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Privatvermögen managen

Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, die im Gesellschaftsrecht und im Erbrecht tätig sind, erhalten täglich Einblick in die Vermögen Ihrer Mandanten, die Gegenstand der Konflikte sind. Häufig stellen wir dabei fest, dass unsere Mandanten nicht tief genug darüber nachdenken, wie sie ihr Vermögen sichern oder es gar vermehren wollen. Das trifft vor allem auf ererbtes Vermögen zu. Als Juristen neigen wir dazu, Verbesserungsvorschläge in rechtlicher Hinsicht zu machen, übersehen aber, dass das Problem tief unten im psychologischen Verhalten liegt und nur schwer rational beeinflussbar ist. Hier einige Überlegungen zum Thema, die auch für den Berater selbst nachdenkenswert sind.

Quentin Metsys (1466-1530), Die Steuereintreiber
Die Steuereintreiber von Quentin Massys (1466-1530), um 1520.

»Wenn Reichtum mit legalen Mitteln erjagt werden könnte, so würde ich es auch tun, und sollte ich mit der Peitsche in der Hand dienen; da man ihn aber nicht erjagen kann, so folge ich meinen Neigungen.«1

1. Geld, Vermögen und Werte

Es gibt einen grundsätzlichen Unterschied zwischen Geld und Vermögen: Geld ist ein Zeichen, das nur die Funktion hat, Werte vergleichbar zu machen, es ist ein Maßstab für Werte, der früher zeitweise mit Gold abgedeckt wurde, heute aber nur politisch (einigermaßen) überwacht wird. Vermögen hingegen kann aus zahllosen Gegenständen bestehen, die keinen oder nur einen geringen Geldwert, dafür aber einen hohen ideellen Wert haben (z. B. Immobilien, Kunstwerke etc.). Ob solche Gegenstände auch auf einen Markt treffen, ist unsicher, aber der Besitz solcher Gegenstände kann glücklich machen. Geld hingegen verliert jenseits einer bestimmten Grenze diese Funktion, wie die Glücksforschung nachgewiesen hat (außer für Dagobert Duck und seine Freunde).

»Geld macht nicht glücklich, aber es beruhigt« sagt der Volksmund und wenn man damit einverstanden ist, dass Beruhigung auch in die Verblödung führen kann, ist dagegen nichts zu sagen. Tatsächlich entsteht eine völlig andere Sicht auf die Welt und ein ganz anderes Lebensgefühl, wenn man sich keine Sorgen darüber machen muß, ob man jeden Monat seine Miete bezahlen und sich einigermaßen ernähren und kleiden kann. Reiche Leute argumentieren oft dagegen und erklären uns, dass sie sich nur alle zehn Jahre einen neuen Anzug kaufen und nicht jeden Tag Kaviar essen, im Gegenteil: Ihre Diät verlange eine Ernährung ähnlich wie diejenige der armen Leute. Das sind unlautere Argumente, denn ihre Entscheidungen beruhen auf Freiwilligkeit und nicht auf Zwang.

Viel wichtiger ist es, dass Geld auf jeden Fall Deine Freiheit sichert, auch wenn es sie gleichzeitig beschränkt. Nur fallen diese Schranken oft sehr dürftig aus, wenn das Geld immer zur Verfügung steht; dann wähnst Du Dich im Reich der Freiheit, das Freiheitsgefühl führt zur Hybris und dann zum Zusammenbruch der Illusionen, die sich an das Geld geknüpft haben. Es ist schwer, zwischen Freiheit und Vermögen zu balancieren. Auf ähnliche Probleme stößt jeder, der versucht, sich mit seiner Arbeit zu identifizieren und in ihr seine Stärken zu entwickeln, andererseits aber nach Ruhm und Anerkennung strebt, wenn sie mit diesen Wünschen kollidieren. Mancher Künstler ruiniert sich durch seine Auftritte.

Es ist sehr schwierig, auch von hohen Einkommen so viel Geld zurückzulegen, das daraus im Lauf der Jahrzehnte ein Vermögen entstehen kann. Das gelingt nur, wenn man gelernt hat zu sparen und keine Schulden zu machen:

»Als er anfing etwas zu haben, sprach er: ›Wenn ich es nur beisammenhalte!‹. Als etwas mehr hatte, sprach er: ›Wenn es nur für alles reicht‹. Als er reichlich hatte, sprach er: ›Wenn es nur schön verwandt wird!‹«2

Statistisch gesehen haben nur wenige Menschen außer ihrer eigenen Arbeit auch andere Einkünfte, sie erben etwas oder der Zufall hilft Ihnen, aber in absoluten Zahlen sind es doch nicht wenige. Sehr große Vermögen, die ohne solche Hilfen in einer Lebenszeit entstehen, beruhen fast immer auf Monopolstellungen, dem Bruch der Gesetze und illegalen Aktionen (vor allem: des Insiderwissens). Legale Monopole entstehen vor allem aus Erfindungen (AEG, Daimler, Microsoft, Apple) oder neuen Vertriebsideen (McDonald, Coca-Cola), die sich wirkungsvoll durchsetzen, bevor der Wettbewerb entsteht.

Mindestens genauso schwierig ist es, ein bereits vorhandenes Vermögen so zu verwalten, dass es weitere Früchte trägt. Schon der Begriff »verwalten« ist in diesem Zusammenhang fehlerhaft, er klingt kameralistisch und beschreibt nicht die Notwendigkeit, Vermögenswerte wie ein Unternehmer zu betrachten, der bestimmte Ziele verfolgt, die dazu erforderlichen Mittel einsetzt und die Ergebnisse kontrolliert. Wer Vermögen erbt, müsste sich gezielt in diese Richtung hin ausbilden, aber selten passen die Neigungen der Erben zu dieser Aufgabe.

Das Management muss sich an bestimmten Werten orientieren, die außerhalb der bloßen Vermehrung des Geldes definiert werden. Die höchste Priorität besteht darin, Verluste zu vermeiden, aber das darf nicht dazu führen, die Fähigkeit zu verlieren, die Struktur des Vermögens an veränderte Verhältnisse anzupassen.

Seit jeher sind die Versuche verbreitet, sich Vermögen ohne harte Arbeit zu verschaffen. Sie führen hin und wieder (und selten legal) zum Erfolg, meist aber zu zahllosen Fehlentscheidungen und Verlusten, denn in diesem Fall bewegt sich das Denken in einem falschen Feld: Geld sollte immer als das Ergebnis und nicht das Ziel einer Tätigkeit gesehen werden, auf die man sich konzentrieren kann.

