächlich dient die Zeitschrift und die Broschüren der Mitgliederwerbung, um die Beitragseinnahmen der K zu erhöhen.13
-
Beispiel 2:
Das Versandhandelsunternehmen V erstellt regelmäßig Kataloge. Hierfür beauftragt V selbständige Werbefotografen und Layouter.
-
Ergebnis:
V ist zur Künstlersozialabgabe verpflichtet. Mit den Katalogen gibt V nicht nur Preisinformationen, vielmehr betreibt V mit den Versandhauskatalogen Werbung.14
4.2. Beauftragung von selbständigen Künstlern und Publizisten
„Das Tatbestandsmerkmal der "Erteilung von Aufträgen" in § 24 Abs 2 KSVG beschränkt sich nicht - wie es der Wortlaut zunächst nahe legt - auf die Fälle, in denen ein Werk oder eine Leistung von dem Künstler nach Auftragserteilung erst geschaffen bzw erbracht wird. Dies ist nur der typische Fall, den der Gesetzgeber bei der Formulierung des Tatbestandes vor Augen hatte. Der Wortlaut ist ungenau und untechnisch zu verstehen. Rechtlich geht es nicht um "Aufträge", sondern um den Abschluss von entgeltlichen Verträgen, in der Regel um Werkverträge. Wenn § 24 KSVG den Zweck hat, alle Unternehmen der Abgabepflicht zu unterwerfen, die aus wirtschaftlichen Gründen künstlerische Werke und Leistungen zu eigenen Zwecken verwerten, kann es allein darauf ankommen, ob ein Vertrag über die "Verwertung" eines künstlerischen Werkes geschlossen wird, und zwar unabhängig davon, ob das Werk schon erstellt worden ist oder erst noch geschaffen werden muss.“15
Die Beauftragung umfasst damit alle entgeltlichen Verträge mit selbstständigen Künstlern oder Publizisten über die Verwertung beziehungsweise Vermarktung von deren künstlerischen oder publizistischen Werken oder Leistungen.16
Zur Beauftragung eines selbständigen Künstlers und Publizisten im Sinne des KSVG gehört demnach
- sowohl die Schaffung eines Werkes
- als auch die Nutzung eines Werkes.
4.3. Umfang der Beauftragung
Die Abgabepflicht für Unternehmer, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit betreiben und hierbei selbständige Künstler oder Publizisten beauftragen, entsteht nur, wenn der Unternehmer in einem Kalenderjahr Entgelte von insgesamt mehr als 1.000,00 € für einen Auftrag oder mehrere Aufträge an selbständige Künstler und Publizisten zahlt.
Ein Unternehmer, der insgesamt nur 500,00 € im Jahr für die Inanspruchnahme künstlerischer oder publizistischer Werke und Leistungen ausgibt, gehört nicht zu den Abgabepflichtigen. Er muss daher auch keine Meldung an die Künstlersozialkasse erstatten.
4.4. Zusammenfassung und Checkliste
Abgabepflicht nach § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 KSVG (Eigenwerbung) besteht unter folgenden Voraussetzungen:
- Auftraggeber ist Unternehmer im Sinne des KSVG
- Auftragnehmer ist selbständiger Künstler oder Publizist im Sinne des KSVG
- Verwertung eines künstlerischen / publizistischen Werkes beziehungsweise einer künstlerischen / publizistischen Leistung
- für Zwecke des eigenen Unternehmens
- durch Betreiben von Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit (auch ohne Gewinnerzielungsabsicht)
- Übersteigen der Bagatellgrenze von 1.000,00 €/Jahr
5. Abgabepflichtige nach der Generalklausel, § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 KSVG
§ 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 KSVG verpflichtet Unternehmer, die selbständige Künstler oder Publizisten beauftragen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen, wenn im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen erzielt werden sollen, ebenfalls zur Künstlersozialabgabe.
