Bundestag | Aktuelle Themen

Inhalt abgleichen
Letztes Update: vor 46 Minuten 38 Sekunden

Einführung einer Digitalabgabe oder einer Digitalsteuer

Mi, 05.11.2025 - 18:35
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht sich für eine Besteuerung von Werbeumsätzen von Onlineplattformen und Suchmaschinen aus. Ihren Antrag „Digitalabgabe für Werbeumsätze einführen – Medienvielfalt und Kulturstandort stärken“ (21/2247) hat der Bundestag am Mittwoch, 5. November 2025, zusammen mit einem Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel "Steuergerechtigkeit im digitalen Zeitalter – Digitalsteuer einführen" (21/2536) erstmals beraten. Nach der Debatte überwiesen die Abgeordneten die Vorlagen an die Ausschüsse. Bei den weiteren Beratungen übernimmt der Ausschuss für Kultur und Medien die Federführung für den Grünen-Antrag und der Finanzausschuss für den Antrag der Linken. Antrag der Grünen Die Abgeordneten verweisen auf den Koalitionsvertrag von Union und SPD, mit dem verabredet worden sei, die „Einführung einer Abgabe für Onlineplattformen, die Medieninhalte nutzen“ zu prüfen. Eine stärkere Heranziehung von Digitalkonzernen ist aus Sicht der Grünen grundsätzlich zu begrüßen, müsse aber mit politischer Priorität und zeitnah in die Tat umgesetzt werden. „Sie sollte zielgerichtet, effektiv und rechtssicher ausgestaltet werden“, heißt es im Antrag. Die Einnahmen sollten für eine Stärkung von Medienvielfalt, vielfältiger Kulturangebote sowie Medienkompetenz vorgesehen werden. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, eine transparente, rechtsfest definierte Bemessungsgrundlage zu schaffen, um mindestens zehn Prozent der Werbeumsätze von Onlineplattformen und Suchmaschinen einzunehmen. Die Einnahmen seien für die Förderung des Medien- und Kulturstandortes und von Medienkompetenz vorzusehen, „um Nachteile auszugleichen, die Kultur- und Medienschaffenden und der Gesellschaft durch digitale Plattformen entstehen“. Nationale Besteuerung „nur ein erster Schritt“ Da aus Sicht der Fraktion eine nationale Besteuerung von Werbeumsätzen nur ein erster Schritt sein kann, soll sich die Regierung für eine einheitliche Besteuerung der Umsätze von Digitalkonzernen auf europäischer Ebene einsetzen. Sie soll darauf hinwirken, dass eine solche Steuer perspektivisch als neues Eigenmittel für den Haushalt der Europäischen Union ausgestaltet wird. National soll sie nach den Vorstellungen der Grünen mit weiteren Schritten, insbesondere einer Verbreiterung der Bemessungsgrundlage auf Umsätze von E-Commerce und Cloud-Services, vorangehen. Antrag der Linksfraktion Die Linksfraktion spricht sich für die Einführung einer Digitalsteuer von mindestens zehn Prozent auf in Deutschland erwirtschaftete Umsätze aus Geschäften mit Werbung, Social-Media-Diensten, Suchmaschinen, Online-Marktplätzen und dem Handel mit Nutzerdaten aus. In einem entsprechenden Antrag (21/2536) fordert Die Linke die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Richtlinien-Vorschlag der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2018 für eine solche Digitalsteuer berücksichtigt und für Unternehmen mit einem globalen Jahresumsatz von mindestens 250 Millionen Euro gelten soll. Nach dem Willen der Fraktion soll sich die Bundesregierung zudem auf der EU-Ebene für die Wiederbelebung des Kommissionsvorschlages einsetzen. Die Linksfraktion verweist darauf, dass Konzerne, die ihr Geld mit digitalen Leistungen verdienen, in vielen Fällen nicht angemessen besteuert würden. Nach Schätzungen des Netzwerkes Steuergerechtigkeit zahlten zum Beispiel die vier größten US-Digitalkonzerne (Alphabet, Meta, Apple, Microsoft) lediglich 3,4 Prozent Steuern auf in Deutschland erwirtschaftete Gewinne. (aw/hau/05.11.2025)

Plenardebatte über UN-Klimakonferenz in Belém

Mi, 05.11.2025 - 17:50
Die UN-Klimakonferenz in Belém (Brasilien) vom 10. bis 21. November stand im Mittelpunkt einer Bundestagsdebatte am Mittwoch, 5. November 2025. Den Abgeordneten lagen dazu mehrere Anträge vor. Den von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD eingebrachten Antrag mit dem Titel „Klimakonferenz in Belém: Neuer Schwung für den internationalen Klimaschutz“ (21/2540) nahm das Parlament nach der Debatte mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen an. Die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und AfD votierten gegen die Vorlage, Die Linke enthielt sich der Stimme. Keine Mehrheit fand hingegen ein Grünen-Antrag mit dem Titel „Klimawende statt Klimakollaps – UN-Klimakonferenz in Belém globale Führung übernehmen“ (21/2246 neu). Die Vorlage wurde gegen das Votum der Antragsteller bei Enthaltung der Linken zurückgewiesen. Den Antrag „Globale Solidarität von Berlin bis Belém – Für das Menschenrecht auf Klimaschutz – Greenwashing bei der UN-Klimakonferenz verhindern" (21/2535), den Die Linke eingebracht hatte, überwiesen die Abgeordneten zur weiteren Beratungen an den Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Antrag der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD formulieren in ihrem Antrag (21/2540) ihre Erwartungen an die Bundesregierung mit Blick auf die UN-Klimakonferenz. Sie fordern die Bundesregierung unter anderem auf, darauf hinzuwirken, dass die neue Klimafinanzierungsverpflichtung von mindestens 300 Milliarden US-Dollar pro Jahr durch die Industrieländer bis 2035 mit Leben gefüllt wird. China und weitere finanziell starke Schwellenländer sollten sich stärker als bislang beteiligen, so die Koalitionsfraktionen. Ziel sei es auch, die Baku-to-Belém-Roadmap mit Leben zu füllen. Die Roadmap sehe vor, die Klimafinanzierung aus zusätzlichen Quellen von weiteren Gebern sowie durch private Mittel zu mobilisieren. Auf EU-Ebene soll sich die Bundesregierung laut Antrag unter anderem für ein EU-Klimaziel von netto minus 90 Prozent für das Jahr 2040 sowie einen nationalen Klimabeitrag (NDC) für das Jahr 2035 einsetzen, der die Anrechnung von “hochqualifizierten Zertifikaten nach Artikel 6 des Übereinkommens von Paris in begrenztem Umfang„ ermöglicht. Hinsichtlich des Klimaziels 2040 fordern die Abgeordneten zudem eine Revisionsklausel, die den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen, dem technologischen Fortschritt und sich wandelnden Herausforderungen und Chancen für die globale Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union Rechnung trägt. In Deutschland solle die Bundesregierung mithilfe von Mitteln aus dem europäischen Klimasozialfonds dafür sorgen, dass besonders belastete Haushalte bei der Einführung des neuen europäischen Emissionshandelssystems für Wärme und Verkehr (ETS II) unterstützt werden, heißt es im Antrag. Darüber hinaus fordern die Abgeordneten, die nationale und europäische CO2-Bepreisung aufeinander abzustimmen, um Doppelbelastungen zu verhindern. Abgelehnter Antrag der Grünen Die Grünen pochten in ihrem abgelehnten Antrag (21/2246 neu) auf eine Führungsrolle Deutschlands und der EU bei den Verhandlungen auf der bevorstehenden Weltklimakonferenz im brasilianischen Belém. In ihrem Antra forderte die Fraktion die Bundesregierung auf, die internationale Klimapolitik zur „Chefsache“ zu erklären und den Bundeskanzler zu beauftragen, „den von ihm verursachten Schaden mithilfe einer neuen klimadiplomatischen Initiative zu beheben“. Rückschritte und Verwässerungen der nationalen und europäischen Klimapolitik müssten sofort beendet werden. Auf EU-Ebene müsse ein Klimaziel von mindestens 90 Prozent Emissionsreduktion bis 2040 „tatkräftig unterstützt werden“, verlangen die Abgeordneten. Zudem sollten wirksame neue Maßnahmen für den Klimaschutz umgesetzt werden, um die Treibhausgas-Emissionen in allen Sektoren schnell und nachhaltig zu senken. "Verbindliche Ausstiegsdaten festlegen" Daneben drängten die Grünen darauf, verbindliche Ausstiegsdaten für alle fossilen Energien festzulegen, keine neuen Langfristverträge für zusätzliches Fracking-Gas einzugehen und die Genehmigung neuer fossiler Projekte in Deutschland mit sofortiger Wirkung zu stoppen. So soll dem COP28-Beschluss sowie dem Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH) zu den Verpflichtungen der Staaten für den Klimaschutz Folge geleistet werden. Weitere Forderungen des Antrags zielten auf die schrittweise Abschaffung bestehender klima- oder umweltschädlicher Subventionen, die „Unterstützung einer globalen Besteuerung fossiler Konzerne und Milliardäre“ sowie einer internationalen Luftverkehrs- und Schifffahrtsabgabe und die Einhaltung der deutschen Verpflichtungen zur internationalen Klima- und Biodiversitätsfinanzierung ab. Antrag der Linksfraktion Die Fraktion Die Linke fordert Klimagerechtigkeit. In einem Antrag (21/2535) fordert sie die Klimakonferenz unter anderem dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass die Rechte der von der Klimakrise besonders betroffenen Bevölkerungsgruppen – wie indigener und lokaler Gemeinschaften – in der nationalen und internationalen Klimapolitik in den Mittelpunkt gestellt werden. In der Vorlage heißt es unter anderem, ihre Veto-Rechte in Fragen, die ihre Lebensgrundlagen unmittelbar betreffen, sollten sichergestellt werden. Zudem wird Deutschland als einer der weltgrößten CO2-Verursacher aufgefordert, sich für umfassende Schuldenerlasse und gerechte Klimareparationen für Länder des Globalen Südens einzusetzen sowie international aktiv für eine verbindliche Schuldenregelung einzutreten. Die Abgeordneten verlangen außerdem von der Bundesregierung, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der das Ziel der Klimaneutralität Deutschlands bis 2040 festschreibt, entsprechende sozial gerechte Maßnahmen vorsieht und sicherstellt, dass das Ziel ausschließlich durch „tatsächliche Emissionsminderungen im Inland“ erreicht wird. Auf EU-Ebene solle „mindestens das Emissionsminderungsziel von 90 Prozent bis 2040“ festgeschrieben werden. (sas/hau/05.11.2025)

6. Sitzung des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung

Mi, 05.11.2025 - 17:30
Der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung (PBnE) ist am Mittwoch, 5. November 2025, zu einer öffentlichen Sitzung zusammengekommen. Auf der Tagesordnung stand unter anderem ein Fachgespräch zum Thema „Neue technische Lösungen für nachhaltiges wirtschaften und leben“. Zu den Aufgaben des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung zählen unter anderem die parlamentarische Begleitung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie der Regierung, vor allem bei der Fortentwicklung der Indikatoren und Ziele, bei der Festlegung und Konkretisierung von Maßnahmen und Instrumenten zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie, sowie bei der Vernetzung wichtiger nachhaltigkeitsrelevanter Politikansätze. Darüber hinaus begleitet das Gremium die Nachhaltigkeitspolitik der Regierung auf europäischer Ebene sowie auf Ebene der Vereinten Nationen. (05.11.2025)

