Art. 103 GG

BVerfG, 02.03.2006 - 2 BvR 2099/04

1. Die nach Abschluss des Übertragungsvorgangs im Herrschaftsbereich des Kommunikationsteilnehmers gespeicherten Verbindungsdaten werden nicht durch Art. 10 Abs. 1 GG, sondern durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) und gegebenenfalls durch Art. 13 Abs. 1 GG geschützt.
2. §§ 94 ff. und §§ 102 ff. StPO genügen den verfassungsrechtlichen Anforderungen auch hinsichtlich der Sicherstellung und Beschlagnahme von Datenträgern und den hierauf gespeicherten Daten und entsprechen der vor allem für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung geltenden Vorgabe, wonach der Gesetzgeber den Verwendungszweck der erhobenen Daten bereichsspezifisch, präzise und für den Betroffenen erkennbar bestimmen muss. Dem wird durch die strenge Begrenzung aller Maßnahmen auf den Ermittlungszweck Genüge getan (vgl. Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 12. April 2005 - 2 BvR 1027/02 -).
3. Beim Zugriff auf die bei dem Betroffenen gespeicherten Verbindungsdaten ist auf deren erhöhte Schutzwürdigkeit Rücksicht zu nehmen. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung muss dem Umstand Rechnung tragen, dass es sich um Daten handelt, die außerhalb der Sphäre des Betroffenen unter dem besonderen Schutz des Fernmeldegeheimnisses stehen und denen im Herrschaftsbereich des Betroffenen ein ergänzender Schutz durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zuteil wird.

BVerfG, 14.03.1972 - 2 BvR 41/71

1. Auch die Grundrechte von Strafgefangenen können nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden.
2. Eingriffe in die Grundrechte von Strafgefangenen, die keine gesetzliche Grundlage haben, müssen jedoch für eine gewisse Übergangsfrist hingenommen werden.
3. Eine Einschränkung der Grundrechte des Strafgefangenen kommt nur in Betracht, wenn sie zur Erreichung eines von der Wertordnung des Grundgesetzes gedeckten gemeinschaftsbezogenen Zweckes unerläßlich ist.
4. Es wird Aufgabe eines Strafvollzugsgesetzes sein, eine Grenze zu ziehen, die sowohl der Meinungsfreiheit des Gefangenen wie den unabdingbaren Erfordernissen eines geordneten und sinnvollen Strafvollzuges angemessen Rechnung trägt.

BGH, 22.04.2005 - 2 StR 310/04

1. Das Mordmerkmal "zur Befriedigung des Geschlechtstriebs" liegt auch dann vor, wenn der Täter diese Befriedigung erst bei der späteren Betrachtung der Bild-Ton-Aufzeichnung (Video) vom Tötungsakt und dem Umgang mit der Leiche finden will.
2. Rechtsgut des § 168 Abs. 1 StGB ist nicht nur der postmortale Persönlichkeitsschutz des Toten, sondern auch das Pietätsgefühl der Allgemeinheit. Das Einverständnis des Tatopfers in beschimpfenden Unfug an seiner Leiche ist deshalb nicht geeignet, die Strafbarkeit entfallen zu lassen.

BVerfG, 07.03.1968 - 2 BvR 354, 355, 524, 566, 567, 710/66, 79, 171, 431/67

1. Dieselbe Tat im Sinne von Art. 103 Abs. 3 GG liegt auch vor, wenn die wiederholte Nichtbefolgung einer Einberufung zum zivilen Ersatzdienst auf die ein für allemal getroffene und fortwirkende Gewissensentscheidung des Täters zurückgeht; eine dazwischen ergangene Verurteilung wegen Dienstflucht steht dem nicht entgegen.
2. Ein Senat des Bundesverfassungsgerichts kann in einer Rechtsfrage von der in einer Entscheidung eines gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG berufenen Vorprüfungsausschusses des anderen Senats enthaltenen Rechtsauffassung ohne Anrufung des Plenums abweichen.

BVerfG, 05.03.1968 - 1 BvR 579/67

1. Mit Art. 103 Abs. 2 GG vereinbaren läßt sich § 53 Abs. 1 des Gesetzes über den zivilen Ersatzdienst in der Fassung vom 16. Juli 1965 (BGBl. I S. 984).
2. Das Grundrecht der Gewissensfreiheit berechtigt nicht zur Verweigerung des zivilen Ersatzdienstes (BVerfGE 19, 135).
3. Auch im Bereich der strafrechtlichen Schuld grenzt die Begrenzung der Gewissensfreiheit durch Art. 4 Abs. 3 GG die Berücksichtigung der die Ersatzdienstverweigerung motivierenden freien Gewissensentscheidung aus. Dies steht nicht im Gegensatz zum Einzelfall der Berücksichtigung einer strafrechtlich erheblichen individuellen psychischen Zwangslage. Dabei handelt es sich um die Anwendung einfachen Rechts.
4. Den Sanktionen gegen Ersatzdienstverweigerer sind durch die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbotes Grenzen gesetzet. Sie geben das Verbot von Strafen, die durch ihre Härte geeignet sind, die Persönlichkeit des Gewissenstäters zu brechen. Die Abgrenzung ist im Einzelfall mit Abwägung der Bedeutung der Tat für die Rechtsordnung gegenüber der Härte des Gewissensdruckes und der dadurch geschaffenen Zwangslage zu entscheiden.

BVerfG, 02.05.1967 - 2 BvR 391/64

1. Art. 103 Abs. 3 GG findet im Verhältnis von disziplinaren Arreststrafen nach der Wehrdisziplinarordnung und Kriminalstrafen keine Anwendung.
2. Es ist mit dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit nicht vereinbar, daß wegen derselben Tat eine strafgerichtliche Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Berücksichtigung einer bereits verhängten disziplinaren Arreststrafe erfolgt.

BGH, 08.11.1999 - 5 StR 632/98

Zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Mitgliedern des Politbüros des Zentralkomitees der SED für vorsätzliche Tötungen von Flüchtlingen durch Grenzsoldaten der DDR (im Anschluß an BGHSt 40, 218).

BVerfG, 25.10.1966 - 2 BvR 506/63

Der Grundsatz "nulla poena sine culpa" hat den Rang eines Verfassungsrechtssatzes.

BGH, 22.08.1996 - 4 StR 217/96

1. Auf eine Straßenverkehrsgefährdung und auf das Fahren ohne Fahrerlaubnis sind die Grundsätze der Actio libera in causa nicht anwendbar.
2. Der zum Tatbestand des § 323a StGB gehörende Erfolg i. S. d. § 9 Abs. 1 StGB tritt auch an dem Ort ein, an dem der Täter die Rauschtat begeht.