Man sollte versuchen, so viele finanzielle Rücklagen zu haben, dass man mit ihnen im Rücken mehr Freiheit hat als ohne sie. Geld muss für Freiheit sorgen, wenn es irgendeinen vernünftigen Zweck haben soll. Man sollte aber nicht so viel Geld anstreben, dass das gesamte Denken nur um dieses Thema kreist, denn wo Dein Schatz ist, da wird auch Dein Herz sein (Matthäus 6,21). Wenn Du das Geld auf diese Weise liebst, wirst Du feststellen, dass es Dir keine Freiheit beschert, sondern Dich in ihr Gefängnis wirft. Du kannst an nichts anderes mehr denken, Du fühlst nur noch Gewinn und Verlust, Du sorgst Dich über den Verlust, aber freust Dich nicht wirklich am Gewinn (weil Du danach den Verlust schon wieder vor Dir siehst usw.).

2. Vernunft, Gefühl und Wille

Viele Menschen glauben, sie könnten ihren Umgang mit Geld allein durch vernünftige Überlegungen steuern. Tatsächlich wird unser Verhalten in dieser Hinsicht – genauso wie in allen anderen Entscheidungen – weit mehr von unserer psychischen Konstellation bestimmt, als wir ahnen. Wir handeln auf diesem Gebiet immer in einem Spannungsfeld zwischen vernünftigen Überlegungen und unseren Gefühlen, die unsere Vorlieben und Abneigungen im Allgemeinen steuern – also auch irrational.

Ein Beispiel: Max Reinhardt war als Künstler wie in seinem persönlichen Finanzverhalten ein „genialer Verschwender“. Er trennte die künstlerische Arbeit niemals von seinem privaten Leben. Die erheblichen Beträge, die er zeitlebens – bis auf die letzten Jahre – verdiente, investierte er ohne Zögern in die Schönheit seiner Häuser und seiner persönlichen Umgebung: »Er sagte: ›Was man nicht ausgibt, hat man. Aber was hat man davon?‹ Darum gab er sich voll aus. Immer sich. Immer für Schönheit. Und er gab mehr, als er nahm.«3 Als er im Jahr 1934 für die Inszenierung des Sommernachtstraums in Hollywood 150.000 $ Honorar erhielt (sein Sohn Gottfried verdiente zur gleichen Zeit bei MGM als Produzent etwa 1200 $), war davon in kurzer Zeit nichts mehr übrig.

3. Großzügigkeit, Detailverliebtheit, Verschwendung und Geiz

Wer sein Geld mit seinen eigenen Händen verdient hat, geht sorgfältiger damit um als jemand, der es geerbt oder geschenkt bekommen hat. Oder jemand, der für seine Arbeit auf einen Schlag unverhältnismäßig viel Geld bekommt (Sportler, Schauspieler etc.). Solche Leute sind oft großzügiger, als sie es sich leisten können, weil sie der Welt zeigen wollen, dass ihre Ressourcen unerschöpflich sind. Frank Sinatra hat einmal, als er 1.000.000 $ cash auf dem Konto hatte, auf einem Flug von Las Vegas nach Palm Springs Geld tütenweise aus dem Fenster geworfen. Andere sammeln irgendetwas wie verrückt. Großzügigkeit hat nichts mit Verschwendung zu tun, sondern ist eine Freundlichkeit gegenüber anderen Menschen, die eine innere Balance zeigen sollte.

Wer sein Geld zum Fenster rauswirft, hat selten einen Überblick. Manche reichen Leute verfallen ins Gegenteil und verfolgen den Lauf des Geldes bis in alle Details, ohne aber aus den daraus gewonnenen Erkenntnissen wirkliche Schlüsse zu ziehen. Sie werden ausgesprochen kleinlich. Rockefeller soll jemand gewesen sein, der jeden Cent von der Straße aufhob – vor allem dann, wenn andere es gesehen haben. Er wollte, wie viele reiche Leute, den Eindruck erwecken, sein Reichtum beruhe auf Sparsamkeit. Aber tatsächlich beruht er immer auf der Ausnutzung von Monopolen und/oder dem Bruch der Gesetze (hin und wieder mag es ausreichen, eine Lücke zu entdecken).

4. Erbschaften oder Lottogewinne können dich ruinieren

Wer bei Null anfängt, hat jedenfalls am Anfang nur Erfolgserlebnisse, wer aber auf das Erbe wartet, kann sich damit sein ganzes Leben ruinieren, weil er nicht nach einer Möglichkeit sucht, selbst zu Vermögen zu kommen. Er lernt nicht, wie man Geld macht (ein Problem, dass vor allem verheiratete Frauen mit Kindern betrifft, die nie einen Beruf ausgeübt haben). Die Folge: Du wirst geizig, weil Du ja jeden Tag die Erfahrung machst, dass das Geld immer weniger wird und Du nichts daran ändern kannst, außer nichts auszugeben: »Geiz ist Feigheit«4 (chinesische Volksweisheit); wer geizig ist, glaubt, er könne das, was er gerade hat, auf Dauer zusammenhalten und riskiert daher nichts mehr. Dass ihm sein Geld genommen werden kann, auch wenn er selbst untätig ist, dass es schmelzen kann in der Sonne, darüber denkt der Geizige nicht nach.

Er versteht vor allem den Unterschied zwischen Kosten und Investitionen nicht. Wer Kapitalanlagen vertreibt und sich bei seinen vermögenden Kunden sehen lassen muss, tut gut daran, in einen Porsche zu investieren, wer sein Geld aber im einsamen Geschäft des Daten-Hackers verdient, braucht keinen Porsche, sondern höchstens ein Fahrrad. Die Ersparnisse kann er (aber nur er!) in Bitcoins investieren. Denn davon versteht er (oder sie) wahrscheinlich etwas.

Ebenso gefährlich, wie auf die Erbschaft zu warten, ist es, wenn man sie tatsächlich bekommt. Da dieses Geld nicht erarbeitet worden ist, schätzt man es gering (obwohl es nicht versteuert wird!) Und neigt zur Verschleuderung. Statistiken zeigen, dass Lottogewinne von mehr als 1 Million € schon fünf Jahre danach spurlos verschwunden sind.