Kinderfotos im Netz: Fachgespräch zu Sharenting und Kinderinfluencern

Mi, 05.11.2025 - 17:00
Kinderrechten und dem Kindeswohl muss auch im Internet uneingeschränkt Geltung verschafft werden. Darin waren sich Sachverständige und Politik im Fachgespräch der Kinderkommission des Deutschen Bundestages zum Thema „Sharenting und Kinderinfluencer ‒ Kommerzialisierung von Kindheit (Teil 1)“ am Mittwoch, 5. November 2025, einig. Wegen des sich rasant entwickelnden digitalen Raums – sowohl als Teil des Familienlebens als auch als Ort wirtschaftlicher Aktivitäten, beispielsweise von Influencer-Eltern – seien der Gesetzgeber und die Rechtsprechung gefordert, den Kinderschutz in diesem Lebensbereich zu verbessern. „Kinder sind keine Klicks" Das Phänomen des sogenannten „Sharenting“, bei dem Eltern ihre Kinder in den Sozialen Medien in Bildern und Videos vermarkten, um Klicks zu generieren und den Verkauf von Produkten anzukurbeln, geht laut den Experten mit Gefahren für das Kindeswohl einher. Sorgeberechtigte setzten mit dieser Praxis Gesundheit, Wohlbefinden und eine freie Persönlichkeitsentwicklung ihrer minderjährigen Schutzbefohlenen oft leichtfertig aufs Spiel. Die Kinderkommission als Unterausschuss des Familienausschusses wolle dazu beitragen, die Missstände in dem Bereich zu beseitigen, sagte der Kiko-Vorsitzende Michael Hose (CDU/CSU). „Kinder sind keine Klicks. Wir müssen sie besser schützen.“ Es gelte jetzt, „rechtliche Regelungen“ zu treffen, "die tragen, und gleichzeitig die Medienkompetenz“ in der Gesellschaft zu stärken. Verletzung des Persönlichkeitsrechts Die Rechtsanwälte Dr. Jörn Claßen, Dr. Richard Kindling und Dr. Lea Schwob von der Kanzlei Brost Claßen Rechtsanwälte für Medien- und Markenrecht stellten ein Rechtsgutachten zu dem Thema mit dem Titel „Kindeswohlgefährdung durch kommerzielle Veröffentlichung von Kinderfotos und -videos im Internet“ vor, das vom Deutschen Kinderhilfswerk und der Organisation Compact in Auftrag gegeben wurde. Das unbedachte Teilen von Kinderfotos in den Sozialen Medien gehöre zum alltäglichen Verhalten vieler Eltern, sagte Claßen. Die Persönlichkeitsrechtsverletzungen zulasten von Kindern in Deutschland gingen in die Tausende, man habe es mit einem weiter zunehmenden Phänomen zu tun. In Extremfällen könne dies die Heranwachsenden in ihrer freien Entwicklung beeinträchtigen. "Das Familienleben wird kommerzialisiert" So würden beim „family influencing“ Kinder ungefragt in die Werbevideos ihrer Influencer-Eltern hineingezogen. Die Videos entstehen oft in den eigenen vier Wänden und geben so viel Privates preis, so der Rechtsanwalt. „Die Tür zum Kinderzimmer wird für ein Millionenpublikum geöffnet. Das Familienleben wird im Grunde kommerzialisiert.“ Es bestehe Handlungsbedarf, „da es aktuell keine klaren rechtlichen Vorgaben gibt, wann Fotos veröffentlicht werden dürfen und wann nicht – keine rechtliche Orientierungshilfe für Eltern, Behörden und Gerichte.“ Aufklärung und weitere Verrechtlichung Dem Fehlverhalten, sei es aus Unwissen oder mit Vorsatz, gelte es vor allem mit Aufklärung und über einen freiwilligen Ansatz zu begegnen, Rechtsverstöße seien zu dokumentieren, Täter auf ihr Vergehen aufmerksam zu machen. Unterhalb einer gesetzlichen Regelung seien bereits jetzt die Landesmedienanstalten gefordert, ihre Wächter- und Kontrollfunktion im Internet gegenüber dem kommerziellen Sharenting sowie ihre Möglichkeiten zur Aufklärung und Vermittlung von Medienkompetenz auszubauen. Auf Bundesebene sei das Jugendschutzgesetz der Ort, an dem das Schutzniveau, etwa durch Altersangaben, verstärkt werden sollte. Und schließlich müsse die weitere Verrechtlichung dieses Lebensbereichs, im Bereich des Persönlichkeitsrechtes, in ständiger Rechtsprechung durch die Gerichte erfolgen. Mehrstufiges Einwilligungskonzept Um den Schutz von Kindern und die Rechtssicherheit bei der kommerziellen Veröffentlichung von Kinderfotos im Internet zu verbessern, schlage man ein mehrstufiges Einwilligungskonzept vor, das darauf ziele, Kindeswohlgefährdung "bereits proaktiv“ zu verhindern, erklärte Schwob. Es fuße auf den Grundrechten zu Persönlichkeit, Teilhabe, dem Schutz- und Erziehungsauftrag durch Eltern und Staat und knüpfe an das „grundsätzliche Einwilligungserfordernis bei der Veröffentlichung von Bildnissen, also am Recht am eigenen Bild an“. Bis zum vollendeten siebten Lebensjahr gehe man dabei im kommerziellen Kontext von einem Veröffentlichungsverbot aus. Das gebiete das besondere Schutzbedürfnis der Kleinsten. Ab dem siebten Lebensjahr komme die Vertretungsbefugnis der Eltern für die Erklärung einer Einwilligung zum Tragen, ob Kinder sich in Bildern und Videos im Rahmen einer Vermarktung im Internet zeigen. Interessenskonflikt der Eltern Man sehe hier allerdings die Eltern in einem Interessenkonflikt zwischen ihrem eigentlichen Schutz- und Erziehungsauftrag und ihren wirtschaftlichen Interessen, weswegen eine dritte, unabhängige Person als Ergänzungspfleger hinzugezogen werden müsse, so die Anwältin und Ko-Autorin des Gutachtens. Die Eltern seien in der Rolle als gesetzlicher Vertreter, die Einwilligung geben müssen – und auch als Gefährder, die in das Persönlichkeitsrecht ihrer Kinder eingreifen. Damit liege ein nicht zulässiges Insichgeschäft vor. Wenn die Kinder in dem Alter zwischen zehn und zwölf Einsichtsfähigkeit erlangten, was es bedeutet, wenn Fotos im Netz veröffentlicht werden, sei von einer Doppelzuständigkeit auszugehen: Die Kinder müssten nun neben ihren Eltern ebenfalls in die Veröffentlichung einwilligen und so an der Entscheidung beteiligt werden. Das folge insbesondere aus ihrem Recht auf Teilhabe an der digitalen Welt und aus der Notwendigkeit, eine eigene Medienkompetenz zu entwickeln. Ab 16 Jahren sei dann von einer Alleinentscheidungsbefugnis der Kinder auszugehen. Behördliche Arbeitserlaubnis Liege eine entsprechende Einwilligung vor und sei im Sinne des Arbeitsrechts eine wirtschaftliche Betätigung von Kindern im Rahmen des Influencer-Marketings anzunehmen, finde der Jugendarbeitsschutz Anwendung, erläuterte Ko-Gutachter Kindling. Eine behördliche Arbeitserlaubnis sei einzuholen. Die Gesetzeslage müsse dahingehend „konkretisiert und klargestellt werden, dass auch eine Tätigkeit von Kindern im Bereich des Influencer-Marketing unter das Gesetz fallen kann“. Das Gutachten greife außerdem die Idee aus europäischen Nachbarländern wie Frankreich auf, Einnahmen, die minderjährige Kinder durch ihre Arbeit erzielen, auf ein Treuhandkonto ein- und bei Erreichen ihrer Volljährigkeit auszuzahlen. (ll/06.11.2025)

Verhältnis der AfD zu Russland debattiert

Mi, 05.11.2025 - 16:30
Im Bundestag ist es am Mittwoch, 5. November 2025, zu einer scharfen Kontroverse über die Beziehungen der AfD zu Russland gekommen. In einer von der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde mit dem Titel "Auswirkungen des Verhältnisses der AfD zu Russland auf Deutschlands Sicherheitsinteressen – Kein Patriotismus, sondern mögliche Gefährdung unserer Sicherheit" warfen Redner der Koalition und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der AfD vor, als "trojanisches Pferd" des Kremls zu agieren; auch Die Linke äußerte scharfe Kritik am Verhältnis zwischen Russland und der AfD. Deren Redner wiesen die Vorwürfe der anderen Fraktionen entschieden zurück. Union kritisiert "russlandtreue Schläferzelle" Marc Henrichmann (CDU/CSU) konstatierte unter Verweis auf enge Kontakte von AfD-Vertretern nach Moskau, dass die AfD-Fraktion "eine russlandtreue Schläferzelle" in ihren Reihen habe. Die AfD sei "mit dem Klammerbeutel gepudert", Zusagen von Russlands Präsidenten Wladimir Putin an Deutschland zu vertrauen, "der die Ukraine überfällt, der als Kriegsverbrecher zu brandmarken ist", kritisierte Henrichmann und hielt der AfD vor, sich "am Halsband vom Kreml durch die Manege führen zu lassen". AfD wirft Union "inszenierte Empörung" vor Markus Frohnmaier (AfD) wertete die Aktuelle Stunde als "peinliches Wahlmanöver" und hielt der CDU eine "inszenierte Empörung" vor. Wäre die AfD tatsächlich ein Sicherheitsrisiko, würden dafür doch "von den regierungskontrollierten Sicherheitsorganen" Beweise vorgelegt. "Wenn wirklich irgendwas dran wäre, hätten Sie uns (...) schon lange eingekerkert", fügte er hinzu. Die Vorwürfe gegen die AfD könnten nicht belegt werden. Was mit der Aktuellen Stunde stattfinde, sei "durchsichtig" und "bösartig". SPD: AfD agiert als "Handlanger russischer Interessen" Sonja Eichwede (SPD) sagte, die AfD agiere auch im Bundestag "als Handlanger russischer Interessen". Damit nehme sie eine gefährliche Rolle in Putins geopolitischem Machtspiel ein und richte sich gegen die Sicherheitsinteressen Deutschlands. Dies äußere sich in zahllosen Reden im Bundestag ebenso wie in den Reisen von AfD-Abgeordneten nach Russland. Wie Henrichmann kritisierte Eichwede zugleich Anfragen der AfD etwa im Thüringer Landtag zur "Ausspähung der Infrastruktur vor Ort" mit Informationen, die im deutschen Sicherheitsinteresse stünden. Grüne: AfD hält Putin "Einfallstore sperrangelweit auf" Dr. Irene Mihalic (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, die AfD wolle Deutschland "in vorgrundgesetzliche Zeiten zurückführen" und werde dabei von Autokratien wie Russland unterstützt, weil diese ein Interesse an einer Destabilisierung Deutschland hätten. "Im Gegenzug hält die AfD dem Aggressor Putin die Einfallstore sperrangelweit auf", fügte Mihalic hinzu und warb dafür, mit einer entsprechenden Materialsammlung die "Grundlage für ein mögliches Verbotsverfahren" gegen die AfD zu legen. Linke: Einfluss liegt "klar auf dem Tisch" Jan Köstering (Die Linke) betonte, es liege "klar auf dem Tisch", dass die AfD ihren Einfluss im Sinne Russlands und Putins in den Parlamenten einsetze. Dabei beruhe das Verhältnis der AfD zur russischen Staatsführung "auf Gegenseitigkeit". Getrieben von einem "aggressiven Nationalismus", sei ihnen die Verachtung des demokratischen Rechtsstaats und der liberalen Bürgerrechte gemeinsam, kritisierte Köstering und sprach sich für einen Antrag aus, die AfD zu verbieten. (sto/05.11.2025)

Fragestunde am 5. November

Mi, 05.11.2025 - 15:45
Im Anschluss an die Regierungsbefragung folgte am Mittwoch, 5. November 2025, die Fragestunde. Getrennt nach Ressorts beantworteten Vertreter der Bundesregierung 45 Minuten lang Fragen (21/2487), die von den Abgeordneten vorab schriftlich eingereicht worden waren. AfD-Abgeordnete mit den meisten Fragen 24 der insgesamt 60 Fragen wurden von Abgeordneten der AfD-Fraktion gestellt, gefolgt von Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit 20 Fragen und Abgeordneten der Fraktion Die Linke mit 14 Fragen. Der fraktionslose Abgeordnete Stefan Seidler vom Südschleswigschen Wählerverband (SSW), der Partei der dänischen und friesischen Minderheit in Deutschland, stellte zwei Fragen. Von Abgeordneten der Unionsfraktion und der SPD-Fraktion wurden keine Fragen gestellt. Je 15 der 60 Fragen richteten sich an das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt und an das Bundesministerium des Innern. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ist mit zehn Fragen vertreten. Mit vier Fragen musste sich das Bundesministerium für Verkehr auseinandersetzen. Je drei Fragen gingen an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, an das Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend und an das Bundeskanzleramt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist bei zwei Fragen gefordert. Je eine Frage sollten das Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit, das Bundesministerium für Gesundheit, das Bundesministerium der Finanzen, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium der Verteidigung beantworten. Was die Abgeordneten wissen wollten Beispielsweise erkundigte sich der thüringische AfD-Abgeordnete Stefan Schröder beim Forschungsministerium, ob es angesichts des allgemeinen Personalmangels in der deutschen Wirtschaft beabsichtigt, den Einsatz von Robotiktechnologien zu fördern, ähnlich wie es in Japan praktiziert werde. Schröder fragte zudem, wie sich das Ministerium allgemein zum Einsatz von humanoiden Robotern als Ersatz für menschliches Personal positioniert. Der rheinland-pfälzische Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Julian Joswig, wollte vom Bundeswirtschaftsministerium erfahren, welche konkreten Maßnahmen das Ministerium umsetzt, um die Transformation der deutschen Schlüsselindustrien – insbesondere Chemie, Stahl, Automobil und Maschinenbau – in Richtung Klimaneutralität zu beschleunigen. Joswig fragte zudem, wie die Bundesregierung die Wirksamkeit bestehender Förderprogramme wie der Klimaschutzverträge (Carbon Contracts for Difference) oder der IPC-EI-Initiativen (IPC-EI steht für „Important Projects of Common European Interest", also wichtige Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse, und ist ein Instrument der EU-Beihilfe, das transnationale Innovations- und Infrastrukturprojekte fördert, welche strategisch wichtig für die europäische Wirtschaft sind). Der nordrhein-westfälische Abgeordnete Cansin Köktürk (Die Linke) fragte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, welche konkreten Maßnahmen das Ministerium für 2026 im Rahmen der „Neuen Grundsicherung“ plant, um eine verstärkte Unterstützung von ungelernten Erwerbslosen in eine qualifizierte, existenzsichernde Beschäftigung nachhaltig sicherzustellen. Der fraktionslose Abgeordnete Stefan Seidler (SSW) aus Schleswig-Holstein erkundigte sich beim Innenministerium, wann die Bundesregierung die Fertigstellung des neuen Schutzraumkonzeptes des Bundes erwartet und mit welchem Zuwachs an tatsächlichen Kapazitäten in öffentlichen Schutzräumen sie als Folge der Umsetzung des Schutzraumkonzeptes rechnet. Seidler verlangte eine Aufschlüsselung nach Bundesländern. Zusatzfragen sind möglich Jeder Abgeordnete kann für die Fragestunde vorab bis zu zwei Fragen an die Bundesregierung einreichen. Nach der regelmäßig durch einen Parlamentarischen Staatssekretär oder einen Bundesminister erfolgenden Beantwortung können der Fragesteller, aber auch andere Abgeordnete des Deutschen Bundestages Zusatzfragen stellen und so die Bundesregierung zu weiteren Stellungnahmen zwingen. Reicht die Zeit nicht aus, werden noch nicht aufgerufene Fragen von der Regierung schriftlich beantwortet. Ebenso kann vorab bereits um schriftliche Beantwortung gebeten werden. (vom/05.11.2025)