5.1. Nutzung und Einnahmeerzielung
Der Unternehmer muss Werke oder Leistungen selbständiger Künstler und Publizisten nutzen; das heißt, er muss diese verwerten, wobei es unerheblich ist, ob das Werk bereits erstellt ist und genutzt wird oder ob es erst erschaffen werden muss (siehe insofern den Abschnitt „Beauftragung von selbständigen Künstlern und Publizisten“).
Die Verwertung muss für Zwecke des eigenen Unternehmens erfolgen und mit der Absicht, Einnahmen zu erzielen.
Erfasst werden sollen damit Unternehmen, die zwar nicht zu den typischen Verwertern von künstlerischen und publizistischen Werken und Leistungen gehören, also nicht § 24 Abs. 1 KSVG unterfallen, die aber solche Werke und Leistungen nutzen und damit Einnahmen erzielen. Damit soll der Vielfalt der Kunst und Publizistik sowie deren Weiterentwicklung und auch der Veränderung der Verwertungsformen Rechnung getragen werden.
Abzugrenzen sind derartige Verwertungen von dem bloßen Erwerb, Kauf oder Konsum von künstlerischen oder publizistischen Werken oder Leistungen. Dazu soll das Merkmal der Einnahmeerzielungsabsicht dienen.
Das bedeutet aber auch, zwischen der Beauftragung selbständiger Künstler oder Publizisten einerseits und der Erzielung von Einnahmen andererseits muss hier ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen. Dieser unmittelbare Zusammenhang zwischen Kunstverwertung und Einnahmeerzielung ist dagegen bei den typisch Abgabepflichtigen nach § 24 Abs. 1 KSVG nicht vorausgesetzt.17
Einnahmen werden zum Beispiel durch den Verkauf von Eintrittskarten erzielt. Ob auch Gewinn erwirtschaftet wird, ist jedoch unerheblich.18
5.2. Umfang der Beauftragung
Die Abgabepflicht für Unternehmer, die selbständige Künstler oder Publizisten beauftragen, um deren Werke oder Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens zu nutzen und im Zusammenhang mit dieser Nutzung Einnahmen erzielen, entsteht nur, wenn der Unternehmer in einem Kalenderjahr Entgelte von insgesamt mehr als 1.000,00 € für einen Auftrag oder mehrere Aufträge an selbständige Künstler und Publizisten zahlt. Hier gilt das Gleiche wie für Unternehmer im Sinne von § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 KSVG, die Eigenwerbung betreiben.
5.3. Anzahl der Veranstaltungen
- Wird die Bagatellgrenze von 1.000,00 € (siehe Abschnitt „Umfang der Beauftragung“) nicht überschritten, kommt es auf die Anzahl der Veranstaltungen nicht an.
-
Beispiel 1:
Unternehmer U veranstaltet sechs Liederabende, um den Umsatz seines Gaststättenbetriebes zu steigern. Hierfür engagiert er eine Amateur-Band, für die er jeweils 100,00 € zahlt. Insgesamt hat U damit Entgelte für künstlerische Leistungen von 600,00 € im Kalenderjahr aufgewendet.
-
Ergebnis:
U ist nicht zur Künstlersozialabgabe verpflichtet. Er hat nicht mehr als 1.000,00 € für die Aufträge an die selbständigen Künstler gezahlt.
Eine Veranstaltung liegt vor, wenn künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen aufgeführt oder dargeboten werden.
Die Veranstaltung im Sinne von § 24 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 KSVG ist dabei von dem Auftrag zur Aufführung oder Darbietung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen zu unterscheiden. Eine Veranstaltung kann demnach mehrere solcher Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten beinhalten. Entscheidend ist nicht, ob mehr als drei Aufträge erteilt werden, maßgebend ist vielmehr, ob mehr als drei Veranstaltungen durchgeführt werden.
Bei mehrtägigen Veranstaltungen entscheiden die Umstände des Einzelfalls sowie die Verkehrsauffassung, ob eine oder mehrere Veranstaltungen gegeben sind.