5. Übersicht schaffen

Die erste Voraussetzung dafür, sein eigenes Vermögen zu managen, ist die jährliche Erstellung einer Einnahmen/Ausgaben – Rechnung, die sich nur auf die zur Verfügung stehende Liquidität bezieht, das Vermögen also einstweilen außer Acht lässt. Diese Übersicht hat einen unverkennbaren Biofeedback – Effekt: Man sieht auf den ersten Blick, ob die Einnahmen höher oder niedriger sind als die Ausgaben und verhält sich entsprechend (wenn man sich rational verhält – aber die Irrationalen sind bereits unfähig, Haushaltsbuch zu führen).

Danach sollte man jährlich, spätestens aber alle drei Jahre einen Vermögensstatus »über alles« machen, also alle Gegenstände erfassen und bewerten, die zum eigenen Vermögen gehören. Dabei stoßen wir unvermeidlich auf das Problem jeder Bilanzierung, die sich mit Wertansätzen beschäftigt. Einen finanziellen Wert haben nur Dinge, die als Angebote auf eine Nachfrage stoßen können. Die erste Lektion, die man dabei lernt, ist es, den Unterschied zwischen Gegenständen zu erkennen, für die es – relativ kurzfristig betrachtet – einen Markt gibt, die also liquider sind als andere. Dazu mögen auch Kunstwerke oder sonstige Gegenstände mit hohen ideellen Werten gehören, in den meisten Fällen aber wird man nur Bargeld, Kapitalanlagen, und alle weiteren Vermögenswerte so betrachten, wenn sie nur relativ kurzfristig zu Geld gemacht werden können.

Es gibt auch andere Vermögenswerte (künftige Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen) die zwar erfasst werden sollten, damit man sie später in Rentenüberlegungen einplanen kann, die aber nur in absoluten Notfällen liquidiert werden sollten. Man sollte dabei sein eigenes Vermögen mit dem Blick des Insolvenzverwalters betrachten: Alle Aktiva müssen unter dem Gesichtspunkt gesehen werden, ob sie liquidierbar sind, alle Passiva, ob sie ggf. mit Liquidität bedient werden können. Wenn Aktiva z. B. aus Krediten bestehen, wird man sich fragen, ob der Schuldner insolvent werden kann, im Übrigen, ob es für den Gegenstand einen Markt gibt usw. Stille Reserven wird man kritisch betrachten und bei Vermögen, das innerhalb privater Gesellschaften gebunden ist, die Frage stellen, ob man für die Verwertung die Zustimmung Dritter benötigt etc. Das wird in vielen Fällen auch juristischen Rat erfordern. Schließlich wird man sich fragen müssen, an welchen Vermögensgegenständen man unter allen Umständen festhalten will (z. B. an der selbst bewohnten Immobilie).

Die Erstellung eines Vermögensstatus erfordert in der Regel eine Beratung von außen, die bevorzugt von Steuerberatern mit ihren dort zur Verfügung stehenden Softwareprogrammen geleistet werden kann. Juristischen Rat sollte man von Rechtsanwälten mit Erfahrung im Erbrecht und Steuerrecht einholen, denn die Ergebnisse der Überlegungen werden in vielen Fällen das Testament bestimmen, das jeder spätestens ab dem 50. Lebensjahr niederschreiben sollte. Wenn man kein Inländer ist, oder nach der Testamentserrichtung ins Ausland zieht, kann das erheblichen Einfluss auf die steuerliche Lage haben.

6. Entscheidungen treffen und umsetzen

Jeder von uns muss auch im unübersichtlichen Situationen Entscheidungen treffen, und wir wissen, dass sie nicht allein vom Verstand geprägt werden: Der Verstand analysiert die Tatsachen, aber unsere Entscheidungen erfolgen immer aus dem Bauch. Wer glaubt, er entscheide mit dem Verstand, fühlt sich nur wohl, wenn er diese Fiktion für eine Tatsache hält. Oft missdeuten wir unserer eigenen Überlegungen wie die Ratschläge anderer5. Wir wissen auch, dass uns die tiefsten Motive, aus denen heraus wir handeln, nicht bewusst sein können, sodass alle Argumentationen immer nur Versuche der Rationalisierung bleiben müssen (»Argumente sind nur Geräusche«6 (aber sie können die Gefühle und damit die Entscheidungen beeinflussen!)

Noch komplexer entwickeln sich die Situationen, wenn wir von der Entscheidung zur Handlung übergehen. Zwischen beiden Phasen liegen tiefe – oft schwer oder gar nicht überwindbaren – Abgründe. Schon der Entschluss, eine getroffene Entscheidung auch wirklich umzusetzen, kann durch zahllose Umstände gehemmt werden, beginnt man aber, ändern sich die Rahmenbedingungen der Planung, neue Faktoren – darunter vor allem: Der Zufall – treten auf, es entwickeln sich neue Risiken und Chancen, die man unter hohem Zeitdruck, mit begrenzten Mitteln und hohen Fehlerquoten bewältigen muss.

Deshalb sollten Entscheidungen unter allen Umständen drei rationalen Regeln folgen, die sich sogar im Spielcasino bewähren, in dem die Rationalität eigentlich nichts zu suchen hat:

  • Optionen vergrößern: Jede Entscheidung sollte die Zahl der künftigen Alternativen vergrößern; man sollte niemals versuchen, alles auf eine Karte zu setzen, wenn es aber unvermeidlich ist, müssen alle Kräfte gleichzeitig eingesetzt werden,
  • Versuch und Irrtum: Die Einsicht, dass komplexe Systeme nur mit einer Vielzahl kleiner Eingriffe gesteuert werden sollten,7 kann man nur realisieren, wenn man die Chance hat, auf Irrtümer korrigierend zu reagieren,
  • Plan B: Und für diesen Fall braucht man (mindestens) eine alternative Planung, die wiederum voraussetzt, dass man überhaupt die Chance auf solche Alternativen hat (siehe erste Regel).

7. Geldmenge, Investition und Spekulation

Anleger haben grundsätzlich keinen Einfluss auf die Geldmenge. Sie ist davon abhängig, wie Staaten oder Staatengemeinschaften die Zinshöhe und damit die Inflation steuern. Wer diese Unsicherheit als Investor vermeiden will, darf Aktien nur als Spekulationsobjekte betrachten, nicht aber als langfristig geplante Investitionen.

Welche Entscheidungen man trifft, hängt davon ab, ob man investieren oder spekulieren will. Bei der Investition will man sich an Werten beteiligen, bei der Spekulation an Hoffnungen. Im einen Fall sitzt man an der Werkbank, im anderen am Roulettetisch. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Summe der Börsenkurse nicht nur Werte, sondern auch Hoffnungen darstellen. Die Werte aller im DAX erfassten Unternehmen beträgt heute (September 2024) ca. 8500 Punkte, er liegt aber um 19.000 Punkte.