Sachverständige betonen Potenziale des Rad- und Wandertourismus

Mi, 05.11.2025 - 15:00
Das Wandern gehört zu den zentralen Säulen des Inlandstourismus und hat eine enorme wirtschaftliche Bedeutung für ländliche Räume. Eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung wandere, sagte Thomas Gemke (Deutscher Wanderverband) in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Tourismus am Mittwoch, 5. November 2025. Der Wandertourismus „schafft Nachfrage in Gastronomie, Hotellerie und Freizeitwirtschaft, fördert Wertschöpfung in strukturschwachen Regionen und unterstützt den Erhalt kultureller und landschaftlicher Vielfalt“, erklärte Gemke in der von der Ausschussvorsitzenden Anja Karliczek (CDU/CSU) geleiteten Anhörung. Bedrohungen für die Wanderinfrastruktur Gemke warnte jedoch vor Problemen für die Wanderinfrastruktur. Dazu zählte er die Erosion des Ehrenamts. Den Wanderverbänden fehlten Nachwuchs, finanzielle Mittel und institutionelle Unterstützung. Durch unklare Regelungen im Bundeswaldgesetz drohten zudem Rückbau und Verlust von wanderbezogener Infrastruktur. Bänke, Informationstafeln und Orientierungshilfen würden derzeit als „atypische Gefahrenquellen“ gelten. Waldbesitzer würden für Wanderer unverzichtbare Einrichtungen entfernen, weil sie Haftungsrisiken befürchteten. Wegen der Folgen des Klimawandels müssten Wanderwege häufiger instandgesetzt werden, wofür es keine institutionelle Förderung gebe. Radtourismus in Deutschland Laut Angela Kohls vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club gaben Radtouristen 2023 rund 23 Milliarden Euro aus. Handlungsbedarf sah sie in den Bereichen Infrastrukturqualität, Verkehrsbelastung, Beschilderung und bei der Fahrradmitnahme im öffentlichen Verkehr. Zufrieden seien Radreisende mit den Routeninformationen und der Qualität der Unterkünfte. Im Gegensatz dazu würden sie die Oberfläche von Straßen und Wegen, die Verkehrsbelastung und die Beschilderung nur mittelmäßig bewerten. „Da Verkehrssicherheit und Befahrbarkeit essenziell für die Radreiseplanung sind, wird hier sowie bei der Fahrradmitnahmen im öffentlichen Verkehr der größte Handlungsbedarf gesehen“, so Kohls. Instandhaltung der Radfernwege Qualitativ gut ausgebaute Radwege sowie eine gute Wegweisung und Beschilderung für die Orientierung seien entscheidend für die Wertschöpfung in den Destinationen, sagte auch Svenja Golombek (ZIV - Die Fahrradindustrie). Das radtouristische Netz sei seit 2005 von 40.000 auf 100.000 Kilometer und von 52 Radfernwegen auf 320 Radfernwege ausgebaut worden. Eine kontinuierliche Instandhaltung und Pflege der Infrastruktur sei unabdingbar. Golombek wies darauf hin, dass die genutzten Fahrradtypen vielfältiger geworden seien. Der E-Bike-Bestand habe sich innerhalb von zehn Jahren von 2,1 Millionen auf 15,7 Millionen erhöht. 43 Prozent der Radreisenden würden E-Bikes benutzen. Im Mittelgebirge sei das E-Bike ein „Gamechanger“. Stärkste Segmente des Deutschlandtourismus Laut Iris Hegemann (Deutscher Tourismusverband) zählt der Rad- und Wandertourismus zu den stärksten und stabilsten Segmenten des Deutschlandtourismus. Ländliche oder strukturschwache Regionen würden gestärkt. Wie andere Sachverständige sprach auch Hegemann von zum Teil erheblichen Defiziten bei Erhalt, Oberflächenqualität und Sicherheit der Wege. Der steigende Anteil von E-Bikes erhöhe den Bedarf an Servicestellen und Ladepunkten. Außerdem bemängelte sie, dass nur ein Teil der Bahnhöfe barrierefrei sei. Die Kapazitäten zur Farradmitnahme in den Bahnen reichten nicht aus. Der größte Handlungsbedarf liege nicht im weiteren Ausbau, sondern im Erhalt vorhandener Infrastruktur. In vielen Regionen sei das Netz grundsätzlich vorhanden – jedoch nicht verlässlich nutzbar: „Oberflächen sind beschädigt, Beschilderung ist lückenhaft, digitale Informationen sind veraltet oder fehlen vollständig“, so der Befund von Hegemann. Dadurch verliere die bestehende Infrastruktur sukzessive ihre Wirkung, obwohl sie offiziell „vorhanden“ sei. Themenroutennetz für Rad und E-Rad Susanne Volkheimer (Haßberge Tourismus) stellte das „(E-)Radtourismuskonzept“ von Haßberge Tourismus (Franken) vor. Ausgehend von mehreren Kristallisationsorten würden unterschiedliche Thementouren im Rundtourenformat die Region erschließen. Somit könnten die Radfahrer immer wieder zum Ausgangspunkt oder zu ihrer Unterkunft zurückkehren. Durch die sternförmigen Routenoptionen solle ein Anreiz für einen längeren Aufenthalt geschaffen werden, sodass Gäste mehrere Themenrouten während des Aufenthaltes erfahren könnten. Die Kristallisationsorte böten alle notwendigen touristischen Infrastrukturen wie Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe, Sehenswürdigkeiten sowie radspezifische Service-Einrichtungen. Nutzer der Touren-Angebote könnten sich an Sehenswürdigkeiten der jeweiligen Tour wie an einem Schloss, einer Burg, einem Fachwerkhaus oder einer Naturkulisse spannende Hintergrundinformationen, kuriose Fakten und witzige Geschichten über eine App direkt auf das Smartphone holen. Man verspreche sich von den Angeboten mehr Gäste, eine längere Aufenthaltsdauer und eine Stärkung der Gastronomiebetriebe. (hle/05.11.2025)

11. Sitzung des Ausschusses für Sport und Ehrenamt

Mi, 05.11.2025 - 14:30
Der Ausschuss für Sport und Ehrenamt ist am Mittwoch, 5. November 2025, zu einer öffentlichen Sitzung zusammengekommen. Auf der Tagesordnung des Gremiums stand unter anderem das Thema "Berücksichtigung der Sportstätten in Sondervermögen und Klimatransformationsfonds". Außerdem beschäftigten sich die Abgeordneten mit dem Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2026 (21/600). (05.11.2025)

9. Sitzung des Ausschusses für Kultur und Medien

Mi, 05.11.2025 - 14:30
Der Ausschuss für Kultur und Medien ist am Mittwoch, 5. November 2025, zu einer öffentlichen Sitzung zusammengekommen. Die Abgeordneten beschäftigten sich unter anderem mit dem Thema "Faire Vergütung und Transparenz im Musikstreaming". Auf der Tagesordnung des Gremiums stand außerdem das Programm "AgoraEU". Der Ausschuss für Kultur und Medien mit seinen 18 Mitgliedern ist auf der Bundesebene für den gesamten Themenkomplex zuständig. So kontrolliert er beispielsweise die kulturpolitische Förderpolitik der Bundesregierung, berät über die Zukunft der Deutschen Welle und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, entscheidet über die nationale Filmförderung mit oder diskutiert die Förderung geschichtlicher Lernorte von nationaler Bedeutung. (05.11.2025)

Sachverständige begrüßen Gesetzentwurf zum Zuständigkeitsstreitwert

Mi, 05.11.2025 - 14:30
Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung, mit dem die Amtsgerichte gestärkt werden sollen, war Thema einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz am Mittwoch, 5. November 2025. Die eingeladenen Sachverständigen aus Justiz und Anwaltschaft begrüßten den „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zuständigkeitsstreitwerts der Amtsgerichte, zum Ausbau der Spezialisierung der Justiz in Zivilsachen sowie zur Änderung weiterer prozessualer Regelungen“ (21/1849) grundsätzlich, machten aber zu einzelnen Punkten Änderungsvorschläge. Kurzfristig in die Anhörung einbezogen wurde ein Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zur Erhöhung der Rechtsmittelstreitwerte (Ausschussdrucksache 21(6)28). Vorgesehen ist im Entwurf unter anderem, den in Paragraf 23 des Gerichtsverfassungsgesetzes geregelten Zuständigkeitsstreitwert von bisher 5.000 Euro auf 10.000 Euro anzuheben. Außerdem soll in bestimmten Bereichen die Spezialisierung in der Justiz gefördert werden. Hintergrund ist laut Entwurf, dass die Zahl der erstinstanzlich bei den Amtsgerichten eingegangenen Zivilverfahren in den letzten Jahrzehnten immer weiter zurückgegangen ist. Diese Schwächung sei insbesondere für kleinere Amtsgerichtsstandorte problematisch. Die Fragen der Abgeordneten betrafen vor allem mögliche Auswirkungen der Erhöhung des Zuständigkeitsstreitwertes und des Rechtsmittelstreitwerts für Rechtsuchende, Gerichte und Anwälte. Ortsnaher Zugang zur Justiz gewährleistet Prof. Dr. Beate Gsell, Lehrstuhlinhaberin an der der Ludwig-Maximilians-Universität München und Richterin am Oberlandesgericht München, erklärte in ihrer schriftlichen Stellungnahme, durch eine Stärkung der Amtsgerichte werde der ortsnahe Zugang zur Justiz gewährleistet. Sie sprach sich dafür aus, die Auswirkungen der Streitwertanhebung zeitnah und kontinuierlich empirisch zu evaluieren. Die Wertgrenze für den Anwaltszwang sollte zunächst nur moderat angehoben werden, schlug die von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Anhörung nominierte Sachverständige vor. Eine Anhebung der Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof empfehle sich nicht. Diese Wertgrenze bleibe im Revisionsrecht ein systemwidriger Fremdkörper, der abgeschafft werden sollte. Marianne Krause, Mitglied des Bundesvorstandes Neue Richterinnen- und Richtervereinigung und Richterin am Amtsgericht, hält eine Anhebung des Zuständigkeitsstreitwertes für die Amtsgerichte auf 10.000 Euro aufgrund der stetig anhaltenden Entwicklung der Geldentwertung grundsätzlich für geboten. Die mit der Anhebung des Streitwertes einhergehende Stärkung der Amtsgerichte, insbesondere derjenigen in den Flächen-Bundesländern, sei zu befürworten, erklärte die von der SPD-Fraktion nominierte Expertin. Bei einer konsequenten Berücksichtigung der Geldentwertung und steigender Kosten seien aber auch die Rechtsmittelstreitwerte im Zivilverfahren anzupassen. Die mit dem Entwurf verfolgte Bildung streitwertunabhängiger und sachgebietsbezogener Zuständigkeiten der Amts- und Landgerichte verdiene Unterstützung, so Krause in ihrer Stellungnahme. Ressourcen der Amtsgerichte verbessern Heike Kremer, Stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Richterbundes und Vizepräsidentin des Amtsgerichts Köln, die auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion teilnahm, begrüßte wie Krause den Ausgleich der Geldwertentwicklung und die Spezialisierung der Gerichte. Eine echte Stärkung der Amtsgerichte gelinge aber nur, so Kremer in ihrer Stellungnahme, wenn sie personell, technisch und räumlich gut ausgestattet sind. Darum müssten die Amtsgerichte zeitgleich mit der Reform die nötigen Ressourcen erhalten. Zudem seien weitere Anpassungen nötig. Wie Krause nannte sie die Anpassung der Wertgrenzen für die Berufungen, Beschwerden und Verfahren. Die geplante Umsetzung zum 1.1.2026 werde ausdrücklich unterstützt. Auch Dr. Bernd Scheiff, Präsident des Oberlandesgerichts Köln, der ebenfalls auf Vorschlag der Unionsfraktion eingeladen wurde, begrüßte die Anhebung der Streitwertgrenze, mit der die inflationsbedingte Geldwertentwicklung seit der letzten Anhebung 1993 nachvollzogen werde, und die Einführung weiterer streitwertunabhängiger Zuständigkeiten der Landgerichte. Eine Stärkung der Amtsgerichte könne allerdings nicht alleine infolge einer Anhebung der Streitwertgrenze erfolgen. Sie müssten dauerhaft in der Lage sein, die große Bandbreite an rechtlichen Themen in angemessener Zeit und hoher Qualität zu bewältigen. Dies setze voraus, dass die Gerichte personell und sachlich gut ausgestattet sind, vor allem im Hinblick auf die Digitalisierung aller Lebensbereiche. Die Änderung der Streitwertgrenze dürfe nicht einem Personalabbau dienen, betonte Scheiff wie auch andere Experten vor ihm. Weitergehende Spezialisierung gefordert Der Rechtsanwalt Dr. Daniel Otte unterstützte den Entwurf, weil er die Erreichbarkeit der Justiz für die Bürger erhöhe und die Spezialisierung der Gerichte fördere. Es müsse aber sichergestellt werden, dass die Justiz den geänderten Anforderungen auch gerecht werden kann. Der Gesetzgeber sollte vor Verabschiedung des Gesetzes kritisch überprüfen, ob die Gerichte aktuell den Auswirkungen der Streitwerterhöhung in personeller wie organisatorischer Hinsicht gewachsen sind, erklärte der auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion eingeladene Anwalt. Der Gesetzgeber sollte den vorliegenden Gesetzesentwurf zum Anlass nehmen, so Otte, eine weitergehende Spezialisierung der Amts- und Landgerichte zu erwägen. Überdies sollte Gerichten ein stärkerer Einsatz künstlicher Intelligenz ermöglicht werden. Dr. Thomas von Plehwe, Vorstandsmitglied des Deutschen Anwaltvereins, Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof, gab zu bedenken, dass bei der Erhöhung des Zuständigkeitsstreitwerts unberücksichtigt bleibe, dass die Arbeitsbelastung der Amtsgerichte und der Landgerichte sehr unterschiedlich ist. Durch die Anhebung würden künftig vermehrt Streitigkeiten aus dem wirtschaftlichen Bereich unter Zeitdruck von Amtsgerichten zu erledigen sein, mit dem Risiko, dass die Qualität der Rechtsprechung nachlässt. Die Erhöhung führe zudem zu einer Verschiebung des Anwaltszwangs, was zulasten der Justiz und der Verbraucher gehen könne. Er sollte daher weiterhin an einen Streitwert von 5.000 Euro gebunden werden. Von Plehwe, der von der Fraktion Die Linke für die Anhörung vorgeschlagen worden war, sieht auch eine Anhebung der Rechtsmittelstreitwerte kritisch. Chancen im Bereich digitale Gewalt Franziska Benning von der gemeinnützigen Hilfsorganisation Hate Aid erklärte in ihrer Stellungnahme, dass der Gesetzentwurf Chancen für eine spezialisierte und kohärente Rechtsprechung im Bereich der digitalen Gewalt eröffne. Zugleich berge er für Betroffene Risiken für den effektiven Zugang zum Recht. Zur Stärkung des Rechtsschutzes für Betroffene digitaler Gewalt empfehle Hate Aid unter anderem, für einfach gelagerte Fälle durch Einführung einer Streitwertabsenkung die Hürden zu senken und ein leicht zugängliches und schnelles Verfahren zur Durchsetzung von Unterlassungssprüchen bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen einzuführen. Es gelte, die Vorteile der Spezialisierung zu nutzen, ohne den Zugang zum Recht zu erschweren, so die von der SPD-Fraktion nominierte Sachverständige in ihrer Stellungnahme. Laut Entwurf sollen bestimmte Sachgebiete streitwertunabhängig den Amts- oder Landgerichten zugewiesen werden. So sollen etwa nachbarschaftsrechtliche Streitigkeiten künftig grundsätzlich vor Amtsgerichten verhandelt werden, während Veröffentlichungsstreitigkeiten, Streitigkeiten aus Heilbehandlungen und Vergabesachen den Landgerichten zugewiesen werden. So solle eine weitergehende Spezialisierung erreicht werden. Daneben behebt der Entwurf ein Problem der gerichtlichen Praxis, wonach es bislang Gerichten nicht möglich ist, eine infolge einer nachträglichen Streitwertänderung oder infolge einer erfolgreichen Beschwerde gegen die Wertfestsetzung unrichtig gewordene Kostenentscheidung zu ändern. Entwurf sieht Änderungen in vielen Gesetzen vor Entsprechende Regelungen sind neben der Zivilprozessordnung auch für andere Verfahrensordnungen vorgesehen. Anpassungen erfolgen ferner im Verbraucherstreitbeilegungsgesetz, im Unterlassungsklagengesetz, in der Verbraucherstreitbeilegungs-Informationspflichtenverordnung sowie in der Luftverkehrsschlichtungsverordnung, nachdem die Europäische Plattform zur Online-Streitbeilegung eingestellt wurde. Schließlich wird eine irrtümlich aufgehobene Regelung im Gerichts- und Notarkostengesetz wieder eingeführt. Der Bundesrat spricht sich in seiner Stellungnahme (21/2466) in Bezug auf die Zuständigkeit für Kostenentscheidungen für eine weitere Änderung im Sozialgerichtsgesetz aus. Danach soll bei der nachträglichen Anpassung einer Kostenentscheidung an einen geänderten Streitwert künftig „das Gericht“ und nicht allein der Vorsitzende entscheiden. Die Bundesregierung lehnt den Vorschlag ab. Sie betont in ihrer Gegenäußerung, dass in der Sozialgerichtsbarkeit der Vorsitzende bereits über eine Vielzahl prozessualer Anträge allein entscheide. Eine Zuständigkeit des Gerichts statt des Vorsitzenden würde zu einem erheblichen Mehraufwand in Verfahren führen. Änderungsantrag der Regierungsfraktionen Der kurzfristig vorgelegte Änderungsantrag der Regierungsfraktionen sieht eine Erhöhung der Rechtsmittelstreitwerte in der Zivilprozessordnung und einer Vielzahl von Gesetzen vor. So soll die Berufungswertgrenze inflationsbedingt von 600 auf 1.000 Euro angehoben werden, die Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde soll von 20.000 auf 25.000 Euro steigen und die Wertgrenzen für Kostenbeschwerden von 200 auf 300 Euro. Es sei zu erwarten, so der Antrag, dass sich durch die Erhöhung der Rechtsmittelstreitwerte die Anzahl der Rechtsmittelverfahren vor den Gerichten der Länder sowie vor dem Bundesgerichtshof geringfügig reduzieren wird. (mwo/05.11.2025)