Zu berücksichtigen sind dabei alle mit der Auftragserteilung verbundenen Umstände, wie
- Zahl und Umfang der Aufträge an selbständige Künstler und Publizisten,
- die damit verbundene Einnahmeabsicht
- sowie die weiteren tatsächlichen Verhältnisse.19
Eine zeitliche Unterbrechung spricht für das Vorliegen von mehr als einer Veranstaltung.
Zu den weiteren Differenzierungsmerkmalen können beispielsweise gehören
-
- die Art der angebotenen Eintrittskarten,
- das Angebot von Übernachtungsmöglichkeiten,
- eine einheitliche Werbung,
- die Regelmäßigkeit der Durchführung der Veranstaltung,
- die Größe der Veranstaltung.20
-
Beispiel (einheitliche Veranstaltung):
Verein V veranstaltet im Laufe eines Jahres durch den vereinseigenen Chor ein Frühjahrs-, ein Herbst- und ein Weihnachtskonzert, wobei das Weihnachtskonzert aufgrund der großen Nachfrage wiederholt aufgeführt wird. Für die Konzerte engagiert der Verein jeweils freie Solisten und Instrumentalmusiker.
-
Ergebnis:
Verein V ist nicht nach § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 KSVG abgabepflichtig; er hat nur 3 Veranstaltungen durchgeführt. Das Weihnachtskonzert, das wiederholt wurde, gilt als nur eine Veranstaltung aus den folgenden Gründen.
Das Weihnachtskonzert wurde- unter dem gleichen Namen, am gleichen Ort und in gleicher Besetzung ein zweites Mal aufgeführt
- einheitlich als eine Veranstaltung beworben
- nur aufgrund der Nachfrage und der zu geringen Platzzahl im Konzerthaus wiederholt
Weiter wurden - die freien Solisten und Musiker nur durch einen Vertrag beauftragt und erhielten ein Pauschalhonorar für beide Konzerte
- die Probetermine und die Generalprobe galt für beide Konzerte
- die organisatorischen Arbeiten, wie Herrichtung des Raumes, Aufbau, Bereitstellung der Technik, Ticket-Verkauf sind nur einmalig angefallen.21
5.4. Spezialfall Musikvereine
Eine Abgabepflicht besteht nicht für Musikvereine, soweit Chorleiter oder Dirigenten regelmäßig für den Musikverein tätig sind.
- Das bedeutet, regelmäßig für den Musikverein tätige Chorleiter/Dirigenten bleiben unberücksichtigt, und zwar bezüglich der Bagatellgrenze von 1.000,00 € beziehungsweise der Anzahl der Veranstaltungen. Im Übrigen gelten jedoch die gleichen Regelungen wie für jeden Unternehmer.
-
Beispiel Musikverein:
- Chor C gehört zum Trägerverein V.
- Nach der Satzung des V ist Zweck des Vereins das gemeinsame Musizieren, die Pflege des Chorgesanges und die Entfaltung des kulturellen und gesellschaftlichen Potentials von Chormusik. Dem sollen regelmäßige Proben, die Pflege von Kontakten zu Partnerchören, insbesondere zur Partnerstadt F, und Aufführungen von gemeinsam erarbeiteten Werken dienen.
- Chor C besteht aus 120 Laien-Sängern. Zwei Drittel der Laien-Sänger sind auch Mitglied des Trägervereins V.
- Für den Verein ist ein professioneller Chorleiter tätig.
- Der Chor führt innerhalb eines Jahres immer wieder Konzerte auf. Dabei lässt er sich von freien Solisten und Instrumentalmusikern begleiten, denen er für den jeweiligen Auftritt ein Entgelt zahlt. Die Laien-Sänger werden nicht vergütet.
- Der Chor bereitet die Konzerte in wöchentlichen Proben vor und zusätzlich in Probenwochenenden vor einem Auftritt.
- Weiter finden Chorfahrten zu Partnerchören statt sowie sonstige gemeinsame Aktivitäten der Chormitglieder.
- Unterstützung erhält der Trägerverein V durch einen selbständigen Förderverein.
- Im Jahr 2007 führt der Chor drei Konzerte auf.
