Art. 3 GG

BVerfG, 24.02.1971 - 1 BvR 438/68, 1 BvR 456/68, 1 BvR 484/68, 1 BvL 40/69

1. Über die Grenzen der gesetzgeberischen Befugnis, in Namensführung und satzungsgemäße Betätigung eines Vereins einzugreifen (Art. 9 Abs. 1 GG).
2. Zur Differenzierung zwischen Gewerkschaften und sonstigen Arbeitnehmervereinigungen beim Aufstellen von Unterschriftenquoren in Wahlvorschriften für die Selbstverwaltungsorgane der Sozialversicherung (Art. 3 Abs. 1 GG).

BVerfG, 15.12.1970 - 1 BvR 208/65

1. Nicht mehr bestehende Körperschaften im Sinne des Art. 135 Abs. 2 und 5 GG sind nicht nur solche Organisationen, die bei Inkrafttreten des Grundgesetzes bereits gesetzlich aufgelöst worden waren, sondern auch solche, deren öffentlich-rechtliche Funktionen mit dem Bestand der nationalsozialistischen Staats- und Wirtschaftsordnung eng verknüpft waren und daher mit deren Zusammenbruch auch ohne besonderen Auflösungsakt entfielen.
2. Die für die Regelung der Reichsverbindlichkeiten aus Art. 134 GG zu entnehmenden Grundsätze (vgl. BVerfG 15, 126 [140 ff.]) gelten für die Regelung von Verbindlichkeiten nicht mehr bestehender Körperschaften auf Grund des Art. 135 Abs. 5 GG jedenfalls dann entsprechend, wenn diese Verbindlichkeiten aus Hoheitsakten herrühren, welche diese Körperschaften im Auftrag des nationalsozialistischen Staates und zur unmittelbaren Erfüllung nationalsozialistischer Staats- und Wirtschaftsziele vorgenommen haben.
Es verstößt weder gegen Art. 14 GG noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, daß Entschädigungsansprüche gegen den Reichsnährstand oder seine Zusammenschlüsse wegen einer Betriebsstillegung nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 4 des Reichsnährstands-Abwicklungsgesetzes nur in beschränktem Umfang geltend gemacht werden können.

BVerfG, 14.10.1970 - 1 BvR 307/68

Die Aufhebung der Jahresarbeitsverdienstgrenze in der Rentenversicherung der Angestellten durch Art. 1 § 2 Nr. 1 Finanzänderungsgesetzes vom 21. Dezember 1967 verletzt nicht die Grundrechte der höherverdienenden Angestellten aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.

BVerfG, 03.12.1969 - 1 BvR 624/56

1. Die Bundesrepublik Deutschland hatte für die von den alliierten Streitkräften bei der Besetzung deutschen Gebietes am Ende des 2. Weltkrieges und in der Nachkriegszeit verursachten Schäden (Besatzungsschäden) nicht in gleicher Weise einzustehen, wie wenn diese von deutschen Staatsorganen verursacht worden wären.
2. a) Die Wertordnung des GG verlangt besonders im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), daß die staatliche Gemeinschaft Lasten mitträgt, die aus einem von der Gesamtheit zu tragenden Schicksal entstanden sind und nur zufällig einen bestimmten Personenkreis treffen. Hieraus folgt zunächst nur die Pflicht zu einem innerstaatlichen Ausgleich, dessen nähere Gestaltung weitgehend dem Gesetzgeber überlassen ist. Erst eine solche gesetzliche Regelung kann konkrete Ausgleichsansprüche der einzelnen Geschädigten begründen.
b) Besatzungsschäden gehören zu dem großen Komplex der Kriegs- und Kriegsfolgelasten; die für deren Regelung entwickelten verfassungsrechtlichen Grundsätze (vergleiche BVerfGE 15, 126 [140 ff.]; 23, 153 [176 f.]) gelten auch hier.
3. a) Es verstößt weder gegen Art. 14 GG noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, daß das BesatzSchG die vor der Währungsreform verursachten Sachschäden nicht im Verhältnis 1 RM : 1 DM entschädigt.
b) Die Abgrenzung der Fälle, in denen für Sachschäden eine höhere Entschädigung als nach dem Verhältnis 10 RM : 1 DM vorgesehen ist (§§ 26 ff. BesatzSchG), beruht auf sozialen Erwägungen, zu denen der Gesetzgeber im Rahmen einer innerstaatlichen Lastenverteilung sowohl berechtigt als verpflichtet ist. Dies gilt auch für die Staffelung der Entschädigung nach dem Prinzip der sozialen Degression.

BVerfG, 15.07.1969 - 1 BvR 457/66

Die Zurechnung eines Grundstücks, das ein Gesellschafter seiner Personengesellschaft mietweise überläßt, zum Betriebsvermögen bei der Veranlagung zur Einkommensteuer ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

BVerfG, 02.07.1969 - 1 BvR 669/64

Es ist mit Art. 3 Abs. 2 GG nicht vereinbar, in Fällen, in denen ein uneheliches Kind aus in seiner Person liegenden Gründen in einem Heim oder einer Anstalt untergebracht ist, den Vater im Verhältnis zur Mutter stets mit den gesamten Unterbringungskosten zu belasten.

BVerfG, 04.06.1969 - 2 BvR 173/66, 2 BvR 295/66, 2 BvR 659/66, 2 BvR 660/66, 2 BvR 678/66, 2 BvR 729/66, 2 BvR 736/66, 2 BvR 735/66

1. Ein zunächst mit der Verfassung vereinbares Besoldungsgesetz kann durch eine spätere, den Status und den Aufgabenbereich einzelner Gruppen von Bediensteten ändernde gesetzliche Regelung verfassungswidrig werden.
2. Für die Anpassung des Besoldungsrechts an eine neue, den Gerichtsaufbau und die Gerichtsverfassung betreffende Rechtslage muß dem Gesetzgeber eine gewisse Zeit zugestanden werden.
3. Die Besonderheit, daß die Finanzgerichte als obere Landesgerichte eine ausschließlich erstinstanzliche Zuständigkeit besitzen und das Amt des Finanzgerichtsrats eine "Eingangsstelle" sein kann, ist ein sachlich vertretbarer Grund, die Richter am Finanzgericht in einem relativ geringen Ausmaß besoldungsrechtlich niedriger einzustufen als die Richter an den anderen oberen Gerichten des Landes.