Wer langfristig investieren will, muss sich vor allem zwei Fragen stellen:

  1. Besteht die Gefahr, dass das Unternehmen insolvent wird?
  2. Welche Dividende ist zu erwarten?

Die Entwicklung des Aktienkurses ist immer zweitrangig, solange man nicht auf Kredit investiert hat – aber dann ist man kein langfristig denkender Investor, sondern ein Spekulant. Es hat auch wenig Sinn, auf sehr tiefe Aktienkurse zu warten, bevor man investiert, denn eine kontinuierliche Dividende wird diese Nachteile längerfristig ausgleichen. Sie führt auch mit höherer Wahrscheinlichkeit zu einem stabilen Aktienkurs.

8. Privatvermögen, Firmenvermögen und Spekulationsvermögen trennen

 Money Changers in Hargeisa, Somaliland in 2014. Wikimedia.
Karoline Piegdon: Money Changers in Hargeisa, Somaliland in 2014. Wikimedia.

Privatvermögen haben wir alle mehr oder weniger. Wie viel es ist, wissen wir, wenn wir uns Übersicht verschaffen. Dann wissen wir auch, wie hoch unsere laufenden Budgets mittelfristig ausfallen müssen und wie viel Liquidität wir brauchen, um unseren normalen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Wer mit Teilen seines Privatvermögens, die darüber hinausgehen, spekuliert, muss dafür Sorge tragen, wenigstens die Buchhaltung technisch von seinem anderen Vermögen zu trennen, weil er sonst die Übersicht über Gewinn und Verlust bei seinen Finanztransaktionen verliert. Im Idealfall spekuliert man nur über juristische Personen, die man beherrscht. Dann muss man aber steuerliche Nachteile in Kauf nehmen.

Wer Firmenvermögen hat, muss es auf jeden Fall von seinem Privatvermögen trennen und möglichst versuchen, Haftungsdurchgriffe zu vermeiden. Das ist nicht ganz einfach.

9. Vermögen selbst managen

»Reich ist, wer weiß, dass er genug hat.« (Lao Tsu)

Reichtum ist relativ: Wer vor 15 Jahren in den USA lebte und um die 75.000 $ Jahreseinkommen hatte, war damit zufrieden:

»More money does not necessarily buy more happiness, but less money is associated with emotional pain. Perhaps $75,000 is a threshold beyond which further increases in income no longer improve individuals’ ability to do what matters most to their emotional well-being, such as spending time with people they like, avoiding pain and disease, and enjoying leisure. According to the ACS, mean (median) US household income was $71,500 ($52,000) in 2008, and about a third of households were above the $75,000 threshold. It also is likely that when income rises beyond this value, the increased ability to purchase positive experiences is balanced, on average, by some negative effects. A recent psychological study using priming methods provided suggestive evidence of a possible association between high income and a reduced ability to savor small pleasures.«8

Die meisten von uns kommen mit ihrem Geld gut zurecht, können aber daraus kein wirkliches Vermögen bilden. Diesen Begriff kann man etwa ab 1 Million € liquiden Vermögens (ohne Immobilien und Rentenansprüche) verwenden. Die meisten lassen ihr Geld auf dem Girokonto stehen und wenn es Zinsen gibt, legen sie Festgeldkonten an, weil sie den Eindruck haben, differenziertere Gedanken zum Thema lohnten sich bei Beträgen unterhalb 1 Million € nicht. Wenn dann aber überraschend etwas geerbt wird, einer im Lotto gewinnt oder sonst an Geld kommt, weiß er nicht, was zu tun ist und trifft sehr häufig falsche Entscheidungen.

Um Vermögen zu bilden, brauchen wir Arbeit und ein Dach über dem Kopf. Mit eigener Arbeit kann man jährliche Renditen von 30 % erreichen, wenn man die notwendigste Lebenshaltung abzieht und in die roten Zahlen kommen nur Leute, die ihre Kosten nicht im Griff haben. Ein Mieter ist in dieser Hinsicht immer in einer weniger sicheren Position als ein Eigentümer. Es ist psychologisch wichtig, in den eigenen vier Wänden zu wohnen und diesen Sicherheitsfaktor können nur Manager aufgeben, die unter allen Umständen mobil bleiben müssen. Im Extremfall leben sie in ihren Privatflugzeugen oder Yachten.

Ein wesentlicher Grundgedanke ist die Diversifizierung der Anlagen. Früher sagte man: 30 % Immobilien, 40 % Kapitalanlagen (Aktien und Renten), 10 % Gold, 20 % cash. Diese Regel ist im Prinzip immer noch gültig, aber abhängig von den jeweiligen Rahmenbedingungen sollte sie flexibler gehandhabt werden. Wer in der eigenen Immobilie wohnt, muss sehr gute Gründe haben, darüber hinaus Immobilien besitzen zu wollen: Ein typischer Fehler ist es, hier und da eine kleine Eigentumswohnung zu kaufen, für die das Eigenkapital gerade reicht und sich für den Rest zu verschulden. Damit wird man zum improvisierenden Vermieter und was das bedeutet, weiß man nur, wenn man es erlebt hat. Oder man folgt Tipps von Freunden und Verwandten, die sich aber erfahrungsgemäß dafür nicht verantwortlich fühlen wollen und/oder können. Wer älter ist, wird Rentenansprüche etwas höher gewichten als Aktien in jüngeren Jahren.

Deshalb sollte man sich so früh wie möglich mit der Frage beschäftigen, wie freies Geld richtig und kontrollierbar investiert werden kann. Dafür kommen in erster Linie Aktien infrage, weil sie Beteiligungen an Unternehmen darstellen, über die es genügend öffentlich zugängliche Informationen und einen funktionierenden Markt (Börse) gibt. Die Diversifizierung bei der Auswahl von Einzelaktien ist er allerdings extrem komplex.9

Viele Investoren versuchen, ihre Gewinne in Aktien dadurch zu erhöhen, dass sie Kredite zu Zinsen aufnehmen, die geringer sind als die erwarteten Gewinne. Sehr selten dürften Kreditzinsen niedriger liegen als zu erwartende Dividenden. In beiden Fällen wird das Risiko nur selten wahrgenommen, dass nicht nur die Gewinne, sondern auch die Verluste eine Hebelwirkung erzeugen, die vor allem die Wirkung hat, dass man in der Krise verkaufen muss, weil man sonst den Kredit nicht bedienen kann. Der Erwerb von Aktien auf Kredit ist daher grundsätzlich problematisch und sollte nur in seltenen Fällen eingesetzt werden.