Karin Prien will bessere Bildung, starke Familien und resiliente Demokratie

Mi, 05.11.2025 - 14:05
Die Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend Karin Prien (CDU) hat bessere Bildung, starke Familien und resiliente Demokratie als Leitbild ihres Ministeriums bezeichnet. In der Befragung der Bundesregierung am Mittwoch, 5. November 2025, sagte die Ministerin, damit werde der Grundstein für ein starkes, innovatives und demokratisches Deutschland gelegt. Dabei setze man auf gemeinsame Standards und eine bessere Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen sowie auf frühe Sprachförderung. Es bedürfe einer nationalen Kraftanstrengung, um das Aufstiegsversprechen für alle Kinder zu erfüllen. Bildungs- und Familienpolitik Es gehe um eine frühe, bessere Bildung, sagte Prien und nannte das Kita-Qualitätsgesetz, das Startchancen-Programm für Kinder mit schlechterer Ausgangslage und um den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ab 2026 als entscheidenden Schritt für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und für mehr Bildungsgerechtigkeit. Mit dem Digitalpakt 2.0 würden die Schulen besser ausgestattet. Investiert werde aber auch in innovativere Konzepte und bessere Lehrkräfte. Zudem werde mit der beruflichen Bildung das individuelle Aufstiegsversprechen eingelöst. Weniger Bürokratie und mehr Zeit für Kinder versprach die Ministerin den Familien. Familien brauchten mehr Orientierung und Schutz in der digitalen Welt, so Prien, die auf die dazu eingesetzte Expertenkommission verwies. Familienpolitik sei auch Wirtschaftspolitik. Das Fachkräftepotenzial der Gesellschaft müsse gehoben werden. Eltern müssten verlässlich auf Kinderbetreuung setzen können. Den Kindern gebe man damit auch die Chance, Fachkräfte von morgen zu sein. Bei der Demokratieförderung müssten neue Schwerpunkte gesetzt und die digitale Welt stärker in den Fokus genommen werden. „Wir brauchen den 360-Grad-Blick, wenn es um die Bekämpfung des Extremismus geht“, sagte die Ministerin. Wildberger lobt „umfassendes Entlastungspaket“ Neben der Bildungs- und Familienministerin stellte sich auch der Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung Dr. Karsten Wildberger (CDU) den Fragen der Abgeordneten. Er berichtete von einer „sehr erfolgreichen“ Kabinettsitzung, in der man sich auf ein „umfassendes Entlastungspaket“ habe einigen können. 50 Eckpunkte mit „großen, mutigen Vorhaben“ würden jetzt „Stück für Stück“ in die Umsetzung gebracht. Acht Gesetzesvorhaben brächten eine Mindestentlastung von 100 Milliarden Euro. Brutto habe die Koalition bereits eine Entlastung von drei Milliarden Euro auf den Weg gebracht, sagte Wildberger. „Wir machen Dinge anders“, kündigte der Minister an. Auch die „Modernisierungsagenda föderal“ werde kommen, die ambitioniert sein werde. Demokratieförderung und Kampf gegen Extremismus Mehrere Fragen an die Ministerin Prien befassten sich mit der Zukunft des Demokratieförderprogramms „Demokratie leben!“ Die Erfahrung mit der Weimarer Republik zeige, dass man sich gegen die Feinde der Demokratie wehren müsse, antwortete Prien dem SPD-Abgeordneten Felix Döring. Man erlebe einen erstarkten Rechtspopulismus, aber auch Linksextremismus und islamistische Bestrebungen. Große Sorge bereite ihr hier de „digitale Raum“, sagte die Ministerin. Neben dem Programm „Demokratie leben!“ setze sie aber auch auf schulische Bildung und auf die Bundeszentrale für politische Bildung. Wer sich für die Demokratie engagiere, verdiene Respekt und Unterstützung, so Prien zu Döring. Nicole Gohlke (Die Linke) thematisierte die zunehmende Zahl rechtsextremistischer Straftaten auf Schulhöfen. Sie betrachte dies „mit großer Sorge“, sagte die Ministerin mit Verweis auf die Zuständigkeit der Landesministerien und Landesschuldverwaltungen. Mit den Ländern werde man über eine wirksame Extremismusbekämpfung beraten. Die Länder würden vom Bund auch über das Startchancen-Programm und den Digitalpakt unterstützt. Gewalt an Schulen, Stadtbild-Debatte und häusliche Gewalt Birgit Bessin (AfD) sprach die Gewalt auf Schulhöfen an, die von irakischen, syrischen und afghanischen Kindern ausgehe. Die Schulleitungen seien hier in der Verantwortung, so die Ministerin, die betonte. „Gewalt ist nicht hinnehmbar, egal von wem.“ Als Schulministerin in Schleswig-Holstein habe sie sich für ein Nulltoleranzkonzept ausgesprochen. Ulle Schauws (Bündnis 90/Die Grünen) griff die jüngste „Stadtbild“-Debatte auf mit dem Tenor, dass sich Frauen nicht instrumentalisieren lassen wollten, nachdem der Bundeskanzler aufgerufen habe, die eigenen Töchter zu fragen. Sie habe sich über die von Unterstellungen und Empörung getragene Debatte gewundert, sagte Prien. Es gebe Frauen, die manche Orte in Deutschland heute nicht mehr frequentierten. Häusliche Gewalt sei ebenfalls ein Problem, so die Ministerin, die beides aber nicht verquickt sehen wollte. Nutzung sozialer Medien durch Jugendliche Die CSU-Abgeordnete Dr. Anja Weisgerber interessierte sich dafür, was die Regierung im Hinblick auf die Nutzung sozialer Medien durch Kinder und Jugendliche plant. Hier gibt es aus Sicht der Ministerin „dringenden Handlungsbedarf“. Es gehe nicht nur um Regulierung und Verbote, sondern auch um Teilhabe. Eine Expertenkommission sei dazu eingesetzt, das sei der „richtige Weg“. Im Übrigen unterstütze sie die dänische Ratspräsidentschaft in der EU bei den Bemühungen, zu strengeren, gemeinsamen Regelungen zu kommen. Es sei ihr ein wichtiges Anliegen, schnell voranzukommen, „sonst verlieren wir eine ganze Generation“. Digitalisierung und digitale Souveränität An den Digitalminister richtete der AfD-Abgeordnete Tobias Ebenberger die Frage, wie die Digitalisierungspläne der Regierung verfolgt werden können, ohne dass „indirekter Zwang“ auf Bürgerinnen und Bürger ausgeübt wird. Auch die Corona-Impfung habe als „freiwillig“ gegolten. „Wir stehen für die Zukunft“, entgegnete der Minister, „wir wollen die Bürgerinnen und Bürger digital ertüchtigen.“ Man setze auf Freiwilligkeit, wobei Sicherheit höchste Priorität habe. Die Digitalisierung gehöre zum Lebensalltag dazu. Es gebe nicht nur die von Ebenberger angesprochene „digitale Wallet“, sondern man wolle Wachstum: „Die Menschen sollen sich sicher im digitalen Raum bewegen“, sagte Wildberger. Das Leben werde dadurch einfacher. Bevor man über Pflichten rede, brauche man „gute Lösungen“. Mit dem Begriff der „digitalen Souveränität“ konfrontierte Johannes Schätzl (SPD) den Minister. Diese sei ihm eine „Herzensangelegenheit“, um Innovation positiv zu begegnen, sagte Wildberger. Es gehe darum, technische Lösungen zu bauen, „die wir heute woanders einkaufen würden“. Es gehe um schnellere Genehmigungsverfahren, um Lösungen für die Verwaltung. Abhängigkeiten, Berichtspflichten, Beauftragte Rebecca Lenhard und Johannes Wagner (beide Bündnis 90/Die Grünen) sprachen die „hochgradige Abhängigkeit“ von Microsoft an und fragten nach Bestrebungen, sich von dieser Abhängigkeit zu lösen. Zur digitalen Souveränität gehöre, so der Minister, dass es Alternativen zu Produkten im Office-Bereich gebe, etwa openDesk. Er setze stark auf offene Standards. Der Weg zu digitaler Souveränität sei ein Prozess. Man könne eine Office-Umgebung heute sicherer bauen als in der Vergangenheit. Die CDU-Abgeordnete Ronja Kemmer fragte den Minister, was konkret für die Bürger geplant sei. Wildberger erwähnte ein Energieeffizienzgesetz, durch das Berichtspflichten auf den EU-Standard zurückgeführt würden, auf den Gebäudetyp E im Baurecht, das es ermögliche, nach anderen Standards zu bauen, ein Infrastruktur-Zukunftsgesetz, um „Geld schneller auf die Straße“ zu bringen und den Arbeitsschutz, bei dem Betriebe unter dem Beauftragten-Wesen litten. Es gehe darum, die Regulierung innovationsfreundlicher zu gestalten, um Freiraum für Innovation zu schaffen. Wie sichergestellt werden soll, dies nicht zulasten der Rechte der Bürger geht, interessierte Sonja Lemke (Die Linke). Man überlege, ob die Berichtspflichten für die Betriebe und die Beauftragten in den Betrieben überhaupt Wirkung entfalten, sagte der Minister. (vom/05.11.2025)