- Den freien Solisten und Instrumentalmusikern werden im Jahr 2007 insgesamt 90.000,00 € an Honoraren gezahlt.
-
Ergebnis:
- Trägerverein V ist nicht zur Künstlersozialabgabe verpflichtet.
- Verein V ist kein typischer Verwerter im Sinne von § 24 Abs. 1 KSVG.
- Der Zweck des Vereins V ist nicht überwiegend darauf gerichtet, künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen öffentlich aufzuführen oder darzubieten, § 24 Abs. 1 Nr. 2 KSVG. Die Mitglieder des Chores sind Laien; sie pflegen ein Hobby. Im Vordergrund steht die gemeinsame Freizeitbeschäftigung. Die öffentlichen Auftritte finden nur dreimal im Jahr statt. Nur dafür werden freie Solisten und Instrumentalmusiker gegen ein Honorar beauftragt.
- Wesentlicher Zweck des Vereins V ist auch nicht, für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen zu sorgen, § 24 Abs. 1 Nr. 3 KSVG. Vielmehr ist der Zweck des Vereins auf den Betrieb eines Laien-Chores gerichtet, wobei der Verein seine eigenen Veranstaltungen organisiert.
- Die Beauftragung und Bezahlung eines professionellen Chorleiters bleibt unberücksichtigt, § 24 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 KSVG.
- Verein V ist auch kein atypischer Verwerter im Sinne von § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 KSVG.
- Es werden nicht mehr als drei Veranstaltungen im Kalenderjahr durchgeführt.22
5.5. Zusammenfassung und Checkliste
Abgabepflicht nach § 24 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 KSVG (Generalklausel) besteht unter folgenden Voraussetzungen:
- Auftraggeber ist Unternehmer im Sinne des KSVG
- Auftragnehmer ist selbständiger Künstler oder Publizist im Sinne des KSVG
- Verwertung eines künstlerischen / publizistischen Werkes beziehungsweise einer künstlerischen / publizistischen Leistung
- für Zwecke des eigenen Unternehmens
- mit der Absicht der Erzielung von Einnahmen
- Übersteigen der Bagatellgrenze von 1.000,00 €/Jahr
- mehr als drei Veranstaltungen im Kalenderjahr.
- 1. vgl. BSG vom 08.10.2014, B 3 KS 1/13 R
- 2. vgl. BSG vom 08.10.2014, B 3 KS 1/13 R
- 3. Duden „Publizistik“
- 4. vgl. BSG vom 28.09.2017, B 3 KS 3/15 R
- 5. Vgl. BSG vom 28.09.2017, B 3 KS 3/15 R
- 6. vgl. BSG vom 28.08.1997, 3 RK 13/96
- 7. Vgl. BSG vom 25.10.1995, 3 RK 24/94; BSG vom 24.06.1998, B 3 KR 13/97 R
- 8. Vgl. BSG vom 30.01.2001, B 3 KR 1/00 R
- 9. Vgl. BSG vom 30.01.2001, B 3 KR 1/00 R
- 10. vgl. BSG vom 12.11.2003, B 3 KR 8/03 R
- 11. vgl. BSG vom 28.09.2017, B 3 KS 3/15 R
- 12. vgl. BSG vom 04.03.2004, B 3 KR 6/03 R
- 13. BSG vom 20.04.1994, 3/12 RK 66/92
- 14. BSG vom 12.11.2003, B 3 KR 8/03 R
- 15. BSG vom 30.01.2001, B 3 KR 1/00 R
- 16. vgl. BSG vom 16.07.2014, B 3 KS 3/14 B
- 17. vgl. BSG vom 12.04.1995, 3 RK 1/94
- 18. vgl. BSG vom 12.04.1995, 3 RK 1/94
- 19. vgl. BSG vom 08.10.2014, B 3 KS 6/13 R
- 20. vgl. BSG vom 08.10.2014, B 3 KS 6/13 R
- 21. vgl. LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2016, L 11 R 584/14
- 22. vgl. LSG Baden-Württemberg vom 26.01.2016, L 11 R 584/14