Ein ähnliches Problem entsteht durch Leerverkäufe von Aktien, bei denen man annimmt, dass sie mittelfristig fallen werden. Nur ein sehr erfahrener Investor kann mit diesen Werkzeugen richtig umgehen.

Zu Beginn kann man sich darauf beschränken, mit Unterstützung seiner Hausbank aus zugänglichen Quellen gebührenfreie Fonds zu identifizieren, die die jeweiligen Kursplattformen (DAX, Dow Jones etc.) abbilden. Dank ETFs ist es möglich, mit einem einzigen Papier in einen kompletten Markt (FTSE, MSCI, S&P 500, ...) zu investieren. Die Kosten der ETFs liegen dabei im Bereich von 0,1 % bis 0,4 %. Sie bilden die Fonds teils real, teils virtuell ab, teils mit, teils ohne Dividenden etc. und alle diese Formen haben Vor – und Nachteile, die ein guter Bankberater kennt. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass diese Bankberater bestimmte Anlagen empfehlen werden, die für den Kunden nicht die günstigsten sind. Auch mit bescheidenen Vorkenntnissen kann man sich hier durchsetzen. Wer nur in drei oder vier Fonds investiert hat, kann auch der Neigung folgen, aus dem Aktienmarkt auszusteigen, wenn die Gewitterwolken drohen, was nicht so sinnvoll ist, wenn man ein seit Jahren gepflegtes diversifiziertes Depot hat.

Manche wollen daneben unbedingt noch Einzelwerte kaufen und versuchen, sich das dazu erforderliche Wissen über die Netzwerke zu verschaffen. Wesentlich ist die Erkenntnis, dass jeder Kauf und Wiederverkauf mit Kosten verbunden ist, die bei der nächsten Kursbewegung erst einmal verdient werden wollen. In jedem Fall sollte der Erwerb von Einzelaktien immer mit einer stop – loss – Order versehen werden, weil man vor allem in der Krise leicht die Übersicht verliert. Sie kann aber auch zu unerwünschten Verlusten führen, denn wenn die Volatilität plötzlich hochschnellt, wird man verkauft, obwohl man das gar nicht will – und wenige Tage später bewegen sich die Märkte wieder nach oben. In volatilen Märkten können Wertpapiere vor allem vom Freitag bis Montag ungewöhnlich höhere Ausschläge erreichen oder unverkäuflich werden. Vom Day Trading ist unbedingt abzuraten, da man bei dieser Tätigkeit dem Hang zur Spekulation und den damit verbundenen Kosten nicht entrinnen kann. Wer sich selbst auf diese Weise zum Fachmann ausbildet, kann durchaus den Markt schlagen, er würde aber vermutlich mehr Geld verdienen, wenn er die Zeit in andere Tätigkeiten steckt.

10. Vermögensmanagement durch Dritte

Wer mehr als 1 Million € liquides Vermögen hat, für den genügen die so erworbenen Kenntnisse nicht, denn es gibt außerhalb der Welt der Fonds Anleihen und Aktien, deren Wert sich nicht allein in einem bestimmten Kurs abbildet (wie es die Indexfonds tun). Nur wenige Menschen haben genügende Fachkenntnisse, um die Entscheidungen über derartige Kapitalanlagen selbst zu treffen und diejenigen, die über solche Fachkenntnisse verfügen, müssten darüber hinaus die Fähigkeit haben, die Interessenkonflikte, denen sie bei ihren Entscheidungen ausgesetzt sind, in den Griff zu bekommen. Das ist praktisch unmöglich, weil viele dieser Entscheidungen vom Unterbewusstsein bestimmt werden: Man kann eine emotionale Zuneigung oder Abneigung gegen bestimmte Vermögenswerte, Personen und/oder Unternehmen haben, die man mit Vernunft nicht überwinden kann.

Aus diesen Gründen sollte man die Verwaltung seines Vermögens langjährig erfahrenen Beratern anvertrauen, die nicht Teil einer Bank sind, denn die Beratung durch Banken ist von vielen Interessenkonflikten gekennzeichnet, die schwer beherrschbar sind. Vermögensverwalter sollten auf Honorarbasis vergütet werden, also kein Eigeninteresse daran haben, möglichst viele Aktionen zu tätigen und/oder riskantere Geschäfte einzugehen, als vereinbart wurde, weil sie daraus hohe Provisionen generieren können. Verwalter, die eigene Research-Abteilungen unterhalten, sind vorzuziehen.

Da Vermögensverwalter nah am Geld arbeiten, haben sie gute Chancen, sich dadurch auch selbst ein Vermögen zu schaffen. Gleichzeitig aber erhöhen sich auch die Risiken, das ihnen anvertraute Geld illegal für eigene Zwecke zu nutzen (Untreue, Betrug, Insidergeschäfte etc.). Es sind einige Fälle bekannt geworden, in denen Verwalter, denen magische Qualitäten nachgesagt wurden (Bernie Maddox), als Betrüger erwiesen haben, aber das hätte man sich in diesen Fällen meist schon deshalb denken können, weil sie Ertragsgarantien versprochen haben, die nur in Schneeballsystemen erzielt werden können.

Auch für den Vermögensverwalter darf das Geld nicht das Ziel seiner Tätigkeit sein, sondern das Ergebnis wirkungsvoller Verwaltung. Die Auswahl eines Vermögensverwalters sollte auf Empfehlungen von zuverlässigen Personen beruhen, die mit den entsprechenden Verwaltern selbst langjährige Erfahrungen gemacht haben, denn ausschlaggebend ist das Vertrauen in das legale und vertragsgerechte Handeln des Verwalters.

Gegen diesen Ratschlag wird oft eingewendet, die oben beschriebene Investitionen in Indexfonds, sei mindestens so erfolgreich wie eine individuelle Verwaltung und zudem gebührenfrei. Das ist hin und wieder so und hängt von der Qualität des Verwalters ab. Es gibt einzelne Fondsmanager (Warren Buffet), die eine weit höhere Performance erreichen als andere. Der Grund: Sie arbeiten nicht nur im Aktien- und Anlagemarkt, sondern investieren auch in ertragreiche Unternehmen in einer Größenordnung, die es ihnen erlaubt, deren Management zu verändern, die Erträge zu verbessern und in einigen Fällen lohnende Exitstrategien zu entwickeln. Es gibt eine Reihe Investmentfonds, die das ebenfalls tun, aber weit riskanter vorgehen. Diese Performance kann nicht mit der Kursentwicklung eines Index verglichen werden.