Julia Klöckner verurteilt Angriffe auf Abgeordnete

Mi, 05.11.2025 - 14:00
Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hat am Mittwoch, 5. November 2025, zu Beginn der Plenarsitzung vor einer Gefahr für die parlamentarische Demokratie durch Angriffe auf Volksvertreter gewarnt. "Der politische Streit gehört ins Wort, nicht in die Tat." Klöckner verurteilte Gewalt, Drohungen und Einschüchterungsversuche auf Politikerinnen und Politiker als Angriffe auf die demokratische Kultur. "Egal ob auf der Bundes-, Landes- oder der kommunalen Ebene, sie treffen nicht nur die Opfer und ihre Familien persönlich, sie sind Angriffe auf unsere demokratische Grundordnung, die uns alle verbinden sollte", sagte die Bundestagspräsidentin. Auto von Bernd Baumann angezündet Konkret bezog sich die Parlamentspräsidentin auf einen Angriff auf den Abgeordneten Dr. Bernd Baumann, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD. In der Hansestadt Hamburg war das Auto seiner Familie in Brand gesetzt worden, verbunden mit einem Bekennerschreiben aus der linksextremistischen Szene, das Gewalt- und Mordaufrufe enthalten habe. "Solche Aggressionen müssen uns alle empören. Ganz gleich, welcher politischen Überzeugung wir sind. Es gibt keine vermeintlich gute oder richtige Gewalt in unserer Demokratie. Keine politische Überzeugung rechtfertigt solche Angriffe." Klöckner erinnerte daran, dass weitere Abgeordnete von Gewalt betroffen waren, zum Beispiel an einen rechtsextremistischen Brandanschlag auf Ferat Koçak (Die Linke) im Jahr 2018. "Wir müssen jedem Angriff gemeinsam und uneingeschränkt entgegentreten, hier im Haus, und auch in der Gesellschaft als Ganzes. Alle, die Opfer politisch motivierter Gewalt geworden sind, dürfen und müssen sich unseres Beistands gewiss sein." Streit der Argumente Die Demokratie lebe vom Streit der Argumente und der auch mal "harten, aber sachlichen Auseinandersetzung". Unterschiedliche Meinungen seien ihr Wesen, nicht ihr Problem. Doch Angriffe auf Volksvertreter würden die parlamentarische Demokratie gefährden, "wenn wir ihnen nicht uneingeschränkt und ohne Ansehen der Person entgegentreten". Politisches Engagement dürfe nicht mit Bedrohung und Einschüchterung bezahlt werden müssen, insbesondere in den Kommunen, in den Städten und Dörfern. Angriffe auf Wahlkreisbüros oder Drohbriefe im heimischen Briefkasten seien nicht akzeptabel. "Wenn die Folge dieser Gewaltandrohung der Rückzug aus politischen Ämtern ist, dann hat nicht der Parlamentarismus, dann haben nicht demokratische Wahlen, dann hat nicht der Souverän obsiegt, sondern Extremisten", sagte die Bundestagspräsidentin. "Und das dürfen wir niemals akzeptieren." (05.11.2025)

Nachbesserungen am Schuldner­beratungs­dienstegesetz gefordert

Mi, 05.11.2025 - 11:00
Sachverständige sehen erheblichen Nachbesserungsbedarf an den von der Bundesregierung vorgeschlagenen gesetzlichen Regelungen zu Schuldnerberatungsdiensten. Dies wurde am Mittwochvormittag, 5. November 2025, während einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zum „Entwurf eines Gesetzes über den Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten für Verbraucher“ (Schuldnerberatungsdienstegesetz, 21/1847, 21/2458) deutlich. Kritisiert wurde von Seiten der geladenen Expertinnen und Experten unter anderem, dass der Entwurf, mit dem Vorgaben der neu gefassten EU-Verbraucherkreditrichtlinie umgesetzt werden sollen, hinter dem Anspruch der Richtlinie zurückbleibe. Bemängelt wurde zudem die im Entwurf vorgesehene Kostenregelung sowie die aus Sicht der Sachverständigen nicht gesicherte Finanzierung des Vorhabens. Die beiden letzten Punkte waren auch schon in der ersten Lesung des Entwurfs im Bundestag strittig diskutiert worden. Expertin: Es braucht seriöse Beratungsangebote Scharfe Kritik an dem Entwurf der Bundesregierung übte die Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e.V. (BAG-SB), Ines Moers. „Wer dieses Gesetz unverändert lässt, riskiert eine Verschlechterung der Versorgung und die Nicht-Erfüllung europäischen Rechts“, sagte Moers in ihrem Eingangsstatement vor den Abgeordneten. Die Richtlinie sehe vor, die Verfügbarkeit von Schuldnerberatung sicherzustellen. „Das ist keine Empfehlung, das ist geltendes Recht“, betonte die von der SPD-Fraktion benannte Sachverständige. Der Entwurf der Bundesregierung erfülle diesen Anspruch nicht, sondern gefährde ihn. Es brauche aber ein „stabiles, seriöses, qualifiziertes System von Beratungsangeboten“. Kritisch sah die BAG-SB-Geschäftsführerin die Annahme der Bundesregierung, dass die bestehende Beratungslandschaft ausreichend sei. Im Gegenteil: Sie sei strukturell überlastet. Wie auch andere Sachverständige verwies sie darauf, dass nach aktuellen Zahlen 5,5 Millionen Menschen in Deutschland strukturell überschuldet seien. Schon jetzt gebe es „gravierende Zugangslücken“, da in einigen Bundesländern etwa Selbstständige, Studierende und Rentner von der Beratung ausgeschlossen seien. Für die Beratung in den Schuldnerberatungsstellen gebe es mehrmonatige Wartezeiten. Diese und weitere Probleme seien seit Jahren bekannt und würden sich durch die Verbraucherkreditrichtlinie, die den Kreis der Anspruchsberechtigten erweitere, noch verschärfen. Moers forderte insbesondere, die Finanzierung der Schuldnerberatung sicherzustellen. Schon jetzt würden Beratungsstellen schließen und Mitglieder der Bundesarbeitsgemeinschaft austreten und selbst Insolvenz anmelden. Kritik an Bürokratieaufbau Ablehnend äußerte Moers sich in diesem Zusammenhang zu der geplanten Regelung in dem Gesetzentwurf, für die Beratung eine Kostenbeteiligung der Ratsuchenden zu ermöglichen. Kritik an dieser Regelung übte auch Philipp Wendt von der Verbraucherzentrale Hessen e.V. Es müsse davon abgesehen werden, mit einem Beratungsentgelt eine weitere Hürde aufzubauen, forderte der von der SPD-Fraktion benannte Sachverständige. Auch Roman Schlag vom Caritasverband für das Bistum Aachen e.V. lehnte die Möglichkeit für eine Kostenbeteiligung entschieden ab. Er prognostizierte, dass die Kommunen eine solche Möglichkeit nutzen würden. Tatsächlich würde diese aber zu mehr Bürokratie führen. „Geringe Entgelte kosten dem Staat Geld“, warnte der von der Fraktion Die Linke benannte Sachverständige. Menschen zurück in den Wirtschaftskreislauf bringen In eine ähnliche Richtung argumentierte Christoph Zerhusen von der Verbraucherzentrale NRW e.V. „Kostenbeteiligung funktioniert nicht in der Praxis“, sagte Zerhusen mit Verweis auf eigene Erfahrungen mit diesem Finanzierungsmodell in der Schuldnerberatung. Der von der CDU/CSU-Fraktion benannte Sachverständige beurteilte die bestehende Struktur der Schuldnerberatung in den Ländern und Kommunen als „nicht hinreichend“, um jedem Betroffenen Zugang zur Beratung zu ermöglichen. So gebe es beispielsweise einen „Flickenteppich“, was die Finanzierung der Beratung betreffe. Zerhusen warb für einen Ausbau der Schuldnerberatung, schließlich gehe es darum, Menschen zurück in den Wirtschaftskreislauf zu bringen. „Wenn man Schuldnerberatung nicht finanziert, nicht ausbaut und nicht bedarfsgerecht vorhält, dann kostet das letztendlich uns alle mehr“, betonte der Sachverständige. Beteiligung der Gläubiger gefordert Der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Andreas Rein von der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft in Ludwigshafen ging auf die Gewährleistungsverpflichtung für die Schuldnerberatung ein, die den Ländern laut Entwurf auferlegt werden soll. Solch eine Gewährleistungsverpflichtung sei nur sinnvoll, wenn gesetzlich auch ein Rahmen gesetzt werde. Dieser Rahmen fehle aber in dem Entwurf des Schuldnerberatungsdienstegesetzes. „Wir werden 16 völlig verschiedene Regelungen zur Ausgestaltung dieser Gewährleistungsverpflichtung bekommen“, warnte der von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen benannte Sachverständige. Zudem sei bei einer Gewährleistungsverpflichtung auch eine Regelung zur Finanzierung der Beratungsstellen „unabdingbar“. Rein schlug zur Finanzierung vor, auch eine Beteiligung der Gläubiger, insbesondere der Kreditgeber, zu erwägen. „Schuldnerberatung ist eine öffentliche Aufgabe" Eine solche Beteiligung der Privatwirtschaft stößt bei den Betroffenen indes auf Ablehnung. „Schuldnerberatung ist eine öffentliche Aufgabe und sollte auch weiterhin verlässlich staatlich finanziert werden“, sagte Andrea Schweer für den Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. „Eine gesetzliche Verpflichtung privater Gläubiger lehnen wir naturgemäß ab“, betonte die von der Unionsfraktion als Sachverständige benannte Verbandsvertreterin. Die Stärkung der Schuldnerberatung unterstütze der Verband aber vollumfänglich. „Qualifizierte Schuldnerberatung ist eine Investition in soziale Stabilität und fiskalische Entlastung. Gute Beratung stärkt Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit und damit letztlich auch die Volkswirtschaft“, sagte Schweer in ihrem Eingangsstatement. Für eine Stärkung der Schuldnerberatung – sowohl in der Qualität als auch im Angebot – sprach sich auch Dr. Christoph Niering vom Verband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschland e.V. aus. Zur Finanzierung schlug Niering vor, das Verbraucherinsolvenzverfahren dramatisch zu verschlanken. Dies sei fast schon ein „Bürokratiemonster“. Durch eine Vereinfachung könnten auf Länderebene Gelder und Personal frei werden, sagte der von der Unionsfraktion benannte Sachverständige. (scr/05.11.2025)