11. Spekulationen, Kredite und Vermögensbildung

Vor allem dem Aktienmarkt, aber auch bei Immobilien gelten Spekulationsgeschäfte (Leerverkäufe etc.) nicht nur als zulässig, sondern auch erwünscht. Spekulativ sind alle Vermögensanlagen, bei der der Ertrag nicht mit zumutbarer Wahrscheinlichkeit erreicht werden kann, sondern von nicht steuerbaren Zufällen abhängt. Zwar kann niemand von uns in die Zukunft sehen, aber es gibt Wahrscheinlichkeitswerte, die z. B. die Anleihen solider Staaten mit höherer Wahrscheinlichkeit ertragreich machen, als Staaten, die von der Insolvenz bedroht sind. Die Höhe der jeweiligen Gewinnerwartungen ist der wesentliche Indikator für solche Risiken.

Im allgemeinen sollte man keine Kredite mit dem Ziel aufnehmen, damit Wirtschaftsgüter zu erwerben, die das eigene Vermögen erhöhen sollen. Man geht damit alle Risiken ein, die mit Spekulationen verbunden sind. Eine Ausnahme könne nur Kredite sein, die zum Zweck einer Investition benötigt werden, deren Gewinnerwartung mit höherer Wahrscheinlichkeit deutlich über den Kosten (einschließlich der Kredite) liegt.

12. Überlegungen zu einzelnen Vermögenswerten

Wer noch nicht in der eigenen Immobilie wohnt, sollte in erster Linie dafür sorgen, sein Vermögen dort zu investieren, wo er wohnt. Das ist meistens weniger ertragreich als andere Investitionsvorhaben, aber auf den Mieter liegt ein erheblicher psychologischer Druck, dass der Mieter Eigenbedarf geltend machen kann. Auch wenn die Immobilie einer Kapitalgesellschaft gehört, kann sie die einzelnen Einheiten rechtlich verselbstständigen und an Privatpersonen weiterverkaufen, die dann Eigenbedarf haben – man sollte die eigene Immobilie nicht mit einer Mietwohnung vergleichen, denn der Aspekt der Freiheit ist hier wichtiger. Das eigene Haus wird man nicht immer erreichen können, aber eine Eigentumswohnung ist immerhin noch besser als eine Mietwohnung. In Deutschland ist dieses Denken weniger verbreitet als im Ausland, hier leben die Leute zum Teil sehr bescheiden und fahren mit teuren Autos zur Arbeit.

Das Bargeld (Girokonto und allenfalls Festgeld) sollte für den Bedarf von mindestens sechs Monaten, besser aber für ein bis zwei Jahre der privaten Lebenshaltung ausreichen. Wenn das nicht erreichbar ist, sind Standardaktien, die unter allen Umständen einen Markt finden, ein denkbarer Ersatz.

Von dem übrigen Vermögen einer mittleren Größenordnung sollte man den Teil in Aktien und/oder Anleihen halten, dass man für einen Zeitraum von mindestens ein bis zwei Jahren keine dieser Anlagen für die eigene Lebenshaltung oder die Bedienung von Verbindlichkeiten veräußern muss. Es muss eine Beziehung zwischen dem Bestand an liquiden Mitteln und angelegtem Vermögen geben.

Ein Aktiendepot sollte aus 15-30 Aktientiteln bestehen (Markovicz). Eine höhere Anzahl von Titeln ist schwer zu übersehen, eine geringere verfügt nicht über hinreichende Diversifizierung.

Bei Aktien in fremden Währungen sind die Chancen und Risiken einer Entwicklung der Währungen zu bedenken, die in starkem Maß von politischen Entscheidungen abhängen. Sie sind langfristig nicht abzuschätzen und die Risiken müssen ggf. abgesichert werden. Auch im Depot sollte ein gewisser Anteil (mindestens 10 %) liquide gehalten werden, um ggf. günstig einkaufen zu können.

Man kann bestimmte Aktienwerte aus politischen und/oder moralischen Gründen ablehnen (z. B. Rüstungsunternehmen).

Wenn erstklassige (stets nur börsennotierte) Anleihen einen – akzeptablen Mindestzins abwerfen, sollten sie in einem gewissen Umfang ins Depot (allenfalls 30 %), wenn Anleihen hohe Zinsen auswerfen, steigt die Gefahr einer Insolvenz.

Das zentrale Problem ist die Auswahl der Aktientitel. Auch bei ihnen sollte man sich auf börsennotierte Titel beschränken. Hier gibt es zwei grundsätzlich verschiedene Auffassungen: Die einen empfehlen den Kauf einer Aktie, wenn sie im langfristigen Vergleich preiswert zu haben ist, die anderen achten nur auf die Substanz der Aktie und kaufen auch dann, wenn sie relativ teuer erscheint. Die letzte Auffassung ist vorzuziehen, nicht nur, weil sie weniger Kosten verursacht, sondern vor allem, weil eine werthaltige Industriebeteiligung einen hohen Sicherheitsfaktor darstellt. Darüber hinaus ist man bei einem so gestalteten Depot auch in Krisenzeiten gut aufgestellt, wenn die Kurse sinken, denn auch dann gibt es oft noch Dividenden.

Danach ist die wichtigste – und meist nicht durchdachte – Bedingung die sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Unternehmen nicht insolvent wird. Die zweite Bedingung (von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen) ist die Zahlung einer Dividende. Wenn beide Bedingungen erfüllt sind und gleichzeitig der Kurs relativ niedrig erscheint, ist das zweifellos ein Kaufsignal. Das oft zitierte Kriterium des Kurs/Gewinn – Verhältnisses ist allein nicht maßgebend. Allein ein hoher Kurs sollte nicht zum Verkauf animieren.

Die Erfolgsaussichten einer Aktie werden in technischen Charts dargestellt. Da sich in ihnen das gesamte Wissen der Börse widerspiegelt, sind sie nicht nutzlos, auch wenn sie nur die Vergangenheit wiedergeben können. Sie zeigen aber Wahrscheinlichkeiten auf, mit denen man rechnen kann. Für Spekulanten sind sie unverzichtbar. Investoren werden sie nur insoweit nutzen, als Warnungen in ihnen enthalten sind, mit den in ihnen etwa vorhandenen Erfolgsaussichten werden sie nicht rechnen.

Manche Investoren neigen dazu, in Krisenzeiten das gesamte Depot zu verkaufen, in der Hoffnung, nach einer Bodenbildung wieder günstig einkaufen zu können. Das führt zu zwei Problemen: Man verkauft zu früh ins »fallende Messer« und verpasst danach die Bodenbildung, weil man befürchtet, dass es nach gewissen Aufstiegen auch gleich wieder abwärtsgeht. Gute Aktien durchstehen schlechtes Wetter. Das hat man bei den verschiedenen Börsencrashs (1873, 1907, 1929, 1931, 1987, 2008, 2020) gesehen: Dort haben nur Leute Geld verloren, die es spekulativ und auf Darlehen gestützt angelegt hatten, in Staatsanleihen gehalten oder deren Banken ihr Vermögen veruntreut haben (bewusste Empfehlung von junk Bonds). Eine Inflation vernichtet zwar den Wert des Bargeldes, beeinträchtigt solide Unternehmen aber nur mittelbar, unter anderem, weil sie deren Kreditlast erleichtert.

Spekulationsgeschäfte (Leerverkäufe, Derivate etc.) sind generell abzulehnen, wer darauf nicht verzichten will, muss wissen, dass er sich am Roulettetisch befindet und das verwendete Geld im Zweifel völlig verloren ist (Vorher lesen: Dostojewski – Der Spieler). Auf gar keinen Fall darf man auf Kredit spekulieren.

Wer ein höheres Vermögen hat, kann sich daneben mit Immobilien beschäftigen, muss aber wissen, dass dies viel eigenen Sachverstand erfordert. Zudem muss man so viel Geld haben, dass man möglichst die Immobilie im Ganzen erwerben kann (Rentehaus), hat man nur Anteile an großen Einheiten, ist das mit wenig Freude verbunden. Wer die Auswahl, Errichtung oder den Betrieb von Immobilien Dritten überlässt, geht hohe Risiken ein.

Häufig wird in Lebensversicherungen investiert. Das kann im Rentenalter sinnvoll sein, wenn die Versicherung selbst solvent bleibt. Mit der Lebensversicherung erwirbt man dann einen solventen Gläubiger. Das Problem sind einerseits die Inflation, andererseits der Risiko – und Gewinnaufschlag, den die Lebensversicherung einkalkuliert. Eine Lebensversicherung sollte allenfalls einen Mindestbetrag an Fixkosten umfassen, die man im Alter erwartet. Darüberhinausgehende Investitionen sollte man selbst in Aktien/Anleihen vornehmen.

Gold ist der einzige Rohstoff, für den man auch (und gerade) in Krisenzeiten einen Markt erwarten kann. Es sollte mit max. 5% - 10 % in einem Depot enthalten sein, denn in der Krise ist zu erwarten, dass der Preis sich vervielfacht. Es ist besser, Gold physisch zu erwerben, in kleineren Stückelungen in gängigen Münzen (Krügerrand), sonst in gesicherten Depots. Goldpapiere sind Papiere.

Geschlossene Fonds, die allenfalls auf einem zweiten Markt oder grau gehandelt werden, sind nicht flexibel genug und daher in der Regel abzulehnen. Dazu gehören nicht nur Filmfonds und Schiffscontainer, sondern auch Immobilienfonds. Vor allem bei ihnen zeigt sich immer wieder: Wird einmal Geld verdient, bedient das Management sich als erstes.

Wenn Anlagen mit besonderen Steuervorteilen ausgezeichnet sind, lehrt die Erfahrung, dass der Preis um genau den Wert höher liegt, als die Steuervorteile bringen sollen. Das sind Nullsummengeschäfte.

Persönliche oder berufliche Kredite sollte man nur für Investitionen aufnehmen, nicht für den Konsum.

Für viele Entscheidungen sind weitergehende Informationen erforderlich. Dazu können vor allem eigene Recherchen gehören, die (legale) Informationen enthalten, die dem Markt nicht bekannt sind. Dazu gehört nicht zuletzt die Einschätzung der Fähigkeiten der jeweils tätigen Manager. Dazu ist ein einzelner Anleger nicht imstande.

13. Sehr große Vermögen und Stiftungen

Bei sehr großen Familienvermögen (etwa ab 20 Millionen €), aber auch bei nicht börsennotierten Unternehmen stellt sich immer die Frage, wie man sie für zukünftige Generationen absichern und erhalten kann. Das Problem: Reiche Leute empfinden bewusst oder unbewusst die Macht, die ihnen ihr Vermögen verleiht und jede Art Zukunftsplanung bedeutet ja der Tatsache ins Auge zu sehen, dass man diese Macht eines Tages verlieren wird. Zudem neigen sie zum Geiz und zur Streitlust, obwohl gerade sie in strittigen Fällen leichter als andere Gnade vor Recht ergehen lassen könnten.

Kommt es zu Zukunftsplanung, so steht dahinter meist eine Geschäfts – oder Investitionsidee, manchmal auch ein bestimmter ProBono – Zweck. Es gibt zahllose Versuche, das durch ein geeignetes Unternehmertestament mit Testamentsvollstreckung etc. zu tun. Die meisten dieser Versuche sind gescheitert, weil sich unter den Nachkommen meist nur ein geringer Anteil unternehmerisch denkender Personen befindet und Vermögen, die nicht wie ein Unternehmen geführt werden, von den ständig gegenläufigen Interessen der Beteiligten am Erfolg gehindert werden: Die einen wollen das Geld behalten, die anderen für sich nutzen und wem die Dividende zu niedrig ist, kann nicht zu fairen Preisen an die anderen verkaufen (unter anderem, weil die selbst zu wenig Geld haben). Man ist auf dem Papier Millionär, hat aber nichts davon.

Der richtige Weg ist die (private oder gemeinnützige) Stiftung, die dafür sorgt, dass das Vermögen professionell verwaltet, wie ein Unternehmen geführt werden kann und so den Einzelinteressen nur noch mittelbar ausgesetzt ist. Dabei muss dafür Sorge getragen werden, dass die Beteiligten davon ausgehen können, dass sie ihren Vermögensanteil nicht besser verwalten könnten, als die Stiftung es tut. Sie müssen aus den Stiftungen jederzeit zu fairen Bedingungen ausscheiden können. Die Situation ist erleichtert, wenn Teile des Vermögens in börsengängigen Unternehmen oder Kapitalanlagen investiert werden.

14. Spenden

Viele von uns können angesichts der Steuerlast nur geringfügige Beträge spenden, werden sich aber bewusst sein, dass viele Menschen nicht einmal das Nötigste zum Leben haben (»Das Scherflein der Witwe« (Lukas 21, 1-4)). Wer schon ein Vermögen gebildet hat, sollte auch Spenden unternehmerisch verwalten. Ein Betrag von 1 % ist wohl das moralische Minimum, ab 10 % der jährlichen Einkünfte sind Spenden großzügig.