Nachbesserungen am Schuldner­beratungs­dienstegesetz gefordert

Mi, 05.11.2025 - 11:00
Sachverständige sehen erheblichen Nachbesserungsbedarf an den von der Bundesregierung vorgeschlagenen gesetzlichen Regelungen zu Schuldnerberatungsdiensten. Dies wurde am Mittwochvormittag, 5. November 2025, während einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zum „Entwurf eines Gesetzes über den Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten für Verbraucher“ (Schuldnerberatungsdienstegesetz, 21/1847,21/2458) deutlich. Kritisiert wurde von Seiten der geladenen Expertinnen und Experten unter anderem, dass der Entwurf, mit dem Vorgaben der neu gefassten EU-Verbraucherkreditrichtlinie umgesetzt werden sollen, hinter dem Anspruch der Richtlinie zurückbleibe. Bemängelt wurde zudem die im Entwurf vorgesehene Kostenregelung sowie die aus Sicht der Sachverständigen nicht gesicherte Finanzierung des Vorhabens. Die beiden letzten Punkte waren auch schon in der ersten Lesung des Entwurfs im Bundestag strittig diskutiert worden. Expertin: Es braucht seriöse Beratungsangebote Scharfe Kritik an dem Entwurf der Bundesregierung übte die Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e.V. (BAG-SB), Ines Moers. „Wer dieses Gesetz unverändert lässt, riskiert eine Verschlechterung der Versorgung und die Nicht-Erfüllung europäischen Rechts“, sagte Moers in ihrem Eingangsstatement vor den Abgeordneten. Die Richtlinie sehe vor, die Verfügbarkeit von Schuldnerberatung sicherzustellen. „Das ist keine Empfehlung, das ist geltendes Recht“, betonte die von der SPD-Fraktion benannte Sachverständige. Der Entwurf der Bundesregierung erfülle diesen Anspruch nicht, sondern gefährde ihn. Es brauche aber ein „stabiles, seriöses, qualifiziertes System von Beratungsangeboten“. Kritisch sah die BAG-SB-Geschäftsführerin die Annahme der Bundesregierung, dass die bestehende Beratungslandschaft ausreichend sei. Im Gegenteil: Sie sei strukturell überlastet. Wie auch andere Sachverständige verwies sie darauf, dass nach aktuellen Zahlen 5,5 Millionen Menschen in Deutschland strukturell überschuldet seien. Schon jetzt gebe es „gravierende Zugangslücken“, da in einigen Bundesländern etwa Selbstständige, Studierende und Rentner von der Beratung ausgeschlossen seien. Für die Beratung in den Schuldnerberatungsstellen gebe es mehrmonatige Wartezeiten. Diese und weitere Probleme seien seit Jahren bekannt und würden sich durch die Verbraucherkreditrichtlinie, die den Kreis der Anspruchsberechtigten erweitere, noch verschärfen. Moers forderte insbesondere, die Finanzierung der Schuldnerberatung sicherzustellen. Schon jetzt würden Beratungsstellen schließen und Mitglieder der Bundesarbeitsgemeinschaft austreten und selbst Insolvenz anmelden. Kritik an Bürokratieaufbau Ablehnend äußerte Moers sich in diesem Zusammenhang zu der geplanten Regelung in dem Gesetzentwurf, für die Beratung eine Kostenbeteiligung der Ratsuchenden zu ermöglichen. Kritik an dieser Regelung übte auch Philipp Wendt von der Verbraucherzentrale Hessen e.V. Es müsse davon abgesehen werden, mit einem Beratungsentgelt eine weitere Hürde aufzubauen, forderte der von der SPD-Fraktion benannte Sachverständige. Auch Roman Schlag vom Caritasverband für das Bistum Aachen e.V. lehnte die Möglichkeit für eine Kostenbeteiligung entschieden ab. Er prognostizierte, dass die Kommunen eine solche Möglichkeit nutzen würden. Tatsächlich würde diese aber zu mehr Bürokratie führen. „Geringe Entgelte kosten dem Staat Geld“, warnte der von der Fraktion Die Linke benannte Sachverständige. Menschen zurück in den Wirtschaftskreislauf bringen In eine ähnliche Richtung argumentierte Christoph Zerhusen von der Verbraucherzentrale NRW e.V. „Kostenbeteiligung funktioniert nicht in der Praxis“, sagte Zerhusen mit Verweis auf eigene Erfahrungen mit diesem Finanzierungsmodell in der Schuldnerberatung. Der von der CDU/CSU-Fraktion benannte Sachverständige beurteilte die bestehende Struktur der Schuldnerberatung in den Ländern und Kommunen als „nicht hinreichend“, um jedem Betroffenen Zugang zur Beratung zu ermöglichen. So gebe es beispielsweise einen „Flickenteppich“, was die Finanzierung der Beratung betreffe. Zerhusen warb für einen Ausbau der Schuldnerberatung, schließlich gehe es darum, Menschen zurück in den Wirtschaftskreislauf zu bringen. „Wenn man Schuldnerberatung nicht finanziert, nicht ausbaut und nicht bedarfsgerecht vorhält, dann kostet das letztendlich uns alle mehr“, betonte der Sachverständige. Beteiligung der Gläubiger gefordert Der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Andreas Rein von der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft in Ludwigshafen ging auf die Gewährleistungsverpflichtung für die Schuldnerberatung ein, die den Ländern laut Entwurf auferlegt werden soll. Solch eine Gewährleistungsverpflichtung sei nur sinnvoll, wenn gesetzlich auch ein Rahmen gesetzt werde. Dieser Rahmen fehle aber in dem Entwurf des Schuldnerberatungsdienstegesetzes. „Wir werden 16 völlig verschiedene Regelungen zur Ausgestaltung dieser Gewährleistungsverpflichtung bekommen“, warnte der von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen benannte Sachverständige. Zudem sei bei einer Gewährleistungsverpflichtung auch eine Regelung zur Finanzierung der Beratungsstellen „unabdingbar“. Rein schlug zur Finanzierung vor, auch eine Beteiligung der Gläubiger, insbesondere der Kreditgeber, zu erwägen. „Schuldnerberatung ist eine öffentliche Aufgabe" Eine solche Beteiligung der Privatwirtschaft stößt bei den Betroffenen indes auf Ablehnung. „Schuldnerberatung ist eine öffentliche Aufgabe und sollte auch weiterhin verlässlich staatlich finanziert werden“, sagte Andrea Schweer für den Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. „Eine gesetzliche Verpflichtung privater Gläubiger lehnen wir naturgemäß ab“, betonte die von der Unionsfraktion als Sachverständige benannte Verbandsvertreterin. Die Stärkung der Schuldnerberatung unterstütze der Verband aber vollumfänglich. „Qualifizierte Schuldnerberatung ist eine Investition in soziale Stabilität und fiskalische Entlastung. Gute Beratung stärkt Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit und damit letztlich auch die Volkswirtschaft“, sagte Schweer in ihrem Eingangsstatement. Für eine Stärkung der Schuldnerberatung – sowohl in der Qualität als auch im Angebot – sprach sich auch Dr. Christoph Niering vom Verband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschland e.V. aus. Zur Finanzierung schlug Niering vor, das Verbraucherinsolvenzverfahren dramatisch zu verschlanken. Dies sei fast schon ein „Bürokratiemonster“. Durch eine Vereinfachung könnten auf Länderebene Gelder und Personal frei werden, sagte der von der Unionsfraktion benannte Sachverständige. (scr/05.11.2025)

Experten sehen deutsche Forschungssicherheit bedroht

Mi, 05.11.2025 - 10:00
Die deutsche Forschungslandschaft muss resilienter gegenüber Angriffen von außen werden. Darin sind sich die Sachverständigen bei einem öffentlichen Fachgespräch zur Forschungssicherheit am Mittwoch, 5. November 2025, im Forschungsausschuss einig gewesen. Zu dem Gespräch waren Vertreterinnen und Vertreter von außeruniversitären Einrichtungen, Hochschulen und Sicherheitsbehörden geladen. „So offen wie möglich, so geschützt wie nötig" Für Prof. Dr. Katja Becker von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) besteht das Ziel darin, ein resilientes Wissenschaftssystem zu schaffen, das auch unter schwierigen geopolitischen Bedingungen „offen, vertrauenswürdig und handlungsfähig“ bleibt. Internationale Kooperationen seien von großer Bedeutung für die wissenschaftliche Exzellenz, gleichzeitig müssten die Risiken, die mit solchen Kooperationen einhergehen, genau abgewogen werden: „So offen wie möglich“ und „so geschützt wie nötig“, sind für Becker hierbei die Prämissen. Den Vorschlag des Wissenschaftsrats, eine nationale Plattform für Forschungssicherheit einzurichten, begrüßte sie. Da die Wissenschaft ihre Projekte am besten kenne, müsste diese miteinbezogen und durch gezielte Förderung befähigt werden, „ihrer Eigenverantwortung nachzukommen“. Mindeststandards in Förderanträgen Im Bereich Forschungssicherheit stehe Deutschland im internationalen Vergleich nicht gut da, sagte Prof. Dr. Christian Hummert von der Agentur für Innovation in der Cybersicherheit GmbH. Eine Verbesserung könne gelingen, indem beispielsweise Mindeststandards für Forschungssicherheit direkt in den Förderanträgen verlangt würden. Außerdem betonte auch Hummert, dass Forschende und Einrichtungen kompetente Beratung erhalten müssten. Hierfür brauche es ein nationales Gremium, an dem auch Sicherheitsbehörden beteiligt seien und das die Gefahr bestimmter Kooperationen einschätzen könne. Risiken durch Dual-Use-Prinzip Dr. Wolfgang Liebert, Professor im Ruhestand, Institut für Sicherheits- und Risikowissenschaften der Boku University Wien, fokussierte sich auf die Risiken, die mit einem verstärkten Dual-Use-Prinzip in der Forschung einhergehen würden. Durch Überschneidungen bei der Verteidigungs- und Rüstungsforschung mit der Forschung im zivilen Bereich würden „Grauzonen bewusst geschaffen oder vergrößert“. Eine Ausweitung der Dual-Use-Forschung würde bedeuten, dass für mehr Projekte „Geheimhaltung, Sicherheitskontrollen sowie Beschränkungen hinsichtlich vertrauenswürdigen Personals und internationalen Kooperationen“ gelten würden. Dies konterkariert laut Liebert allerdings die in Europa verfolgte Open-Science Policy und widerspricht dem „Ethos der Wissenschaft“, das unter anderem auf allgemeine Zugänglichkeit der Ergebnisse, Transparenz und Internationalität setzt. "Hochattraktives Ziel" für Cyberangriffe Deutschland befinde sich derzeit in einer angespannten Bedrohungslage, in der die Forschungslandschaft ein „hochattraktives Ziel“ darstelle, sagte Claudia Plattner vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Sie sehe eine „starke Verwundbarkeit dieses Sektors“, in dem viele Einrichtungen ihre IT-Sicherheit selbst organisieren würden. Plattner kritisierte, dass es derzeit kein gesamtstaatliches Lagebild über die Cybersicherheit im Forschungssektor gebe. Da der Hochschulsektor in die Zuständigkeit der Länder falle, sei eine einheitliche Erfassung erschwert. Plattner forderte daher mehr Zusammenarbeit und Informationsaustausch mit den Ländern. Stärkere Vernetzung der Akteure Sinan Selen vom Bundesamt für Verfassungsschutz erwartet einen Anstieg der Angriffe auf Forschungseinrichtungen. Selen sprach im Fachgespräch von einem „Risikodreieck“, mit dem sich Hochschulen konfrontiert sehen. Neben Cyberangriffen umfasse dies ein unzureichendes Bewusstsein für Sicherheitsaspekte. Auch müssten sich Einrichtungen besser vor Personen schützen, die als Studierende, Doktoranden oder im Rahmen einer Forschungskooperation sensible Daten ausspionieren könnten. Unis und Forschungseinrichtungen „sind nicht in der Lage, diese Operationen in ihrer Gesamtheit zu durchblicken“, sagte Selen. Um die Forschungslandschaft resilienter zu machen, brauche es daher eine deutlich stärkere Vernetzung der Akteure und eine nationale Kontaktstelle und Arbeitsgruppe zum Thema Sicherheit und Wissenschaft. (des/05.11.2025)

Der 9. November – ein deutscher Gedenktag

Mi, 05.11.2025 - 09:00
Mit dem 9. November verbindet sich in Deutschland das Gedenken an die Reichspogromnacht vor 86 Jahren, an die Ausrufung der ersten deutschen Republik vor 106 Jahren und an das Jahr 1989, als an diesem Tag die Mauer in Berlin fiel.