Man sollte auch das Motiv genau kennen, aus dem heraus man spendet: Wenn es geschieht, um öffentliche Aufmerksamkeit und Anerkennung zu erhalten, handelt es sich eher um Investitionen! Aus dem Vermögen heraus kann man nur dann spenden, wenn es wirklich sehr groß ist, sonst nur im Erbfall: es gibt Menschen, die sich in Ihrem Streben nach öffentlicher Anerkennung vorzeitig mit Spenden ruiniert haben. Spenden sollten konzentriert werden, man sollte sich nicht verzetteln.

Wer anderen etwas spendet, muss sich darauf einrichten, dass er auch Enttäuschungen erlebt. Viele Empfänger von Spenden sind undankbar und Pro-Bono-Organisationen schlecht organisiert: Sie bringen nichts zuwege, wollen sich aber auch nicht beraten lassen, sondern unter sich bleiben.

Entscheidend ist das Vertrauen in die handelnden Personen. Von den seltenen Ausnahmefällen einmal abgesehen, bei denen man sie persönlich kennt, besteht die wesentliche Aufgabe also darin, sie auszuwählen. Das geschieht am besten aufgrund persönlicher Empfehlungen, deren Qualität allerdings auch überprüft werden muss. Natürlich hat man meist nur die Gelegenheit, die Qualität der handelnden Personen im Lauf eines konkreten Spendenprojekts kennenzulernen. Man sollte daher ein solches Projekt identifizieren, die Spende investieren und die Ergebnisse kontrollieren.

Ein gutes Spendenprojekt wird auf einer informativen und ansprechenden Webseite vorgestellt, die Spendenorganisation legt ihre Bilanzen offen, sie ist zertifiziert und verfügt über geeignete Prüfsiegel etc., sie hat einen Aufsichtsrat oder sonst ein geeignetes Kontrollgremium. Sie stellt aktiv die erforderlichen Steuerquittungen aus, die Ansprechpartner sind erreichbar und reagieren zeitnah. Einen guten Überblick über die Anforderungen gibt: www.betterplace.org.

15. Weitergabe des Wissens

Die Vermögensverhältnisse und der Umgang mit dem Geld gehören – wie der Sex und die Machtverhältnisse – zu den am meisten tabuisierten Gegenständen unseres Wissens. Nicht einmal innerhalb der Familie wird darüber offen geredet, greifen die gleichen Hemmnisse wie gegenüber allen anderen Menschen: Hat man mehr Geld als die anderen, befürchtet man, angebettelt zu werden, hat man weniger, schämt man sich gegenüber den anderen, die mehr haben. In einer armen Familie wird zwar das fehlende Geld oft beklagt, aber das Wissen darum, wie man aus der Armut herauskommt, ist nicht vorhanden.

In reichen Familien kann man Art und Umfang der Vermögensverhältnisse vor den Kindern jedenfalls so lange verstecken, als man selbst keinen exzentrischen Konsum betreibt, von dem man sie nicht ausschließen kann. Auch hier fehlen aber die Hinweise darüber, wie man Reichtum erhalten kann und wie man ihn mit anderen teilen sollte. So kommt es, dass die Großeltern das Vermögen schaffen, die Eltern es gerade noch zusammenhalten können und die Enkel Kunsthistoriker werden. Das muss kein Schaden sein (Aby Warburg!), aber es vernichtet die seltene Chance, über viele Generationen hinweg aus einem Vermögen mehr zu machen als Geld.

Es ist eine wichtige Erziehungsaufgabe, sich diesem Thema zu widmen und wie bei allen anderen Erziehungsversuchen funktioniert nichts außer dem eigenen Vorbild, in das die Eltern ihre Kinder aktiv einbeziehen sollten, ohne sie zu indoktrinieren, denn das führt immer zu Gegenreaktionen (wie es allzu oft geschieht). Taschengeld kann man als »Einkommen« der Kinder betrachten und ihnen dafür ein Konto einrichten, aus dem sie alles bestreiten können, was sie ihrer Ansicht nach zum Leben brauchen; darüber können sie frei verfügen und damit hört auch die ewige Bettelei auf – sollen sie sich doch den Magen mit der Schokolade verderben, das ist dann Lehrgeld. Kinder sollten früh lernen, sich selbst Geld zu verdienen und man kann sie motivieren, wenn man ihnen das, was sie selbst geschaffen haben, noch einmal schenkt. Sie können auf diese Weise auch wichtige Erfahrungen mit Menschen aus anderen Gesellschaftsschichten als der eigenen machen.

  • 1. Kung-Fu-Tse: Gespräche, Buch VII, Kap. 11.
  • 2. Kung-Fu-Tse: Gespräche, Buch XIII, Kap. 8.
  • 3. Helene Thimig-Reinhardt: Wie Max Reinhardt lebte. ...eine Handbreit über dem Boden. R.S. Schulz, Starnberg 1973, S. 371.
  • 4. Cit. bei Yamamoto Tsunetomo (1659-1719) Yamamoto Tsunetomo – Wikipedia, Hagakure II, Piper 2002, S. 103.
  • 5. Der griechische Historiker Herodot berichtet von Krösus, dem mächtigen König der Lyder, der zwischen 560 und 546 v. Chr. sämtliche bekannten Orakel auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen ließ und sich schließlich für Delphi entschied. Es ging um die Frage, ob er gegen das mächtige Reich der Perser zu Felde ziehen soll. Die Antwort des Orakels wurde für ihn zur Falle: „Wenn du den Halys (den heutigen türkischen Fluß Kizilirmak) überschreitest, wirst du ein großes Reich zerstören“. Krösus ahnte nicht, dass Pythia damit sein eigenes Reich gemeint hatte – er wurde vom Perserkönig Kyros II. besiegt.
  • 6. Georg Macioszek: Chruschtschows dritter Schuh.
  • 7. Dietrich Dörner: Die Logik des Misslingens.
  • 8. Kahneman/Deaton: pnas201011492 1.5 (princeton.edu).
  • 9. https://portfoliocharts.com/portfolios
Literaturverzeichnis
Weitere Literatur: 
  • Nikolaus Braun: Über Geld nachdenken, Verlag campus, 2021
  • Robert Hagstrom: Warren Buffett: Sein Weg. Seine Methode. Seine Strategie.: 30 Jahre "The Warren Buffett Way" – Börsenbuch-Verlag 2024