Kritik von Sachverständigen an Geothermie-Gesetz

Mi, 05.11.2025 - 08:00
Mehrere Sachverständige mahnten in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie am Mittwoch, 5. November 2025, über die Pläne der Bundesregierung zum beschleunigten Ausbau der Geothermie den Aufbau einer klimafreundlichen Wärmeversorgung und mehr Umweltschutz an. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (21/1928) sieht eine schnellere Erschließung der Geothermie, den Ausbau der klimaneutralen Wärme- und Kälteversorgung durch Wärmepumpen sowie die Beschleunigung des Transports und der Speicherung von Wärme vor. Das Inkrafttreten des Gesetzes ist für das erste Quartal des Jahres 2026 vorgesehen. Lob und Kritik am Regierungsentwurf Laut Gregor Dilger, Geschäftsführer Bundesverband Geothermie (BVG), enthält der Entwurf zwar eine Reihe von Maßnahmen, die dazu geeignet seien, die Umsetzung von Geothermieprojekte zu beschleunigen. Aus Sicht des BVG bedürfe der Vorschlag aber noch Anpassungen und Ergänzungen, unter anderem um die RED-III-Direktive der Europäischen Union (EU) vollständig umzusetzen. Die EU Renewable Energy Directive III (RED III) ist eine Richtlinie der EU zur Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen. Die RED III setzt ein verbindliches Ziel für die EU, einen Anteil erneuerbarer Energien von 45 Prozent bis 2030 zu erreichen. Darüber hinaus seien weitere Erleichterungen in anderen Bereichen des Genehmigungsrechts von Geothermieanlagen sinnvoll. Hierzu zählten vor allem die baurechtliche Privilegierung im Außenbereich, Erleichterungen beim Glykoleinsatz in Wärmenetzen, Flächenverfügbarkeit, Bereitstellungspflichten für die öffentliche Hand sowie der Aufbau erforderlicher Personalkapazitäten. "Adressiert nicht die zentralen Stellschrauben" Dr. Cornelia Nicklas, Leiterin Recht bei der Deutschen Umwelthilfe, kritisierte den Gesetzentwurf scharf. "Er adressiert nicht die zentralen Stellschrauben, um den Ausbau einer klimafreundlichen Wärmeversorgung zu beschleunigen", sagte Nicklas. Außerdem schieße der Gesetzentwurf teilweise über das Ziel hinaus, weil sein Anwendungsbereich zu weit reiche und "teils fragwürdige Instrumente gewählt" würden. "Der Beschleunigungseffekt erscheint uns daher insgesamt fraglich", betonte sie. So vernachlässige der Gesetzentwurf beispielsweise Aspekte des Umwelt- und Gesundheitsschutzes. Die Umwelthilfe fordert von der Bundesregierung, "kurzfristig" eine "bundesweite Geothermie-Strategie vorzulegen". "Wichtiger Meilenstein für die Wärmewende" Professor Dr. Sven-Joachim Otto, Mitglied des Direktoriums des Institutes für Berg- und Energierecht der Ruhr Universität Bochum und Partner der Energiesozietät, erklärte: "Der Entwurf stellt einen wichtigen Meilenstein für die Wärmewende und die geothermische Erschließung in Deutschland dar." Die geplanten Verfahrenserleichterungen, die Priorisierung als überragendes öffentliches Interesse sowie die Verankerung im Berg- und Wasserrecht seien zentrale Fortschritte. Zugleich erforderten Stichworte wie Haftung, Technologieoffenheit, kommunale Integration und Verfahrensschnittstellen weitergehende gesetzgeberische Präzisierungen. So seien die Verfahrens- und Genehmigungsbeschleunigung "ausgesprochen positiv", da sie Verfahren effizienter machten und damit Investitions- und Planungssicherheit erhöhten. Gleichwohl seien einige Fristen und Vereinfachungen doch sehr generell gehalten und müssten im Vollzug konkretisiert werden. Verbindliche Verfahrensfrist Auch Dr. Karin Thelen, Geschäftsführerin Regionale Energiewende Stadtwerke München, begrüßte es, die Zulassungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. Deshalb solle die Zulassung von Geothermie-Vorhaben in einem Zulassungsverfahren mit umfassender Konzentrationswirkung (unter Einschluss aller erforderlichen Einzelgenehmigungen, insbesondere von Baugenehmigungen für obertägige Anlagen) erfolgen. Für die Durchführung von Zulassungsverfahren sei eine verbindliche Verfahrensfrist von sieben Monaten gesetzlich zu verankern. Es seien – gegebenenfalls auf untergesetzlicher Ebene – Möglichkeiten zur Standardisierung der Prüfung von Zulassungsanforderungen einzuführen. Insbesondere beim Einsatz etablierter Technologien und bekannter Stoffe könne so auf eine aufwändige Einzelfallprüfung verzichtet werden. Absicherung bei Ausfällen Patrick Hinze, Leiter der Abteilung für neue Technologielösungen bei der Muinch Re Versicherung, mahnte den Schutz bei Ausfällen an. Geothermieprojekte seien vor allem an Anfang aufwendig und teuer. Sollte nach Probebohrungen festgestellt werden, dass man nicht fündig geworden ist, könne eine Fündigkeitsabsicherung greifen. "Insbesondere kommunale Projekte haben besondere Risiken des Einsatzes", sagte Hinze. Die Kosten für Geothermieprojekte in Höhe von zehn bis 20 Millionen Euro seien für Gemeinden "sehr hohe Kosten". Wenn die Investition am Ende nicht funktioniere, verursache das Probleme für die öffentlichen Haushalte und für die Akzeptanz der Wärmewende. Schutz des Grundwassers Dr. Klaus Ritgen, Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, betonte, die Festlegung des besonderen öffentlichen Interesses des Ausbaus der Geothermie müsse ins Verhältnis mit dem Schutz des Grundwassers gesetzt werden. "Geothermie in Wasserschutzgebieten beziehungsweise Trinkwassereinzugsgebieten muss untersagt werden beziehungsweise strenger Prüfung unterliegen", sagte Ritgen. Die faktische Erlaubnisfreiheit von Wasser-Wasser-Wärmepumpen bei thermischer Nutzung von Grundwasserkörpern sehe er "sehr kritisch". Zwar seien die im Fokus des Gesetzentwurfs stehende Vereinfachung und Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren grundsätzlich zu begrüßen. Erhebliche verkürzte Fristen zur Befassung der Unteren Behörden in den Kommunen bei wasserrechtlich sensiblen Vorhaben, Genehmigungsfiktionen sowie die Zwischenschaltung von Projektmanagern wirkten jedoch kontraproduktiv zur erwünschten Beschleunigung. Öffentliche Wasserversorgung Auch Martin Weyand, Mitglied der Hauptgeschäftsführung beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), unterstrich die Bedeutung der öffentlichen Wasserversorgung. Ihr sei als Teil der Daseinsvorsorge Vorrang einzuräumen. "Im Gesetzentwurf fehlen insbesondere klare Regelungen, die die Vorrangstellung der öffentlichen Wasserversorgung vor der Nutzung von Erdwärme wahren", sagte Weyand. Um beide Ziele in Einklang zu bringen, schlägt der BDEW eine klare Vorrangregelung vor: In den Schutzzonen I und II von Wasserschutzgebieten seien Anlagen zur Nutzung geothermischer Ressourcen "gänzlich zu verbieten". In der Schutzzone III von Wasserschutzgebieten sowie in ausgewiesenen Trinkwassereinzugsgebieten müsse im jeweiligen Einzelfall im Rahmen einer wasserrechtlichen Genehmigung geprüft werden, welche Maßnahmen erlaubnisfähig seien, forderte der BDEW-Vertreter. Konkrete Ziele gefordert Fabian Ahrendts, Leiter Thermische Energieanlagen bei der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geotechnologien IEG, beklagte das ersatzlose Entfallen des im Ampelgesetz ursprünglich vorhandenen Ausbauziels von zehn Terawattstunden (TWh) pro Jahr und 100 Projekten bis 2030. "Konkrete Ziele sind notwendig, um die Wirksamkeit der Maßnahmen überprüfen zu können", sagte Ahrendts. Das vorliegende Gesetz habe "Ergänzungsbedarfe", vor allem hinsichtlich der Einbeziehung von Fernwärme, der Definition technischer Anlagen wie Großwärmepumpen und Wärmetransformatoren sowie der gleichberechtigten Einbeziehung alternativer regenerativer Wärmequellen für Wärmepumpen. (nki/05.11.2025)

Agieren des Rechtsstaats unter Pandemie-Bedingungen

Mo, 03.11.2025 - 20:00
Welche Herausforderungen auf einen Rechtsstaat zukommen, wenn er Krisenmanagement im Schatten einer Pandemie zu stemmen hat – diesem Thema widmete sich die Enquete-Kommission „Aufarbeitung der Corona-Pandemie und Lehren für zukünftige pandemische Ereignisse“ des Bundestages in ihrer dritten Sitzung am Montag, 3. November 2025. Unter dem Titel „Der Rechtsstaat unter Pandemiebedingungen: IfSG, Grundrechte und Eigenverantwortung“ wurden verschiedene Sachverständige angehört. Es ging darum, erste Schlussfolgerungen zu ziehen, gerade mit Blick auf Entscheidungen, die Freiheitsrechte einschränken. Krisenbekämpfung im Rückblick „Demokratische Legitimierung“ und „mehr Daten“ waren zwei Schlagworte, die Prof. Dr. Alena Buyx formulierte. Die ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrates bilanzierte, es sei während der Corona-Pandemie wenig Gebrauch von lokalen Lösungsempfehlungen gemacht worden. Ferner empfahl sie einen besonderen Schutz von vulnerablen Gruppen und mehr Ressourcen für die Institutionen. „Im Rückblick wurde überzogen“, sagte die Professorin für Medizinethik mit Blick auf die Schließungen von Kitas, Schulen und Universitäten. „Wir schulden der jungen Generation etwas.“ „Wir müssen schauen, dass wir für die nächste Pandemie besser aufgestellt werden“, sagte die Sachverständige Prof. Dr. Anika Klafki. Dies sei auch ein Gebot der Effektivität in der Krisenbekämpfung. Zum Beispiel seien Corona-Schutzverordnungen teils 40 Seiten lang gewesen. „Das ist für einen juristischen Laien nicht zu durchdringen“, sagte die Juniorprofessorin für Öffentliches Recht an der Universität Jena. Das damalige Infektionsschutzgesetz (IfSG) sei nicht auf eine Pandemie ausgerichtet gewesen. Damit brachte die Rechtswissenschaftlerin auch die Möglichkeit eines neuen Gesetzes in die Debatte ein. Verfassungsmäßigkeit politischer Entscheidungen Der Sachverständige Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider setzte ein Fragezeichen hinter die Verfassungsmäßigkeit zahlreicher damaliger politischer Entscheidungen. In seiner rein verfassungsrechtlichen Argumentation sagte der ehemalige Professor für Öffentliches Recht an der Universität Erlangen-Nürnberg, bei der Infektion habe es keinen Schaden gegeben, sondern eine Erkrankung. „Es besteht nur die Befürchtung, aber keine Gefahr“, umriss er den damaligen Ausgangspunkt für die handelnde Politik und plädierte für die Einführung einer Notstandsregelung. „Deutschland hat keine Notstandsverfassung“. Ohne diese seien Maßnahmen „alle einschlägigen Grundgesetze verletzend“. Prof. Dr. Karsten Schneider nahm eine weniger kritische Haltung zur Rechtsgrundlage ein. "Die Corona-Pandemie hat den Rechtsstaat nicht verändert", sagte der Professor für Öffentliches Recht an der Universität Mainz. "Er musste handeln, da die Daten unsicher waren." Gerade der Umgang mit Unsicherheit müsse möglichst präzise sein, sagte er und umriss ein Spannungsfeld: "Ein Grundrechtsopfer ist sicher erfahrbar. Die Abwendung der Gefahr bleibt unsicher." Ähnlich argumentierte Prof. Dr. Stephan Rixen. "Es war auch nicht alles schlecht, es braucht einen differenzierenden Blick." Anfangs sei das IfSG zu offen gewesen. Aber der Bundestag habe nachjustiert, "das war ein guter Weg". Der Professor für Öffentliches Recht an der Universität Köln warb dafür, sich für die Pluralität der Wissensgewinnung einzusetzen. Vertreter etwa der Erziehungswissenschaft oder anderer soziale Aspekte "hätten stärker berücksichtigt werden sollen". "Das Recht hat in der Pandemie eine vergleichsweise geringe Rolle gespielt", sagte Prof. Dr. Oliver Lepsius. Der Professor für Öffentliches Recht an der Universität Münster sagte, der Bundestag sei dabei das sensibelste Organ gewesen. "Grundrechtliche Aspekte wurden stark formuliert, mehr als bei den Bund-Länder-Runden." Ein großes Problem von Exekutiv-Gremien sei, dass sie nicht repräsentativ zusammengesetzt seien. "Man darf auch keine Experten-Herrschaft einführen. Bei Abwägungsentscheidungen sind sie schlechte Ratgeber." "Wir brauchen konzeptbasiertes Handeln" Expertin Klafki machte daraufhin den Vorschlag, Maßnahmen auszudifferenzieren. "Was ist eine Reisebeschränkung, was ist ein Besuchsverbot?", führte sie an. Krisenstäbe würde sie eher auf Länderebene sehen. Und Experte Schneider pflichtete ihr bei: "Das Normprogramm muss differenziert werden für die nächste Pandemie." Man brauche plural besetzte Corona-Beiräte, "die sollte man nicht ad-hoc einsetzen, sondern frühzeitig, dauerhaft einführen". Der Sachverständige Lepsius warf ein, man habe einen Mangel an Empirie gehabt. Aber: "Unwissen kann über drei Jahre nicht als Rechtfertigungsgrund angeführt werden." Gewisse Parameter der Empirie seien nicht berücksichtigt worden, sagte er mit Blick auf die unterschiedlichen Risiken, denen unterschiedliche Altersgruppen bei Covid-19 ausgesetzt waren. Klafki schloss: "Wir brauchen konzeptbasiertes Handeln." Um künftig besser auf Gesundheitskrisen vorbereitet zu sein, arbeitet die Enquete-Kommission interdisziplinär an der Frage, wie Risikobewertung, Früherkennung und Krisenbewältigung in künftigen Pandemien effektiver gestaltet werden können. Dabei sollen die Erkenntnisse aus den Bereichen Gesundheitswesen, Wirtschaft, Bildung, Soziales, Politik, internationale Zusammenarbeit und öffentliche Kommunikation zusammengeführt werden, um gezielt strukturelle Verbesserungen anzustoßen. Bis Ende Juni 2027 soll die Kommission einen umfassenden Abschlussbericht vorlegen, der konkrete Empfehlungen zur besseren Prävention, Bekämpfung zukünftiger Gesundheitskrisen und gesellschaftlichen Resilienz enthalten soll. Der Kommission gehören 14 Abgeordneten sowie 14 externen Sachverständige an. (jr/04.11.2025)

Änderungen beim Asylsystem strittig

Mo, 03.11.2025 - 19:30
Teils prinzipielle Zustimmung, teils erhebliche Skepsis, teils deutliche Ablehnung: In dieser Bandbreite bewegten sich am Montag, 3. November 2025, im Innenausschuss die Experten-Bewertungen zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Anpassung des nationalen Rechts an die Reform des „Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ (GEAS). Neben dem sogenannten GEAS-Anpassungsgesetz (21/1848, 21/2460) ging es um den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Gesetzes über das Ausländerzentralregister (AZRG) und weiterer Gesetze in Folge der Anpassung des nationalen Rechts an das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS-Anpassungsfolgegesetz, (21/1850, 21/2462). "In der Praxis ungenügend" Finn-Christopher Brüning, Deutscher Städte- und Gemeindebund und Deutscher Landkreistag, nannte die Reform des GEAS gut gemeint, aber in der Praxis ungenügend. Es entstünden Aktenberge, aber es komme zu wenig Entscheidungen. Der Vollzug des Asylgesetzes sei zu schwer, es gebe zu viele Unstimmigkeiten und unklare Begriffe. Brüning befürchtete zusätzliche Arbeitslast in den Ausländerbehörden, die kaum zu bewältigen sei. Der geplante Solidaritätsmechanismus werde zulasten Deutschlands und seiner Kommunen gehen. "Es gibt Nachsteuerungsbedarf" Apl. Prof. Dr. Andreas Dietz, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Augsburg, sprach von einer Herkulesaufgabe, das dicke Paket europäischer Normen ins deutsche Recht zu transferieren. Den vorliegenden Entwurf halte er für eine gute Grundlage. Es gebe aber Nachsteuerungsbedarf. Neu am GEAS sei die fast ausschließliche Verwendung von automatisch anzuwendenden Verordnungen. Das solle die Anwendung in der EU erleichtern, lasse aber den Mitgliedstaaten nur noch geringe Spielräume. Die EU-Normen seien komplex und ihr Zusammenspiel untereinander hochkompliziert. Mancher Nachbesserungsbedarf werde sich erst in der tatsächlichen Anwendung durch Behörden und Gerichte ab Sommer 2026 zeigen. "Schutzzusagen für besonders vulnerable Personen fehlen weitgehend" Sophia Eckert, Handicap International, trug vor, 10 bis 15 Prozent der Geflüchteten hätten Schätzungen zufolge eine Behinderung. Die tatsächliche Zahl sei wohl höher, besonders bei psychischen Beeinträchtigungen. Behinderung im Kontext mit Flucht sei also keine Randerscheinung. Der Anspruch geflüchteter Menschen auf Schutz, Teilhabe und Unterstützung nach der UN-Behindertenrechtskonvention, der EU-Aufnahmerichtlinie und dem Grundgesetz sei keine Empfehlung, sondern eine rechtlich bindende Verpflichtung – auch für Bundesregierung und den Gesetzgeber. Dieser Pflicht werde mit den vorliegenden Gesetzesentwürfen nicht nachgekommen. Schutzzusagen für besonders vulnerable Personen fehlten weitgehend. Die Expertin beklagte, die GEAS-Reform bedeute den tiefsten Einschnitt ins deutsche Asylrecht seit 1993 und einen massiven Rückschritt für den Flüchtlingsschutz in Europa. Eckert bezog das unter anderem auf die Einführung von Asylgrenzverfahren unter ihr zufolge faktischen Haftbedingungen. "Freiheitsbeschränkungen drohen zur Regel zu werden" Dr. Annika Fischer-Uebler, Deutsches Institut für Menschenrechte, kritisierte, der Entwurf des GEAS-Anpassungsgesetzes berücksichtige die europarechtlichen Spielräume zugunsten von Schutzsuchenden nicht ausreichend. Gleichzeitig würden die Möglichkeiten, die Rechte zu beschränken, weitgehend ausgeschöpft. Insbesondere drohten Freiheitsbeschränkungen und Inhaftierungen von der Ausnahme zur Regel zu werden. Darüber hinaus enthalte der Gesetzentwurf Bestimmungen, die nicht Teil der GEAS-Reform seien. Fischer-Uebler verwies auf vorgezogene Asylverfahren an der Grenze. Sie sprach von erweiterten Möglichkeiten, Asylsuchende in ihrer Freiheit zu beschränken. Der Gesetzentwurf enthalte insgesamt Regelungen mit dem Risiko, Menschenrechte von Schutzsuchenden und Migrantinnen und Migranten zu verletzen. Verlangsamung der Verfahren prognostiziert Prof. Dr. Constantin Hruschka, Evangelische Hochschule Freiburg, erklärte, die Art und Weise, wie der Gesetzentwurf gemacht sei, führe dazu, dass er unlesbar sei. Deutschland laufe auf eine Phase zu, die die Gesetzesanwendung auf allen Ebenen sehr kompliziert mache. Das betreffe Behörden, Gerichte und die rechtliche Unterstützung der betroffenen Personen. Es werde zu einer Verlangsamung der Verfahren kommen, sagte Hruschka. Er erwarte eine Art vorprogrammiertes Chaos zumindest in der ersten Umsetzungsphase. Besonderen Anpassungsbedarf gebe es, wenn es um Garantien für besonders vulnerable Personen, insbesondere Kinder gehe. "Überforderte Migrationsverwaltung in den Mitgliedstaaten" Prof. Dr. Hansjörg Huber, Hochschule Zittau/Görlitz, erläuterte, Anlass für die umfangreiche Neugestaltung durch GEAS sei nicht zuletzt die Erfahrung, dass sich viele Antragsteller nicht im für sie zuständigen Staat aufhielten. Sogenanntes Durchwinken und Sekundärmigration ins Innere der EU seien aber bereits in der Vergangenheit weniger eine Folge fehlender rechtsverbindlicher Normen als vielmehr deren mangelnde Umsetzung in den Mitgliedsstaaten gewesen. Diese Vollzugsdefizite hätten aber auch auf überforderter Migrationsverwaltung in den Mitgliedstaaten beruht. Daran hätten auch die beiden in Eisenhüttenstadt und Hamburg errichteten Dublin-Zentren für die Unterbringung von Personen, für deren Asylverfahren andere Staaten in der EU zuständig sind, bisher nichts ändern können. "Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr umsetzen" Johann Friedrich Killmer, Deutscher Städtetag, bewertete GEAS als wichtigen Schritt zur besseren Steuerung der Migration in Europa. Dennoch bestehe weiterer Reformbedarf. Er verwies auf direkte Auswirkungen auf Rathäuser, Schulen, Kitas und Wohnquartiere. GEAS müsse rechtlich verlässlich und praktisch umsetzbar sein und dürfe nicht dazu führen, dass es zu mehr Bürokratie und umständliche Abfragen komme. Derzeit sei diese Gefahr leider gegeben. Insbesondere die Asyl- und Migrationsmanagement-Verordnung übernehme grundlegende Probleme der Dublin-III-Verordnung. Den darin festgelegten Verpflichtungen müssten alle EU-Staaten und assoziierte Staaten nachkommen. Die Verfahren zur Überstellung in zuständige Länder müssten vereinfacht und beschleunigt werden. Die Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr müsse zwingend umgesetzt werden. "IT-System muss neu entwickelt werden" Dr. Hans-Eckhard Sommer, Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, erklärte, die Umsetzung des neuen GEAS stelle alle beteiligten Behörden vor große Herausforderungen – in Deutschland ganz besonders sein Bundesamt. Es gelte, neue Verfahren zu implementieren. Nahezu alle Dienstanweisungen seien neu zu schreiben. Das IT-System müsse neu entwickelt werden. Er begrüßte deshalb, dass sich die Gesetzentwürfe im Kern auf eine Eins-zu-eins-Umsetzung beschränkten. Es gehe vor allem darum, den bürokratischen Aufwand verringern zu helfen. Weitere vielleicht wünschenswerte Regelungen könnten späteren Gesetzgebungsvorhaben vorbehalten bleiben. "Wichtiger Baustein" Prof. Dr. Daniel Thym, Universität Konstanz, verwies darauf, dass nationale Maßnahmen die meisten öffentlichen Debatten über die Asylpolitik dominierten. Dennoch sei die europäische Zusammenarbeit im ureigensten deutschen Interesse. Es sei illusorisch, die Asylpolitik nachhaltig an den grünen Landesgrenzen in Mitteleuropa steuern zu wollen. Stattdessen müssten nationale, europäische und internationale Maßnahmen ineinandergreifen. In diesem Sinne beinhalte die GEAS-Gesetzgebung einige Verbesserungen, um die teils tiefsitzenden Defizite bei der Migrationssteuerung im Schengen-Raum und darüber hinaus zu mildern. Er sprach von einem wichtigen Baustein, der jedoch nicht das Ende der Fahnenstange sein dürfe. Dr. Philipp Wittmann, Richter am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, sagte, die vorgelegten Gesetzentwürfe seien notwendig, um für EU-rechtlich zwingend erforderliche Anpassungsschritte an die bereits beschlossene Reform des GEAS umzusetzen. Sie seien dazu auch weitgehend geeignet. Eine Verbesserung in einer Vielzahl von Details sei allerdings notwendig. (fla/03.11.2025)

Tariftreuegesetz bei Sachverständigen umstritten

Mo, 03.11.2025 - 16:00
Der Entwurf der Bundesregierung für ein Tariftreuegesetz (21/1941) ist bei einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montag, 3. November 2025, auf Kritik in verschiedenen Punkten gestoßen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass öffentliche Aufträge des Bundes künftig nur noch an Unternehmen mit Tarifbindung vergeben werden. Kritik an bürokratischer Belastung Grundsätzlich abgelehnt wurde das Vorhaben von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Die Bundesregierung ignoriere die anhaltende wirtschaftliche Schwächephase und widerspreche „dem klaren Bekenntnis der Koalitionspartner zu einem nachhaltigen Bürokratieabbau“, heißt des in der schriftlichen Stellungnahme des BDA. Der Abteilungsleiter Arbeitsrecht des BDA, Roland Wolf, kritisierte neben der bürokratischen Belastung unter anderem, dass Haustarifverträge von Unternehmen keine Berücksichtigung finden sollen. Der auf AfD-Vorschlag geladene Verein „Zentrum – Die alternative Gewerkschaft“ begrüßte zwar die Zielsetzung gegen Lohndumping, lehnte den Gesetzentwurf aber dennoch ab. Dadurch, dass es jeweils den Tarifvertrag der stärksten Branchengewerkschaft zum Maßstab macht, werde „den großen, überwiegend im DGB organisierten Gewerkschaften de facto eine monopolähnliche Stellung eingeräumt“ werde, heißt es in dessen schriftlicher Stellungnahme. Das erklärte Ziel, die Tarifbindung zu stärken, erreiche man aber nur, „wenn es eine pluralistische Gewerkschaftslandschaft gibt“, sagte der Zentrum-Vorsitzende Oliver Hilburger. Kritik an Ausnahmen vom Geltungsbereich Die anderen Sachverständigen hatten keine so grundsätzlichen Einwände. Der Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte insbesondere Ausnahmen vom Geltungsbereich des Tariftreuegesetzes wie den Schwellenwert von 50.000 Euro, unterhalb dessen das Gesetz nicht angewendet werden soll, und die Nichtanwendung für Aufträge der Bundeswehr bis Ende 2032. Zu den weiteren Kritikpunkten des DGB gehört, dass die Einhaltung des Gesetzes nur anlassbezogen kontrolliert werden soll und nicht stichprobenartig, und dass Nachunternehmer und Verleiher von der Dokumentationspflicht befreit sein sollen. Trotz dieser Einwände begrüßte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell das Vorhaben ausdrücklich, da es die Tarifbindung stärken werde. Nach Ansicht der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) wird der Gesetzentwurf dem Ziel, die Tarifbindung zu stärken, allerdings nur begrenzt gerecht. Dazu sei der Schwellenwert von 50.000 Euro zu hoch angesetzt. Fast ein Viertel der Aufträge des Bundes im Baubereich falle so nicht unter das Tariftreuegesetz. Vor allem aber bemängele Antonius Allgaier von der IG BAU die vorgesehenen Kontrollen nach Aktenlage als unzureichend. So zeigten viele Beispiele auf dem Bau, „dass deutlich länger gearbeitet wird als auf dem Papier“. Die Lohnhöhe lasse sich aber nur in Verbindung mit der geleisteten Arbeitszeit kontrollieren. Schwächen bei Kontrolldichte und Kontrollstrategie Auch die von der Fraktion Die Linke nominierte Sozialwissenschaftlerin Dr. Karen Jaehrling vom Institut für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen monierte „Schwachstellen bei der Kontrolldichte und Kontrollstrategie“. Im Gegensatz zum Gesetzentwurf sähen Tariftreuegesetze auf Länderebene unangemeldete Kontrollen vor. „Papier ist geduldig“, sagte Jaehrling und nannte Beispiele aus der Praxis. Zudem hielten die Länder im Verhältnis mehr Personal für Kontrollen vor als die im Gesetzentwurf vorgesehenen acht Stellen. Ergänzend dazu wies Axel Joachim von der Deutschen Rentenversicherung Bund darauf hin, dass deren Daten nicht zur Ermittlung der tatsächlich bezahlten Löhne beitragen könnten. Ihr lägen solche Daten nur aus Betriebsprüfungen vor, und die müssten nach sechs Wochen gelöscht werden. Gleichstellung kirchlicher Arbeitsvertragsrichtlinien Der auf Vorschlag der Union geladene Verband „Dienstgeberseite der Caritas“ forderte, die im Sozial- und Gesundheitsbereich verbreiteten kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) im Gesetzestext mit Tarifverträgen gleichzustellen. Die AVR sähen teilweise niedrigere Löhne, dafür aber bessere Sozialleistungen vor als die entsprechenden Tarifverträge. Müssten nun kirchliche Anbieter dieselben Löhne zahlen wie gewerbliche Anbieter, wären sie im Wettbewerb benachteiligt. In anderen Fällen, in denen die nach dem Tariftreuegesetz herangezogenen Tariflöhne niedriger lägen, müssten die kirchlichen Anbieter dennoch ihre AVR einhalten und seinen so ebenfalls nicht konkurrenzfähig. Das Gesetz in vorliegender Form werde „zur Frage führen, ob sich kirchliche Hilfswerke überhaupt an Ausschreibungen beteiligen“, sagte Verbandsgeschäftsführer Marcel Bieniek voraus. Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit Der Göttinger Arbeitsrechtler Prof. Dr. Rüdiger Krause konzentrierte sich in seiner Stellungnahme auf die Rechtmäßigkeit des Gesetzentwurfs. Er billigte dem Gesetzestext die Konformität mit dem Grundgesetz zu und sah keinen unzulässigen Eingriff in die Tarifvertragsfreiheit. Europarechtlich sieht Krause eine Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit, die jedoch aus dem Allgemeininteresse des Arbeitnehmerschutzes zu rechtfertigen sei. Allerdings schränkte Krause mit Blick auf den Europäischen Gerichtshof ein: „Ein kleines Risiko bleibt immer beim Gang nach Luxemburg.“ (pst/03.11.2025)